Nur jede zehnte deutsche Bank verdient ihre Eigenkapitalkosten
Der Strukturwandel im Bankensektor geht weiter, und das mit steigender Geschwindigkeit. So schließen in Deutschland jede Woche durchschnittlich 36 Bankfilialen. Gleichzeitig sinkt die Zahl der Beschäftigten in der Bankenbranche um mehr als 400 pro Woche. Noch führt dies allerdings nicht zu höheren Renditen. Im Gegenteil: Die durchschnittliche Eigenkapitalrendite sank 2016 noch einmal um 0,5 Prozentpunkte auf 1,8 Prozent. Nur jedes zehnte Kreditinstitut verdient damit seine Eigenkapitalkosten. In der Studie „Deutschlands Banken 2017: Metamorphose im laufenden Betrieb“ analysiert die internationale Managementberatung Bain & Company die Hintergründe und gibt Einblicke in die aktuelle Lage des deutschen Finanzsektors.
Während die Eigenkapitalquote im vergangenen Jahr auf 6,3 Prozent stieg – und damit auf den höchsten Wert seit Beginn der Langzeitanalyse 1970 –, bleibt die durchschnittliche Eigenkapitalrendite unter den Eigenkapitalkosten. Bain-Partner und Co-Autor der Studie Dr. Wilhelm Schmundt betont: „Für die Banken gibt es keine Alternative zu weiteren Kostensenkungen und Konsolidierungen.“ Internationale Vergleiche würden den Handlungsdruck unterstreichen. So liege der Marktanteil der fünf größten deutschen Banken unter dem Niveau in anderen wichtigen Industrieländern. Und die Cost-Income-Ratio sei mit durchschnittlich 69 Prozent nach wie vor höher als bei vielen europäischen Wettbewerbern.
Das Vordringen digitaler Technologien stellt Deutschlands Kreditinstitute vor eine doppelte Herausforderung. „Es geht jetzt um Transformation und Disruption“, so Walter Sinn, Bain-Deutschlandchef und Co-Autor der Studie. „Die Banken müssen ihr bestehendes Geschäftsmodell weiterentwickeln und gleichzeitig in neue Angebote investieren. Das erfordert eine Metamorphose im laufenden Betrieb.“
Weitreichenden Fortschritten stünden allerdings das Festhalten an bewährten Praktiken, die Steuerung auf kurze Sicht und knappe Budgets im Weg. Abhilfe könnten nur eine ganzheitliche Strategie und die Konzentration auf acht Erfolgsfaktoren schaffen. Dazu zählen herausragende Kundenerlebnisse über alle Vertriebs- und Kommunikationskanäle hinweg, die Ende-zu-Ende-Automatisierung der meisten Prozesse und die bessere Nutzung vorhandener Daten. Hinzu kommen der flächendeckende Einsatz agiler Methoden sowie eine duale Organisation mit getrennten Budgets, die zum einen das bestehende Geschäftsmodell weiterentwickelt und zum anderen ein neues kreiert. All dies bedingt ein umfassendes Change-Management, zumal sich das Selbstverständnis der Banken ändert: Aus Finanzdienstleistern werden Technologieanbieter.
„Mit Blick auf die Erfolgsfaktoren wird offensichtlich, vor welcher enormen Herausforderung Deutschlands Banken in den nächsten Jahren stehen“, bilanziert Sinn. „Doch gelingt der Wandel, eröffnen sich auch Chancen. Banken können sich als Schaltstelle für die digitale Wirtschaft etablieren.“
Quelle: Pressemitteilung Bain & Company
Bain & Company Inc. ist ein Managementberatungsunternehmen mit Sitz in Boston. Das 1973 gegründete Unternehmen beschäftigt in 55 Büros in 36 Ländern rund 7.000 Mitarbeiter, davon 800 im deutschsprachigen Raum. (JF1)