Lebensversicherung: Panikmache oder echte Gefahr?

Der vermeintliche Zusammenbruch der Lebensversicherungen aus Sicht der Vertriebe

Erneut stehen seit einigen Wochen die Lebensversicherer heftig in der Kritik. Die Ankündigung des Verkaufs von bestehenden Verträgen an sogenannte Abwickler, die Sorge um eine Kapitalkraft der Versicherer und nicht zuletzt die Thesen des ehemaligen Versicherungsmanagers Sven Enger sorgen für Verunsicherung. So warnte Enger in der Talk-Sendung „Hart aber Fair“ vor einem baldigen „Crash“ der Lebensversicherung und riet dazu, diese aufgrund der zu erwartenden geringen Rendite zu kündigen. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) warf Enger Panikmache vor und verwies darauf, dass die Versicherer alle Verpflichtungen gegenüber ihren Kunden erfüllen könnten. Doch wie bewerten diejenigen die Lage, die die Versicherungen an den Kunden bringen? EXXECNEWS hakte bei Vertrieben nach.

Markus Kiener, geschäftsführender Gesellschafter des Münchner Fonds Finanz Maklerservice, bewertet die aktuelle Diskussion als übertriebene Panikmache. „Unbestreitbar stehen Lebensversicherer aufgrund der vorherrschenden niedrigen Zinsen unter wirtschaftlichem Druck. Dennoch ist die große Mehrheit der Versicherer gerade in Deutschland sehr gut aufgestellt, sodass die hohe Sicherheit der garantierten Leistungen auch zukünftig fortbesteht“, sagt Kiener. Auch Dr. Sebastian Grabmaier, Vorstandsvorsitzender des Maklerpools Jung, DMS & Cie., hält die aktuelle Diskussion für Panikmache. „In der bisherigen Geschichte der deutschen Lebensversicherung ist erst ein Unternehmen (Mannheimer Leben) in die Auffanggesellschaft Protector gegangen. Zudem haben die verschiedenen Finanzkrisen in diesem Jahrtausend gezeigt, dass die Lebensversicherer stets stabil waren und im Vergleich zu den Banken keine staatlichen Hilfen brauchten“, sagt Grabmaier. Dass zurzeit bestimmte Personen in den Medien von einem Crash der Lebensversicherungen fabulieren, kann sich Karsten Allesch, Geschäftsführer des Deutschen Maklerverbundes (DEMV), nur mit einem „Aufmerksamkeitsdefizit“ dieser Personen erklären. „Wenn Sie die Bilanzen von Banken und Versicherern vergleichen, stellen Sie fest, dass diese wesentlich risikoärmer aufgestellt sind. Natürlich haben die Lebensversicherer die Digitalisierung verschlafen und ihren Bestand zu verkaufen weil dieser nicht mehr renditeträchtig genug ist, ist von der Außenwirkung eine Katastrophe. Doch bietet die Lebensversicherung auch erhebliche Vorteile, wie eine lebenslange garantierte Rentenzahlung. Bei welcher anderen Produktgattung kann das Demographierisiko ansonsten ausgelagert werden? Und dass die Lebensversicherer ihren Garantiezahlungen für Altverträge von bis zu vier Prozent pro Jahr nachkommen ist doch ein echter Vertrauensbeweis“, sagt Allesch. Auch für Rolf Schünemann, Vorstandsvorsitzender des Maklerpools BCA, handelt es sich mehr um indifferente Panikmache denn um eine nüchtern gebotene Bewertung der Sachlage. „Sicherlich wird in Anbetracht großzügiger ,alter‘ Garantieversprechen vor allem das Extremszenario langandauernder Niedrigzinsen die Versicherer noch länger herausfordern. Daraus allerdings schlusszufolgern, die Lebensversicherung fahre nunmehr unvermittelter Dinge an die Wand, wäre schlicht unlauter“, sagt Schünemann. Ebenfalls keine Anzeichen für essentielle Gefahren bei der Lebensversicherung sieht Oliver Drewes, Geschäftsführer von Maxpool. „Im Gegenteil sind wir der Meinung, dass die seit 2008 als kritisch zu sehende Marktsituation bislang von der deutschen Lebensversicherungsbranche sehr gut gemanagt wurde. Aus meiner Sicht also vor allem unbegründete Panikmache, die durch eine wenig qualifizierte Sendung zum Thema Lebensversicherungen bei ,Hart aber Fair' bundesweiten Rückenwind hatte“, so Drewes. „Die Marktsituation lädt generell zu Spekulationen ein“, sagt hingegen Oliver Pradetto, Geschäftsführer des Lübecker Maklerpools Blau direkt.Wir halten uns an Fakten und dies sehen so aus: Fonds sind zuverlässig alle paar Jahre zuverlässig mit schlimme Börsenkrisen konfrontiert - mit verheerenden Resultaten für die Anleger. Ebenso zuverlässig kommt es regelmäßig zu Anlageskandalen, Veruntreuungen und schweren Betrügereien bei allen möglichen Alternativen im Kapitalanlagemarkt. Und die Lebensversicherung? Die Lebensversicherung hatte in 300 Jahren keinen einzigen Anlageskandal zu verantworten, keinen einzigen Anlegerverlust, jede Zusage wurde mit Garantie eingehalten. Das mag schwerlich zum Image der Lebensversicherung gehören, aber das sind die Fakten“, sagt Pradetto.

