Darlehenswiderruf: Der BGH widersetzt sich dem EuGH

Ralph Veil
Ralph Veil

Gastbeitrag von Rechtsanwalt Ralph Veil zu aktuellen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs zum Widerruf von Verbraucherkreditverträgen. Während der EuGH urteilte, dass die von vielen Banken verwendeten Widerrufsinformationen wegen des sogenannten Kaskadenverweises unklar seien, sah dies der BGH komplett anders:

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) urteilte kürzlich sehr verbraucherfreundlich zum Widerruf von Darlehensverträgen (Entscheidung vom 26. März 2020, Aktenzeichen C-66/19). Betroffen von der Entscheidung sind alle Verbraucherkreditverträge (Auto, Immobilie und so weiter) der Jahre 2010 bis 2016 auf Basis der Verbraucherkreditrichtlinie (Richtlinie 2008/48/EG vom 23. April 2008). Der EuGH urteilte, dass die von den Banken verwendeten Widerrufsinformationen unklar und unverständlich seien.

Viele Verbraucher werden sich nun überlegen, ob ein Widerruf für sie möglich und vorteilhaft ist. Da sich die Zinsen in den letzten Jahren stark nach unten entwickelt haben, dürfte die Widerrufsmöglichkeit in vielen Fällen für die Verbraucher attraktiv sein. Auf die Banken, die die letzte Krise noch nicht verarbeitet haben und aktuell vor der Bewältigung der Corona-Krise stehen, dürfte die Entscheidung gravierende Auswirkungen haben. Wir haben bereits viele Anleger sogenannter Schrottimmobilien in der Zeit bis 2016 wegen Widerruf und Umfinanzierung beraten und vertreten. Nun werden Verbraucher die neue Widerrufsmöglichkeit zur günstigen Umfinanzierung unter Ersparnis von Vorfälligkeitsentschädigungen nutzen. Spannend bleibt, ob auch Staatshaftungsansprüche bestehen.

Der XI. Senat, der seit vielen Jahren als bankenfreundlicher Spruchkörper des Bundesgerichtshofs (BGH) bekannt ist, widersetzt sich nicht zum ersten Mal der „höheren“ Instanz und vertritt zum Widerruf einer Autofinanzierung und zu einem Immobiliendarlehen hingegen die Auffassung, dass trotz gegenteiliger Auffassung des EuGH das Gesetz nicht so ausgelegt werden könne, dass das deutsche Belehrungsmuster (das viele Banken unverändert verwendeten) als unwirksam anzusehen sei. Während der EuGH auf seine letztverbindliche Kompetenz zur Auslegung der Richtlinie über Verbraucherkreditverträge besteht, will ihm dies der BGH streitig machen, indem der BGH auf seine Kompetenz zur letztverbindlichen Auslegung des nationalen Gesetzes, das die europäische Verbraucherkreditrichtlinie umsetzt, beharrt.

Während der EuGH urteilte, dass die von vielen Banken verwendeten Widerrufsinformationen durch den Verweis auf ein Gesetz, das auf weitere Gesetze verweist (sogenannter Kaskadenverweis) unklar seien, sah dies der BGH komplett anders. Schon seinerzeit zeigte sich der BGH nicht beeindruckt durch gegenteilige Entscheidungen des EuGH und sah keine Notwendigkeit, den EuGH zur letztverbindlichen Entscheidung anzurufen. Stattdessen blieb der BGH bei seiner früher vorgezeichneten Rechtsprechung, so im Urteil vom 22. November 2016 (Aktenzeichen XI ZR 434/15), im Urteil vom 4. Juli 2017 (Aktenzeichen XI ZR 741/16), im Beschluss vom 19. März 2019 (Aktenzeichen XI ZR 44/18) und im Beschluss vom 2. April 2019 (Aktenzeichen XI ZR 488/17). Der EuGH konnte erst durch ein Vorabentscheidungsersuchen des Landgerichts Saarbrücken (Vorlagebeschluss vom 17. Januar 2019, Aktenzeichen 1 O 164/18) tätig werden.

Die Frage, ob die Verträge, die zwischen 2010 und 2016 geschlossen wurden, widerrufbar sind oder ob Schadensersatzansprüche auf Amtshaftung gegenüber der Bundesrepublik wegen fehlerhafter Umsetzung europäischen Rechts bestehen, bleibt auch nach den Entscheidungen des BGH, der sich nicht dem EuGH fügte, unklar und wird Raum für Verhandlungen zwischen Verbrauchern und Banken schaffen und die Rechtsprechung in den nächsten Jahren beschäftigen. Der schon seit Jahren als bankenfreundlicher BGH-Senat bekannte XI. Senat hat sich mal wieder auf die Seite der Banken geschlagen zum Nachteil der Verbraucher und des Staates. Gleichzeitig hat der BGH verdeutlicht, wie wenig er von der Rechtsprechung des ihm in dieser Frage übergeordneten EuGH hält.

Ralph Veil ist Rechtsanwalt, Mediator, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht sowie Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht. Er ist in der Münchener Kanzlei Mattil - Fachanwälte für Bank- und Kapitalmarktrecht mit den Tätigkeitsschwerpunkten Kapitalanlagerecht, Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht tätig.

www.mattil.de

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