Nur noch jedes zehnte Kreditinstitut bietet umfassende Beratung zu Aktien an
Die Regulierung der Anlageberatung drängt immer mehr Banken und Sparkassen aus der Anlageberatung zu Einzelaktien. Diese Entwicklung belegt eine heute vom Deutschen Aktieninstitut veröffentlichte Umfrage: Mehr als jedes fünfte Kreditinstitut hat sich ganz aus der Aktienberatung verabschiedet. Bei zwei Dritteln der befragten Banken ist die Zahl der Kundengespräche zu Aktien gesunken. Lediglich bei jedem zehnten Institut hat sich die Anlageberatung zu Aktien nicht verringert.
„Mit den Banken gehen wichtige Fürsprecher und Wissensvermittler der Aktienanlage verloren. Dies ist ein schwerer Schlag gegen die ohnehin gering ausgeprägte Aktienkultur in Deutschland“, sagte Christine Bortenlänger, geschäftsführender Vorstand des Deutschen Aktieninstituts. Besonders kleinere Banken mit einem überschaubaren Kundenstamm verabschieden sich aus der Aktienberatung. Aber auch viele größere Banken reagieren auf die zunehmende Regulierung und konzentrieren die Beratung zu Einzelaktien in ihren Hauptgeschäftsstellen. „Dies alles geht zu Lasten der Anleger“, warnte Bortenlänger.
Als besonders problematisch bewerten die Umfrageteilnehmer das Beratungsprotokoll, das bei jeder Anlageberatung erstellt werden muss. „Der große Aufwand bei der Erstellung des Protokolls wird als wesentlicher Grund genannt, warum viele Banken überhaupt keine Aktienberatung mehr anbieten“, so Bortenlänger. Kreditinstitute, die weiterhin zu Einzelaktien beraten, beklagen sich über den Zeitaufwand für die Dokumentation. So gibt fast die Hälfte der Umfrageteilnehmer an, dass die Protokollierung der Beratung das Gespräch mit Neukunden um mehr als 40 Minuten verlängert. Bei Altkunden sind es im Schnitt immerhin noch zwischen 20 und 40 Minuten. „Dies ärgert vor allem diejenigen Kunden, die eigentlich darauf verzichten möchten, aber dies nicht können, weil der Gesetzgeber es nicht erlaubt“, stellt Bortenlänger fest. Das hält sie für nicht mit dem Bild des mündigen Verbrauchers vereinbar.
Ebenso kritisch wird von den Umfrageteilnehmern das Produktinformationsblatt gesehen, das dem Kunden bei jeder Kaufempfehlung zur Verfügung gestellt werden muss. „Für die Anlageentscheidung viel wichtiger sind tagesaktuelle Informationen, die die Aktiengesellschaften ihren Anlegern ohnehin permanent zur Verfügung stellen und die im Rahmen des Aktienresearch aufbereitet werden“, erläutert Bortenlänger.
Mit dem Rückzug der Banken und Sparkassen aus dem Aktiengeschäft ist der Anteil des beratungsfreien Geschäfts deutlich gestiegen. „Damit“, so Bortenlänger, „werden die neuen Regeln zur Anlageberatung, die zu einer besseren Beratung der Kunden führen sollten, ad absurdum geführt.“ Als Konsequenz aus der Umfrage fordert das Deutsche Aktieninstitut, dass erfahrene Anleger auf die Protokollierung des Beratungsgesprächs verzichten dürfen – was auch dem Wunsch vieler Kunden entspricht. Außerdem muss das Produktinformationsblatt für jede Einzelaktie wieder abgeschafft werden. Dies würde auch den neuen europäischen Vorgaben zum Beipackzettel für Finanzprodukten entsprechen.
Quelle: Pressemitteilung Deutsches Aktieninstitut
Das Deutsche Aktieninstitut e.V. (DAI) mit Sitz in Frankfurt am Main ist der Verband der Unternehmen und Institutionen, die am deutschen Kapitalmarkt tätig sind. Es wurde 1953 als „Arbeitskreis zur Förderung der Aktie“ gegründet und hat sich zum Ziel gesetzt, die Position Deutschlands als Standort für Finanzdienstleistungen im internationalen Wettbewerb zu stärken, zur Weiterentwicklung der kapitalmarktpolitischen Rahmenbedingungen beizutragen und die Unternehmensfinanzierung in Deutschland zu verbessern. (jpw1)