"Haben wir eine gemeinsame Interessenvertretung aller AIF-Anbieter?"
Am 21. September 2018 fand im Hamburger Übersee-Club eine Veranstaltung von EXXECNEWS und DFPA statt, die beitragen sollte, die Sachwert-Branche weiter bekannt zu machen. Eingeladen waren Geschäftsleiter von Kapitalverwaltungsgesellschaften, Initiatoren, die Vermögensanlagen emittieren, Anwälte und Partner, die die PROBERATER-Initiative mittragen. In EXXECNEWS 21 wurde die Veranstaltung in einem Leitartikel und Auszügen aus den Reden dargestellt.
Vier Vorträge thematisierten die dringenden Probleme, mit denen die Branche derzeit konfrontiert ist. Klaus Wolfermann (PI Fondsmanagement) beleuchtete die Bedeutung eines KVG-Interessenverbandes und schilderte die Situation zwischen BAI (Bundesverband Alternative Investments), BVI (Verband für Kapitalverwaltungsgesellschaften und Fonds), ZIA (Zentraler Immobilienausschuss):
„Haben wir einen echten Branchen-Verband, eine gemeinsame Interessenvertretung aller AIF Anbieter? Was wäre denn ein guter Branchen-Verband? Ein solcher Verband würde die Interessen der einzelnen Mitglieder bündeln, um gemeinsame Wertvorstellungen oder Ziele zu erreichen. Haben wir einen solchen Verband? Die Antwort ist nein. Wir haben keinen solchen Verband. Zwar gibt es Verbände: z.B. den BVI (Bundesverband Investment und Asset Management), ZIA (Zentraler Immobilien Ausschuss, Spitzenverband der Immobilienwirtschaft), BVAI (Bundesverband Alternative Investments). Die jeweiligen Mitgliederlisten lesen sich wie das Who is Who der Investmentwelt oder der wertpapierbasierten Finanzunternehmen. Die „Big Ducks“ der AIF-Branche sind irgendwo repräsentiert, aber den kleineren Unternehmen fehlt die wünschenswerte und zwingend erforderliche Vertretung. Größe eines Verbandes ist nicht alles; Größe hilft bei verschiedenen Vorhaben, das ist korrekt, aber die gemeinsame Basis wird nicht durch Größe dargestellt, sondern durch Inhaltsidentität der Aufgabenstellung, den gemeinsamen Namen. Ein einheitliches Sprachrohr eben. Auch die finanzielle Seite ist beachtenswert. Die Mitgliedsbeiträge übersteigen sehr oft das Machbare oder auch Sinnvolle speziell bei den kleineren aber auch mittleren Unternehmen. Der gemeinsame Nenner unserer Branche hat trotz der verschiedensten Asset-Klassen, Unternehmensgrößen und -strategien drei gemeinsame Komponenten: Recht, Reputation, Regulatorik. Diese Begriffe könnten erfolgreiche Verbandsarbeit definieren. Reputation. Worauf sollten wir stolz sein? Wir – nicht nur unser Unternehmen – erwirtschaften hohe Renditen und betreiben intensiven Anlegerschutz durch erstklassige Produkte und erstklassige Vertriebe. Leider gelingt es uns Einzelnen oft nicht, dass andere, z. B. große Medien, solches dann auch berichten. Klar, jeder von uns berichtet über seine Erfolge, was sollte er auch sonst berichten? Das muss schnell geändert werden. Wir müssen uns um neutrale Berichterstattung bemühen. Jeder von uns sollte daran intensiv mitwirken. Aber wir müssen auch nach innen schauen und stets überprüfen, ob unsere Zielsetzung für unsere Anlageklasse, unsere Assets richtig verpackt ist. Die Kommunikation nach außen – ich erwähne ausdrücklich die Gehling-Initiative, die PROBERATER-Aktionen müssen von uns allen getragen werden. Müssen wir uns wirklich wundern, wenn nur über Katastrophen berichtet wird – auch wenn sich Bad News besser verkaufen? Regulatorik. Verbände verbinden auch - sprichwörtlich. Wir alle haben z.B. regulatorische Schmerzen. Wir müssen in Brüssel, Berlin und Frankfurt gehört werden. Die Schmerzen werden weniger, wenn wir an den Orten der Schmerzverursachung mitreden, bevor Schmerzen durch nicht praxistaugliche Regelungen entstehen. Wenn sie entstehen, müssen wir Mittel finden, sie gemeinsam zu behandeln. Recht. Es muss ein Informationstransfer stattfinden, das heißt, was der eine “lernt“, sollten alle erfahren. Rechtsprobleme, die bei allen auftauchen, muss nicht jeder einzelne für sich lösen. Einer für alle! Transparenz ist gefordert, viel mehr Transparenz! Dann lassen sich auch Branchenstandards entwickeln. Feststellbar ist ganz eindeutig: Der Einzelne kann nichts bewirken – auch die Big Ducks nicht. Schon gar nicht, wenn diese auf drei Verbände verteilt sind. Ja! Wir brauchen einen echten Branchenverband für alle AIF-Anbieter. Aber: Dieser muss fair und nach Leistungsprinzip finanziert sein. Er muss die Branche korrekt abbilden, die Kleinen, Mittleren und Großen. Er muss eine ausgewogene Interessenvertretung sein, nicht Lobbyismus bieten für wenige Große. Wir müssen frühzeitig politisch eingreifen und breit informieren, mit Praxisbezug. Ich frage, wie viele regulatorische Vorschriften gehen am praktischen Alltag vorbei, wie viele Eingriffe haben den Anleger faktisch schlechter gestellt, wie viel Bürokratie wurde geschaffen, ohne wirklich Dinge zu verbessern? Es gibt also genug Ansätze für Verbandsarbeit. Alle Mitglieder müssen dahinterstehen und mitmachen. Initial drängen sich doch folgende „Mitmachfelder“ für uns auf:
- Netzwerk/Erfahrungsaustausch (z. B. IT, DSGVO)
- Kostenoptimierung/Einkaufsgemeinschaft (Verbandsbörse)
- Gemeinsame Markt-Standards entwickeln/abstimmen (Aufsicht)
- Reputationsverbesserung – Basisarbeit (Messen, Anlegerveranstaltungen, Financial Education)
- Kooperation z. B. mit Vertriebsverbänden (Immerhin ist dort der Teil vertreten, der unsere Produkte zu den Kunden bringt!).“