Der Nachfrage nach Lebensversicherungen zumindest hat die bereits länger währende Diskussion keinen Abbruch getan: Die deutschen Lebensversicherer haben ihr Neugeschäft mit 90,7 Millionen Euro (2016: 90,8 Millionen Euro) laut GDV im vergangenen Jahr auf nahezu gleichem Niveau halten können. So verzeichnete beispielsweise der Fond Finanz Maklerservice in den vergangenen Monaten einen moderaten Anstieg an Nachfragen nach Lebensversicherungen, und auch bei Netfonds wurde ein dynamisches Wachstum im deutlich zweistelligen Bereich verzeichnet.

Geändert habe sich allerdings bei den meisten befragten Vertrieben die Struktur der Umsatzverteilung. Vor allem Biometrie-Produkte werden laut EXXECNEWS-Umfrage nachgefragt „Der Trend geht seit Jahren weg von klassisch anlegenden Lebensversicherungen hin zu fondsgebundenen Varianten. Biometrische Risiken gewinnen zunehmend in der Umsatzbedeutung, während die Lebensversicherung als Sparprodukt rückläufig ist“, sagt Oliver Pradetto. Seitens Miriam Michelsens, Leiterin Vorsorge und Krankenversicherung bei MLP, heißt es: „Im Markt ist schon seit mehreren Jahren eine deutliche Zurückhaltung der Kunden beim Abschluss lang laufender Verträge zu spüren – hier spielt natürlich auch die Niedrigzinsphase negativ rein. Während klassische Produkte mit inzwischen nur noch niedriger garantierter Verzinsung immer weniger gefragt sind, werden Rentenversicherungen mit flexiblen Garantien immer beliebter“, sagt Michelsen. „Der Trend zu den sogenannten Neuen Garantien setzt sich fort. Mittlerweile vermitteln wir zu einem weit überwiegenden Teil diese Lösungen“. Bei Jung, DMS & Cie. ist die Nachfrage nach Biometrieprodukten ebenfalls ungebrochen hoch. „Auch der Altersvorsorgebereich hält sich trotz des schwierigen Marktumfeldes gut. Dazu tragen unter anderem  auch die staatlich geförderten Produkte wie bAV, Riester, Basisrente bei. Durch die staatlichen Förderungen bieten diese Produkte trotz anhaltender Niedrigzinsen noch attraktive Gesamtrenditen“, sagt Grabmaier. Bei DEMV sei die Nachfrage nach biometrischen Produkten ebenfalls konstant. „Auch die geförderten Produkte, insbesondere Riester und die betriebliche Altersvorsorge wachsen kontinuierlich im zweistelligen Bereich. Innerhalb der Privatvorsorge stellen wir eine Stagnation und eine deutliche Verlagerung zu fondsgebundenen Rentenversicherungen fest. Die klassische Rentenversicherung ist hingegen de facto tot“, sagt Allesch.

