BfV Investment Radar: Rezessionssignale nehmen zu

Marc Sattler
Marc Sattler

Marktkommentar von Marc Sattler, Vorstand der Bank für Vermögen (BfV) im Bereich Investment Research und Vermögensverwaltung. Seiner Einschätzung nach dürfte der Oktober dieses Jahres für den weiteren Verlauf wegweisend sein:

Im September schnitten die globalen Aktienmärkte größtenteils sehr positiv ab. Vor allem die europäischen und japanischen Indizes konnten deutlich zulegen. Die US-Indizes stiegen ebenfalls an ihre bisher erreichten Jahreshochs, konnten diese aber nicht überwinden, trotz einer weiteren, allerdings bereits eingepreisten, Zinssenkung der Fed um 0,25 Prozentpunkte. Die EZB verkündete ebenfalls erneute geldpolitische Lockerungen und senkte den Einlagenzins um 0,1 Prozentpunkte auf nun minus 0,5 Prozent.

Fazit Aktienmärkte

Wir rechnen bei den Aktienmärkten im aktuellen, sehr unsicheren Umfeld, kaum noch mit nachhaltigen Kurssteigerungen. Viele Wirtschaftsdaten und Frühindikatoren haben sich weiter abgeschwächt, was bisher nicht in den Aktienkursen der entwickelten Märkte eingepreist ist. Die Schwellenländer sind dort schon einen Schritt weiter, indem sie seit Mitte September wieder in Richtung ihrer Jahrestiefs gefallen sind. Zudem droht der Oktober wieder einmal ein sehr volatiler Monat zu werden, denn es stehen einige wichtige Termine an. Deren Ausgang wird maßgeblich über die weitere Entwicklung der Kapitalmärkte der nächsten Monate entscheiden.

Defensive Aktieninvestments sind zu favorisieren

In dieser unsicheren Lage empfehlen wir eine defensivere Depot-Ausrichtung. Der Zeitpunkt scheint jetzt günstig zu sein, die Kursgewinne dieses Jahres ein Stück weit zu realisieren oder abzusichern. Innerhalb der Aktienquote präferieren wir weiterhin defensive, konjunkturunabhängigere Sektoren wie nichtzyklische Konsumgüterhersteller, Unternehmen der Pharma- und Gesundheitsbranche und Versorger. Immobilien- und Infrastrukturfirmen der entwickelten Länder bieten ebenfalls die Möglichkeit, von Kurssteigerungen der Aktienmärkte zu profitieren, bei geringerem Abwärtsrisiko. Die unserer Meinung nach sehr attraktiven Goldminenaktien diversifizieren ein chancenorientiertes Portfolio und können in der Regel von turbulenten Aktienmärkten profitieren.

Anleihenmärkte korrigieren

Der seit einem Jahr bestehende Abwärtstrend der Renditen der globalen Anleihemärkte hat im September eine kleine Verschnaufpause eingelegt. Dadurch hat auch der Wert negativ rentierender Anleihen von über 17 Billionen US-Dollar auf zeitweise unter 15 Billionen US-Dollar abgenommen. Aufgrund der schlechten ökonomischen Aussichten für die Weltwirtschaft gehen wir davon aus, dass der Trend der letzten Monate wiederaufgenommen wird.

Notenbanken ohne Alternative

Nahezu alle Zentralbanken haben bereits wieder in den Zinssenkungsmodus geschaltet und versuchen so, drohende Rezessionen ihrer Volkswirtschaften frühzeitig abzuwenden. Die Historie hat jedoch gezeigt, dass sie das nicht können.

Wir schließen nicht aus, dass auch die Fed bald dazu übergehen wird, negative Leitzinsen zu implementieren, um die gigantische Anleiheblase nicht zum Einsturz zu bringen. Darüber hinaus sind die Inflationserwartungen wieder stark rückläufig. Zusammengenommen unterstützen all diese Entwicklungen und möglichen Szenarien die Anleihemärkte. Zu einer Trendwende könnte es kommen, wenn sich die Wirtschaftsaussichten wieder deutlich verbessern würden, was derzeit allerdings nicht absehbar ist. Demnach rechnen wir vor allem Staatsanleihen der entwickelten Volkswirtschaften weitere Kursgewinne zu, auch wenn negative Renditen vom Erwerb dieser abraten.

