BCG: Privatkundengeschäft der Banken wird einbrechen
Trotz der soliden Konjunktur werden die Erträge deutscher Banken in den kommenden Jahren deutlich zurückgehen. Das Privatkundengeschäft ist von dieser Entwicklung besonders stark betroffen. Hier könnten die Erträge im schlechtesten Fall in den nächsten fünf Jahren bis zu 25 Prozent sinken. Das ergibt eine aktuelle Analyse der Managementberatung Boston Consulting Group (BCG).
„Die bisherigen Geschäftsmodelle etablierter Banken tragen nicht mehr. Es gibt kein ,Weiter so' für deutsche Banken", sagt Rüdiger Filbry, Leiter der Banken-Praxisgruppe von BCG. Bestätigt werde diese Einschätzung durch eine BCG-Studie über deutsche Großbanken. Sie komme zu dem Ergebnis, dass die untersuchten Banken knapp zehn Milliarden Euro zu wenig Gewinn erzielt haben, um tatsächlich wertschaffend zu sein.
Wesentliche Ursachen für diese Entwicklung seien das anhaltend niedrige Zinsniveau, neue Wettbewerber, die verstärkt in den Markt drängen und die Kundenerwartungen grundlegend verändern, sowie regulatorische Vorgaben, die unter anderem Einschnitte in die Gebührenstrukturen der Institute bedeuten. Gleichzeitig bleibt die Kostenseite durch den inflationsbedingten Kostenanstieg sowie die steigenden regulatorischen Anforderungen unter Druck. Zudem sehen sich die Banken gezwungen, erheblich stärker in die Digitalisierung zu investieren.
Aufgrund der umfangreichen Kostensenkungsprogramme der vergangenen Jahre konnten viele Banken den inflationsbedingten und regulatorischen Kostenanstieg bisher nahezu ausgleichen. „Wer jedoch ein strukturell niedrigeres Kostenniveau anstrebt, kommt an einer tiefgreifenden Transformation nicht vorbei", sagt Filbry.
Neben der Automatisierung von Prozessen werde künftig insbesondere die Digitalisierung von Beratungsleistungen, wie zum Beispiel in der Anlageberatung, massiv an Bedeutung gewinnen. Zusätzlich erlauben neue Technologien auch im klassischen Kreditprozess erhebliche Kostensenkungen. „Darüber hinaus wird das veränderte Kundenverhalten in den kommenden Jahren einen Rückgang der Filialkapazitäten von 30 bis 50 Prozent erfordern", sagt Til Klein, Retail-Banking-Experte der Boston Consulting Group.
Das Produktangebot der Banken sei kein Differenzierungsfaktor mehr. Abgrenzen können sich die Institute nur noch über den Preis oder innovative Serviceleistungen. „Innovation sollte zur Top Priorität bei Banken werden, um sich im Verdrängungswettbewerb noch zu differenzieren", sagt Klein. Voraussetzungen dafür seien ein grundlegender Kulturwandel und eine Anpassung der Anreiz- und Governance-Strukturen. „Die Digitalisierung erlaubt es, gleichzeitig den Kundennutzen und die Effizienz zu steigern. Um diese Chance wahrzunehmen, sollten die etablierten Banken ihre Geschäfts- und Betriebsmodelle fundamental ändern. Dafür bleibt ihnen nicht mehr viel Zeit", so Klein.
Quelle: Pressemitteilung BCG
The Boston Consulting Group (BCG) ist eine inhabergeführte internationale Managementberatung. BCG wurde 1963 gegründet und ist heute an 81 Standorten in 45 Ländern vertreten. Weltweit erwirtschaftete BCG im Jahr 2014 mit 10.500 Mitarbeitern einen Umsatz von 4,55 Milliarden US-Dollar. (mb1)