Inflationssorgen oder Hoffnung auf maximale Beschäftigung?
Kommentar von Christian Scherrmann (DWS) im Anschluss an die Fed-Sitzung am 14. und 15. Dezember 2021. Seiner Meinung nach bleibt das Ziel der maximalen Beschäftigung weiterhin etwas nebulös:
Wie erwartet hat die US-Notenbank angekündigt, das Tempo ihrer Anleiheankäufe weiter zu drosseln und signalisiert, dass sie auch im Jahr 2022 mit leicht höheren Inflationsraten rechnet. Die größte Überraschung war, dass nun fast drei Zinserhöhungen im nächsten Jahr von den Notenbankern erwartet werden. Während die soliden Fortschritte auf dem Arbeitsmarkt deutlich hervorgehoben wurden, glauben wir, dass der jüngste Aufwärtstrend bei den Inflationserwartungen ebenso ausschlaggebend war, um den Normalisierungsprozess der Geldpolitik zu beschleunigen. In der Pressekonferenz wies der Vorsitzende Jerome Powell darauf hin, dass sich die Einschätzung sowohl hinsichtlich der Inflation als auch hinsichtlich der Beschäftigung weiterentwickelt hat. Während man nun einen höheren Preisdruck über ein breiteres Spektrum von Gütern und Dienstleistungen sieht, betonte er auch die „raschen" Fortschritte in Richtung maximale Beschäftigung.
Es scheint als sei die heutige Entscheidung eine erste Maßnahme, um die Glaubwürdigkeit der Fed als Inflationsmanager wieder herzustellen. Gerechtfertigt wurde dies jedoch auch durch einen gestiegenen Optimismus in Bezug auf eine „schnelle“ Annäherung an die maximale Beschäftigung. Eine weitere Drosselung der Ankäufe bringt die US-Notenbank implizit in eine Situation, in der die Zinsen bereits im zweiten Quartal 2022 angehoben werden können – sollte die Inflation erneut überraschen. Das Ziel der maximalen Beschäftigung bleibt jedoch weiterhin etwas nebulös. Ausgehend von den heutigen Ausführungen könnte die maximale Beschäftigung durchaus eine Situation sein, in der eine Erwerbsquote unterhalb jener von vor der Pandemie erreicht wird. Dies impliziert jedoch ein höheres Lohnniveau und somit auch etwas höhere Inflationsraten über einen längeren Zeitraum – etwas, das wir in den aktualisierten Prognosen für die Zeit nach 2022 noch vermissen.
Christian Scherrmann ist US-Volkswirt und Senior Research Analyst bei der DWS Group in Frankfurt am Main. Der börsennotierte Vermögensverwalter im Mehrheitsbesitz der Deutschen Bank beschäftigt rund 3.500 Mitarbeiter weltweit und verwaltet ein Vermögen in Höhe von 820 Milliarden Euro.