Rohstoffe – Gold konsolidiert ebenfalls

Der Goldpreis konnte in den letzten Monaten von den fallenden Anleiherenditen profitieren. Mit der Verschnaufpause der Zinsmärkte im September ist auch er in eine Korrektur übergegangen. Für die von uns erwarteten mittel- bis langfristig positiven Aussichten für Goldinvestments ist das eine gesunde Entwicklung. Demnach sollten Rücksetzer zum Kauf genutzt werden. Diese Einschätzung würde sich erst bei Kursen unter 1.435 US-Dollar ändern. Sich abschwächendes Wirtschaftswachstum, expansive Notenbanken, wahrscheinlich steigende Volatilität der Aktienmärkte und politische Unsicherheiten sprechen unserer Meinung nach für den strategischen Besitz von Gold oder eben Goldminen Aktienfonds.

Euro wertet weiter zum US-Dollar ab

Der Wechselkurs des Euros zum US-Dollar hat im September ein neues Zweijahrestief erreicht. Hier ist keine Trendwende in Sicht. Am US-Dollar führt derzeit kein Weg in einem gutdiversifizierten Portfolio vorbei. Vor allem die Zinsdifferenz mit der restlichen entwickelten Welt zieht Gelder an, die den US-Dollar aufwerten lassen. Dagegen helfen auch keine Tweets von US-Präsident Trump, der sich einen schwächeren Dollar wünscht, um die Exportindustrie zu unterstützen. Somit empfehlen wir, weiterhin den Dollar überzugewichten. Das Ziel von 1,05 ist weiterhin intakt beziehungsweise durch die neuen Anleihekäufe der EZB, ohne zeitliche Begrenzung bestätigt.

Historisch volatiler Oktober wird wieder spannend

Der Oktober ist historisch gesehen der Monat des Anlagejahres, in dem die größten Schwankungen an den Aktienmärkten eintreten. So fielen nicht nur im letzten Jahr die Kurse stark und läuteten in den USA das extrem schlechte vierte Quartal ein, sondern auch einige der größten Aktienmarktverluste der Geschichte fanden im Oktober statt. Der schwarze Donnerstag 1929 war damals der Auslöser für die anschließende schwere Weltwirtschaftskrise. Am schwarzen Montag 1987 verlor der Dow-Jones-Index an nur einem Tag über 22 Prozent. Im Oktober 2008 – als die globale Finanzkrise auf ihrem Höhepunkt war – senkten sieben der führenden Notenbanken die Zinsen massiv ab, um dem Kollaps und der Vertrauenskrise am Interbankenmarkt entgegenzuwirken. Den seit Anfang Oktober beschleunigten Kursrutsch der Aktienindizes konnten sie damit jedoch nur kurzfristig unterbrechen. Damals wurde die neue Ära der Null- und Negativzinspolitik eingeleitet und elf Jahre danach stehen wir vermutlich an einem ähnlichen Punkt.

Die Lage ist diesmal sicherlich eine andere, denn das Finanzsystem scheint deutlich solider zu sein, auch wenn die Fed seit September wieder unterstützend im US-Geldmarkt eingreifen muss. Die Notenbanken haben den zwischenzeitlichen wirtschaftlichen Aufschwung jedoch nicht dazu genutzt die Zinsen zu normalisieren und ihre Bilanzsummen abzubauen. Dadurch wurden starke Übertreibungen an den Vermögenspreismärkten herbeigeführt, die ohne weiteren geldpolitischen Stimulus einzubrechen drohen. Der Oktober dieses Jahres wird für den weiteren Verlauf wegweisend sein.

Lösung oder doch eher Eskalation im Handelsstreit im Dezember

Am 10. Oktober treffen sich die Vertreter der USA und China zu neuen Handelsgesprächen, deren Ausgang großen Einfluss auf die Weltwirtschaft haben wird. Unserer Meinung nach wird auch dieses Mal keine Lösung in Sicht sein. Zu viel steht mittlerweile, durch Trumps Tweets, Provokationen und neuen Androhungen, wie das Verwehren von US Kapital beziehungsweise Börsen Listings für chinesische Unternehmen, zwischen den beiden Parteien. Man darf auch nicht außer Acht lassen, dass wir von den beiden Schwergewichten der Weltwirtschaft sprechen. Keiner wird sein Gesicht verlieren wollen. Insofern erwarten wir nicht mehr, als eine neue Absichtserklärung über den gegenseitigen Austausch von Waren – vornehmlich US-Agrarerzeugnisse. Beim Blick auf die Handelsbilanz, die Import- und Exportentwicklungen beider Länder, könnte das vielleicht US-Wähler besänftigen, im Hinblick auf die anstehen Präsidentschaftswahlen, jedoch keinen wirklichen Effekt für die Weltwirtschaft bedeuten. Global bleiben also die Zeichen auf Rezession. Trump scheint aber vielmehr erst einmal seine Wiederwahl im Kopf zu haben, als eine Lösung in Sachen Schutz von geistigem Eigentum. Wir gehen also von der nächsten Eskalation aus, die dann am 15. Dezember 25 Prozent Zölle auf sämtliche chinesischen Einfuhren in den USA vorsieht. Was zu weiterer Zurückhaltung der übrig gebliebenen Investitionen auf Unternehmerseite führen dürfte.

