Pflegeimmobilien-Investments in Zeiten der Corona-Pandemie
EXXECNEWS-Autor Nils Harde, Vorstand der INP Holding, beleuchtet die Situation von Pflegeimmobilien-Investments in Zeiten der Corona-Pandemie. In Deutschland erwartet er auch zukünftig eine Reihe treibender Faktoren für eine steigende Nachfrage nach Pflegekapazitäten:
Die deutsche Volkswirtschaft ist gut in das Jahr 2020 gestartet – dann kam im Frühjahr die Corona-Pandemie, die wie kein anderes Ereignis in der Nachkriegszeit nicht nur unser gesamtes gesellschaftliches Leben grundlegend verändert, sondern auch mit massiven Auswirkungen die wirtschaftliche Entwicklung beeinträchtigt hat. Insbesondere die Wirtschaftszweige der Tourismusbranche, des Veranstaltungs-, Hotel- und Gaststättengewerbes sowie des gesamten Kultur- und Sportbereichs haben enorme Umsatzeinbrüche zu verkraften.
Auch die Immobilienwirtschaft bleibt dabei nicht von der Krise verschont, wenngleich die Auswirkungen hier bislang weniger schwerwiegend als in anderen Wirtschaftszweigen ausfallen. Offene Immobilienfonds beispielsweise konnten sich in der Corona-Krise weiterhin als sicheres Investitionsvehikel behaupten. Wie Zahlen der Deutschen Bundesbank zeigen, hatten offene Immobilien-Publikumsfonds auch in den zurückliegenden Monaten positive Nettomittelzuflüsse zu verzeichnen. Sogar im April, dem Monat mit den strengsten Shutdown-Regelungen in Deutschland, flossen den Fonds netto rund 300 Millionen Euro zu. Im Monat März, der in der zweiten Hälfte auch bereits stark von der Krise geprägt war, erhielten die Fonds netto rund 670 Millionen Euro an Anlegergeldern. Im Mai lagen die Zuflüsse bei 380 Millionen Euro. Zum Vergleich: Im Januar und Februar 2020 waren es noch 1,9 Milliarden beziehungsweise 1,3 Milliarden Euro. Die Zahlen zeigen: Das Mittelaufkommen ist in der Krise zwar zurückgegangen, aber dennoch weiterhin auf hohem Niveau. Auch das Nettofondsvermögen der Branche entwickelt sich positiv. Mitten in der Krise – im Monat April 2020 – knackten die Fonds die Marke von 110 Milliarden Euro.
Die hohe Volatilität an den Börsen sowie die Verlängerung und Ausweitung der Nullzinspolitik führt gerade in der derzeitigen Krisensituation zu einem weiter steigenden Interesse der Investoren an sicheren, konjunkturunabhängigen Immobilieninvestitionen. In anderen Fondsklassen sind hingegen hohe Mittelabflüsse zu verzeichnen.
Herausforderungen für Eigentümer und Betreiber
21,5 Prozent der Einwohner Deutschlands sind älter als 65 Jahre und gehören damit zur Risikogruppe, deren gesundheitliche Beeinträchtigung ausgelöst durch eine Virusinfektion höher ist als bei jüngeren Menschen. Die derzeit spürbaren direkten Auswirkungen der Corona-Pandemie sind für Einrichtungen zur Pflege und Betreuung älterer Menschen daher mit besonderen Herausforderungen verbunden.
Die zum Schutz der Bewohner und der Mitarbeiter in Pflegeeinrichtungen ergriffenen Maßnahmen wie beispielsweise die Schließung von Tagespflegen, Belegungsstopps für stationäre Einrichtungen in Bayern und Niedersachsen oder auch Quarantäneanordnungen für neue Bewohner haben vereinzelt zu Rückgängen in der Auslastung der Einrichtungen geführt, waren überwiegend jedoch nur temporär und konnten nach Umsetzung von Hygiene- und Infektionsschutzkonzepten weitestgehend wieder zurückgenommen werden. Im Interesse sowohl des Immobilieneigentümers als auch des Betreibers der Einrichtung galt und gilt es weiterhin, im Falle etwaiger Umsatzeinbußen gemeinsam Lösungen zu finden, die das Mietverhältnis und damit den Betrieb der Einrichtung langfristig sichern.
Gestiegenes Transaktionsvolumen
Die aktuell rezessive Marktphase verstärkt die Nachfrage nach defensiven und konjunkturunabhängigen Immobilienanlagen. Dabei schätzen institutionelle Investoren besonders Gesundheits- und Sozialimmobilien, die durch ihren nachhaltigen Cashflow überzeugen können. Das zeigt sich auch im aktuellen Transaktionsgeschehen. Laut einer Analyse des Immobiliendienstleisters CBRE betrug das Transaktionsvolumen für Gesundheitsimmobilien im ersten Halbjahr 2020 rund 888 Millionen Euro – eine Steigerung von sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Mit einem Anteil von 62 Prozent waren Pflegeheime (553 Millionen Euro) erneut die wichtigste Anlageklasse, gefolgt von betreutem Wohnen (228 Millionen Euro), Kliniken (47 Millionen Euro) und Ärztehäusern (44 Millionen Euro). Die Dynamik im Einkaufsverhalten wird durch die hohe Liquidität im Markt zunehmen. Bis Ende des Jahres rechnet CBRE mit einem Investitionsvolumen von bis zu 1,6 Milliarden Euro.
Systemrelevant, nicht nur in der Krise
Zweifellos stellt die Corona-Pandemie die Eigentümer, ganz besonders aber die Betreiber von Pflegeimmobilien vor besondere Herausforderungen. Losgelöst von der momentanen Krisensituation bleiben die zentralen demografischen Entwicklungen wie die Überalterung der Gesellschaft, der medizinische Fortschritt, die geringe Geburtenrate sowie eine hohe Mobilität der Kindergeneration in Deutschland auch zukünftig die treibenden Faktoren für eine steigende Nachfrage nach Pflegekapazitäten.
EXXECNEWS-Autor Nils Harde ist Vorstand der INP Holding AG (Hamburg). Die INP-Gruppe ist ein auf Sozialimmobilien spezialisierter Fondsinitiator und Asset Manager. Die 2005 gegründete Unternehmensgruppe verwaltet bundesweit mehr als 70 Sozialimmobilien mit dem Schwerpunkt auf Pflegeeinrichtungen und Pflegewohnanlagen.
Dieser Gastbeitrag ist zuerst erschienen in EXXECNEWS Ausgabe 20/2020.