Befragt nach der Zukunft der Lebensversicherung, ergibt sich bei den Vertrieben ein eher gespaltenes Bild. Michelsen etwa spricht den private Rentenversicherungen eine zentrale Funktion zu, die nur diese Produkte erbringen und die in der öffentlichen Debatte oft zu kurz kommt: die Absicherung der lebenslang anfallenden Kosten durch lebenslange Rentenzahlungen. „Aktuare sprechen hier vom ,Langlebigkeitsrisiko', anschaulicher könnte man auch vom ,Mein-Geld-ist-weg-aber-ich-bin-noch-da'-Risiko sprechen. Die private Rentenversicherung zahlt einen monatlichen Betrag, egal wie alt der Kunde wird. Sie ist und bleibt daher ein wesentlicher Baustein in einem breit aufgestellten Altersvorsorge-Mix“, sagt Michelsen. Fondsfinanz ist hinsichtlich der Zukunft der Lebensversicherung „äußerst zuversichtlich“ gestimmt. Die Lebensversicherung hat als staatlich geförderte private Altersvorsorge eine große Bedeutung und wird diese auch weiterhin haben, heißt es seitens des Allfinanzvertriebs Deutsche Vermögensberatung (DVAG). „Kein mir bekanntes Produkt sichert insgesamt vergleichbar solide die Langlebigkeit eines Kunden ab“, sagt Oliver Drewes von Maxpool. „Und für den größten Teil der Biometrie-Produktlandschaft spielt die Zinssituation am Markt keine relevante Rolle. Auch wenn das oftmals anders und missverständlich dargestellt wird. Natürlich ist in der jetzigen Marktsituation zudem eine gute Beratung von einem unabhängigen Makler besonders wichtig, damit leistungsstarke Anbieter von den etwas humpelnden Blendern am Markt getrennt werden. Aber selbst die Humpler werden sich weiterhin am Markt irgendwie behaupten, da sie zumeist über einen besonders großen und besonders wenig aufgeklärten Ausschließlichkeitsvertrieb verfügen, der auch die etwas hinkenden  Produkte weiterhin an gutgläubige Kunden verkauft.“ Oliver Pradetto hingegen führt an, dass eine Reihe von Missverständnissen der Verbraucherschützer gepaart mit dem „furchtbaren Marketingvermögen“ der Versicherer das Image der Lebensversicherung fast vollständig zerstört hat. „Das wird dazu führen, dass die private Vorsorge zunehmend an Bedeutung verliert. Eine wenige Wohlhabende werden sich auf private Vermögensbildung auf anderen Wegen konzentrieren. Die Masse der Bevölkerung wird ihr Altersschicksal in die Hände des Staates begeben. Die Lebensversicherung wird zunehmend zum reinen Biometrie-Absicherer werden“, sagt der Blau-direkt-Geschäftsführer. Oliver Kieper, Vorstand der Netfonds AG und des NVS Netfonds Versicherungsservice, schätzt die Zukunft des Produktes hingegen als sehr gut ein: „Die Rentenlücke wird immer größer und die deutsche Lebensversicherung ist eine berechenbare Antwort auf die Ausfinanzierung von Langlebigkeitsrisiken.“

Fazit: Von einem „Crash“ der Lebensversicherungen kann aus Sicht der Vertriebe nicht gesprochen werden. Sie sind und bleiben auch weiterhin unverzichtbar für die private Vorsorge. Die anhaltende Niedrigzinsphase und verschärfte Richtlinien zu Eigenkapitalquote und Zinszusatzreserven schränken jedoch den Handlungsspielraum der Lebensversicherer ein und zwingen sie zur Entwicklung einer neuen Generation von Angeboten im Neugeschäft.

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