Das angestrebte Amtsenthebungsverfahren (Impeachment) wird unserer Meinung nach eher Trump stützen, als ihn wirklich gefährden. Hier gibt es im Übrigen einen fundamentalen Unterschied zwischen Donald Trump und Xi Jinping, den man nicht außer Acht lassen darf: Xi Jinping ist auf Lebenszeit gewählt. Somit hat er einen weitaus längeren Atem als sein Gegenüber. Vielleicht einigt man sich aber auch überraschend im Austausch von Hacker-Dienstleistungen.

Brandherde im Schatten des Handelskrieges

Am 19. Oktober steht wieder einmal die Entscheidung über den Brexit an, die ebenfalls für Volatilität sorgen kann. Wir gehen hier von einer erneuten Verschiebung um drei Monate aus, da Boris Johnson bislang keine Alternative zum Backstop aufbieten kann. Aktuell pokert er noch hoch, um entweder die EU zu bewegen oder der EU den „Schwarzen Peter“ zuschieben zu können, um sich nicht an das Gesetz binden zu müssen, dass ihn zum Erbitten eines Aufschubs zwingt.

Darüber hinaus beginnt die Quartalsberichtssaison der Unternehmen, die weitere Klarheit darüber liefern wird, inwieweit sich die abschwächende Konjunktur auf die Ergebnisse auswirkt. Der Anfang Oktober veröffentlichten ISM Einkaufsmanagerindex des verarbeitenden Gewerbes und des Dienstleistungssektors in den USA signalisiert Negatives. Dabei handelt es sich um Stimmungsindikator in den USA mit einer so genannten Vorlauffunktion für die Wirtschaftsentwicklung. Im Industriesektor befinden wir uns auf ein Zehnjahrestief und befinden uns seit einem Jahr im Rückgang.

Die Erwartungen der Deutschen Unternehmen, gemessen am Ifo-Geschäftsklimaindex, der den gleichen Aussagecharakter besitzt wie der ISM in den USA, sind im September ebenfalls weiter gefallen. Im Industriesektor der Eurozone zeigt sich das gleiche Bild. Das Vertrauen der Manager in die wirtschaftliche Entwicklung ist auch dort seit Anfang 2018 rückläufig und kürzlich auf den tiefsten Stand seit der Eurokrise gefallen. Der gleiche Frühindikator für den Dienstleistungssektor notiert zwar noch im expansiven Bereich, befindet sich aber ebenfalls in einem Negativtrend.

In den Aktienkursen sind all diese Punkte bisher nicht eingepreist, im Gegenteil. Am Freitag hat der Markt positiv auf den US-Jobreport reagiert, da weniger Stellen neu geschaffen wurden als erwartet. Hierin sahen einige Marktteilnehmer erneuten Handlungsdruck auf die Fed zukommen, im Oktober weitere Zinssenkungen durchzuführen. Unserer Meinung nach sind weniger Zuwächse, bei den neu geschaffenen Stellen, vollkommen normal, da wir uns in den USA bei der Arbeitslosenquote auf dem tiefsten Stand seit 50 Jahren befinden (3,5 Prozent). Es gibt schlichtweg, auch aufgrund geringerer Zuwanderung, weniger neu einzustellende Personen. Somit gehen wir auch von keiner weiteren Zinssenkung, wenn überhaupt eher von einer homöopathischen Zinssenkung, aus. All das zusammen lässt für uns den Oktober zum Monat der Wahrheit für den Markt in diesem Jahr werden.

Marc Sattler ist Vorstand der Bank für Vermögen AG (BfV) und verantwortlich für die Bereiche Vermögensverwaltung (Private Investing), Investment Research und Digitalisierung. Die einhundertprozentige Tochtergesellschaft des Maklerpools BCA AG ist als Wertpapierhandelsbank in den Geschäftsfeldern Haftungsdach und Vermögensverwaltung tätig, ergänzt um Produktangebote in den Bereichen Bausparen und Finanzierung sowie Investment Research.

www.bfv-ag.de

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