"MiFID II bedeutet für Berater mehr Aufwand sowie höhere Kosten"
Ein Jahr nach Inkrafttreten der Finanzmarktrichtlinie MiFID II hatte das Bundesfinanzministerium deutsche Finanzmarktakteure und Verbände aufgerufen, Bilanz zu ziehen. Auch das Financial Planning Standards Board Deutschland (FPSB Deutschland) war aufgefordert, Erfahrungswerte zu berichten. „Unsere Zertifikatsträger berichten, dass die Anforderungen der MiFID II-Richtlinie nur durch den massiven Einsatz kostenaufwändiger Software und Technik zu leisten ist“, fasst FPSB-Vorstandsvorsitzender Prof. Rolf Tilmes die wichtigsten Punkte zusammen. Besonders für freie Finanzberater und kleine Vermögensverwaltungen stellt dies aus Sicht des FPSB Deutschland eine erhebliche Kostenbelastung dar.
Für die Kunden der Zertifikatsträger von FPSB Deutschland seien Werte wie „Erreichbarkeit des Beraters“ und „Verschwiegenheit“ von großer Bedeutung. Kundengespräche finden regelmäßig auch über Handy oder Videochat statt. „Die Tatsache, dass solche Gespräche aufgezeichnet werden, empfinden viele Kunden als grenzüberschreitend und als eine Verletzung ihrer Privatsphäre“, berichtet der FPSB-Vorstand. Den Hinweis, so sollten sie vor Falschberatungen geschützt werden, empfänden viele als unnötig, da zum einen zusätzlich eine schriftliche Dokumentation der Empfehlungen existiere und zum anderen in langjährigen Kundenbeziehungen diese Art des Misstrauens als übertrieben wahrgenommen werde.
In der Praxis stelle die Aufzeichnung die Berater zudem vor kaum zu überwindende Hindernisse, da nicht wenige Kundengespräche spontan vom Kunden auf das Mobiltelefon des Beraters initiiert werden und eine Aufzeichnung zum Beispiel während des Autofahrens nicht verlässlich möglich sei, erläutert Tilmes.
Überwiegend positiv beurteilen die Berater den Wechsel von der Beratungsdokumentation zur Geeignetheitsprüfung. Die Geeignetheitserklärung kann vor dem Beratungsgespräch, in der Regel elektronisch, erzeugt werden und liegt dann als Diskussionsgrundlage im Kundengespräch vor.
Die erweiterten Vorgaben für die Erstellung des Kundenprofils würden ebenfalls als überwiegend positiv wahrgenommen. Negativ werde jedoch angemerkt, dass die Geeignetheitserklärung nur das Ergebnis eines Gespräches dokumentiert, und nicht wie früher bei der Dokumentation den Gesprächsverlauf.
Insgesamt bedeuten die regulatorischen Anforderungen, die eine politische Reaktion auf die Falschberatungen im Vorfeld der Lehmann-Brothers-Pleite seien, für den Berater mehr Aufwand und höherer Software- und Technikbedarf. „Die Konsequenzen spüren speziell freie Finanzberater und kleine Vermögensverwaltungen“, so Tilmes.
Nach Ansicht des FPSB-Vorstandes waren es jedoch die Großbanken, die die Finanzkrise ausgelöst haben, nicht die freien Finanzdienstleister und Honorarberater. „Die von ESMA aktuell angestoßene Debatte um die Aufnahme von Nachhaltigkeitskriterien in den Anlageberatungsprozess würde unserer Ansicht nach die technische Bevorzugung von großen Marktteilnehmern weiter verschärfen.“
Quelle: Pressemitteilung FPSB Deutschland
Der Financial Planning Standards Board Deutschland e.V. (FPSB Deutschland) mit Sitz in Frankfurt am Main ist seit 1997 Mitglied im internationalen Netzwerk des FPSB Financial Planning Standards Board Ltd., dem weltweiten Zusammenschluss aller nationalen CFP-Organisationen mit über 180.000 Certified Financial Plannern (CFP-Zertifikatsträger) in 26 Ländern. (JF1)