Branchenkongress des ZIA verzeichnet erneuten Besucherrekord
Am 27. Juni 2019 fand in Berlin der diesjährige Tag der Immobilienwirtschaft statt. Der Branchenkongress des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA), dem Spitzenverband der deutschen Immobilienwirtschaft, verzeichnete mit über 2.000 Gästen (Vorjahr: 1.900) einen erneuten Besucherrekord. Entscheider und Experten der Immobilienbranche trafen sich mit Politikern, um im Dialog die aktuellen Herausforderungen zu diskutieren. Unter den Referenten waren dabei unter anderem Bundesumweltministerin Svenja Schulte, Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer, der Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Ralph Brinkhaus und der Fraktionsvorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion Christian Lindner. Das Bundesbauministerium wurde von Staatssekretärin Anne Katrin Bohle, das Bundeswirtschaftsministerium von Staatssekretär Oliver Wittke vertreten.
Brinkhaus bekannte sich in seinem Grußwort klar zu marktwirtschaftlichen Strukturen auf dem Immobilienmarkt und erteilte staatlichen Eingriffen – wie den zuletzt geforderten Enteignungen von Wohnungsunternehmen – eine Absage. Auf die Frage, wie steigenden Immobilienpreisen und steigenden Mieten begegnet werden könne, lautete die gängige Antwort: „(Mehr) Bauen“. Allerdings wurde vereinzelt – so von Claudia Tausend, Bundestagsabgeordnete der SPD und Mitglied im Ausschuss für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen, in der Diskussionsrunde „Investoren gesucht: wie gelingt eine ganzheitliche und bezahlbare Stadtentwicklung?“ – auch darauf hingewiesen, dass das Angebot zur Nachfrage passen müsse, insbesondere dass neu entstehender Wohnraum bezahlbar sein müsse. „Soziale Marktwirtschaft heißt auch sozialer Ausgleich“, so formulierte es Staatssekretär Wittke in seiner Rede.
Zum Tag der Immobilienwirtschaft hat der ZIA auch die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage zum Wohnungsbau vorgestellt. Mehr als jeder zweite Bundesbürger (55,9 Prozent) wünscht sich eine aktive Rolle von Investoren, wenn es um die Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum in Deutschland geht. „Damit stellt sich ein Großteil der Bevölkerung gegen die teils investorenfeindliche Politik, die durch Ideen wie den Mietendeckel oder die Enteignungsdebatte angefeuert werden“, kommentierte ZIA-Präsident Dr. Andreas Mattner. Laut Umfrage glauben 54,7 Prozent der Bundesbürger nicht, dass der Staat effizienter und schneller Wohnungen bauen kann als private Unternehmen. „Es gibt zahlreiche Beispiele, wo öffentliche und private Wohnungsunternehmen partnerschaftlich zusammenarbeiten und gemeinsam erfolgreich Projekte in vielen Standorten Deutschlands entwickeln“, so Mattner. „Daher sollte es vielmehr um die Frage gehen: wie können wir gemeinsam – Privatwirtschaft und öffentliche Hand – schneller und kostengünstiger bauen?“ Die Einführung einer digitalen Bauakte, die Vereinfachung des Baurechts durch die Einführung einer Muster-Hochhausrichtlinie nach dem Vorbild Österreichs oder die einheitliche Bundesbauordnung seien nur drei konkrete Beispiele aus den 28 Vorschlägen des ZIA, wie Planungs- und Baugenehmigungsprozesse beschleunigt und flexibilisiert werden könnten. „Es braucht ein ganzes Orchester an unterschiedlichen Maßnahmen für eine wirkliche Bauoffensive“, forderte Mattner. „Dazu zählen auch die Erhöhung der linearen AfA und die Senkung der Grunderwerbsteuer.“
Fast jeder Zweite (45,7 Prozent) ist der Ansicht, dass ein Mietendeckel zu weniger Investitionen in den Wohnungsneubau führt. Auch das Instrument der Enteignung wird von 63 Prozent der Bundesbürger abgelehnt. „Die Menschen haben ein gutes Gespür dafür, bei welchen Vorschlägen es sich um klassische Symbolpolitik unter rechtlich und finanzpolitisch zweifelhaftem Einsatz von Steuergeldern handelt, die niemanden weiterbringen“, so Mattner. „Mit diesem Mittelaufwand, der besser in Fördermaßnahmen für den Neubau oder das Wohngeld investiert werden sollte, wird keine einzige neue Wohnung geschaffen. Niemand investiert in eine Stadt, wenn dort Enteignung droht.“
Der ZIA forderte anlässlich des Tags der Immobilienwirtschaft zudem, dass die Themen zur Erreichung der Klimaschutzziele wieder auf die politische Tagesordnung kommen. „Nach der Absetzung der Gebäudekommission, der Verschiebung der CO2-Bepreisung und des vorgelegten Klimaschutzgesetzes müssen wir feststellen, die bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung reichen nicht“, so ZIA-Vizepräsident Thomas Zinnöcker, Vorsitzender der ZIA Task Force Energie. „Es fehlt vor allem an der ganzheitlichen Betrachtung der Immobilienbranche, die sehr vielschichtig ist und in der unterschiedlichste Akteure wirken. Eine Konzentration auf Wärmeschutz im Neubau springt zu kurz.“
Eine deutliche Mehrheit der Bürger unterstützt finanzielle Instrumente zur CO2-Reduktion. Sie befürworten entweder „höhere Abgaben für Schadstoffemissionen“ (31,8 Prozent) oder „steuerliche Vorteile bei geringen Emissionen“ (25,2 Prozent). „Wir halten es grundsätzlich für sinnvoll, CO2 einen Preis zu geben und Klimaschutzaktivitäten konsequent auf die Größe CO2 auszurichten“, so Zinnöcker. Gleichzeitig müsse aber ein mögliches CO2-Bepreisungsmodell die besonderen Rahmenbedingungen im Gebäudesektor berücksichtigen – vor allem das Investor-Nutzer-Dilemma, die langfristigen Investitionszyklen und den sozialen Ausgleich.
Der nächste Tag der Immobilienwirtschaft findet am 11. Juni 2020 statt.
Der Artikel ist - in gekürzter Fassung - zuerst erschienen in EXXECNEWS Ausgabe 15/2019.