Zwischen Hoffen und Warten

Kommentar von Thomas Böckelmann zu den aktuellen Entwicklungen an den Kapitalmärkten. Er hält es für geboten, bei Aktien vorerst weiterhin auf die höchste Qualität zu setzen:

Thomas Boeckelmann
Thomas Böckelmann

Trotz neuen Inflationshöchstständen verlief die zweite Maihälfte mit Kursanstiegen an den Aktienmärkten etwas erfreulicher. Paradoxerweise halfen dabei Rezessionssorgen, die in der Folge weniger starke Zinsanstiege erwarten ließen. Die Hoffnung auf ein Softlanding mit moderatem Wachstum bei zwar höheren, aber akzeptablen Inflationsraten keimte auf. Wir  betrachten trotz hoffnungsvoller Vorzeichen die Entwicklungen in China, aber auch in Russland vorsichtig: Entwicklungen dort können sich positiv als auch negativ – und vor allem rasant – auf die Kapitalmärkte auswirken. Der Investitionsfokus auf Selektivität und Qualität bleibt in der Aktienauswahl der Schlüssel, um rapide Entwicklungen abzufedern und dem Portfolio zu Erfolg zu verhelfen.

Nach einem unangenehmen Monat April bereitete auch der Monat Mai Aktionären zunächst wenig Freude. Nahezu alle Aktienindizes setzten anfänglich die Abwärtsbewegung fort, bevor breitere Kursanstiege einsetzten. Die neue Hoffnung resultiert aus dem Phänomen, dass signifikant steigende Sorgen um das Weltwirtschaftswachstum etwas Druck von den Notenbanken nehmen könnten, die Zinsen zu drastisch zu erhöhen. Auch die Tatsache, dass die Inflation zwar neue Höchststände erklimmt, sich die Anstiegsraten aber deutlich abschwächen, unterstreicht das hoffnungsvolle Szenario, in dem vor allem der US-amerikanischen Notenbank Fed das Kunststück eines sogenannten "Softlandings" der eigenen Wirtschaft – also die Rückkehr zu moderatem Wachstum bei zwar höheren, aber akzeptablen Inflationsraten – gelingt.

Lieferengpässe verzerren Angebot und Nachfrage

Die Marktteilnehmer werden bis dahin aber noch einige Monate lang widersprüchliche Indikatoren und Kennzahlen verarbeiten müssen. Zu verzerrt ist angesichts der globalen Lieferkettenstörungen das Angebots- und Nachfrageverhalten von Staaten, Unternehmen wie privaten Haushalten. Dabei besteht die Hoffnung, dass es in den nächsten Monaten zu einem Abbau der Lieferengpässe kommen kann. So deutet China in den letzten Tagen eine teilweise Aufhebung der strengen Anti-Covid-Maßnahmen in den wichtigsten Wirtschaftszentren an. Auch die Weltgesundheitsorganisation WHO beschreibt eine gestiegene Wirksamkeit des chinesischen Impfstoffes nach einer multiplen Dosis. Dennoch bleibt die Unsicherheit, ob die chinesische Administration im Zweifel nicht doch erneut Lockdowns präferieren wird und auch welche langfristigen Folgen die erfahrenen Lieferengpässe auf das Verhalten der Unternehmens- und auch Konsumentenwelt haben werden.

Vorsichtiger Optimismus bei Ukraine-Konflikt

Auf der geopolitischen Seite verdichteten sich die Anzeichen, dass Russland als neues offizielles Kriegsziel die Annexion des ukrainischen Ostens verfolgt – etwas, was schon seit der Annexion der Krim befürchtet wurde. Sollte sich die russische Aggression endgültig auf den Osten reduzieren, ist ein Neubeginn von Verhandlungen zumindest denkbar. Dennoch bliebe Russland vermutlich vorerst weiter von den Weltmärkten ausgeschlossen und auch die Sanktionen blieben intakt. Letztere wirken weiterhin inflationär, da sie die Grundversorgung an Energie und wichtigen Lebensmitteln verknappen und auch der Industrie fehlen weiterhin wichtige Grundstoffe für ihre eigenen Wertschöpfungsketten.

Licht am Ende des langen Tunnels

Die Entwicklungen im Mai haben verdeutlicht, dass es zwar Licht am Ende des Tunnels gibt, dieser Tunnel sich aber weitaus länger hinzieht als gedacht. Auch sind politische Fehler bei den Notenbanken aber auch weitere geopolitische Eskalationen weiterhin nicht auszuschließen. In der Folge erachten wir die Kapitalmärkte nach den schweren Einbrüchen seit Jahresbeginn als aktuell fair gepreist. Positive Entwicklungen in China aber auch in Russland könnten zu rasanten Anstiegen, negative Schocks entsprechend wieder zu Verwerfungen führen. Fakt ist – nachdem einige Aktien teilweise 80 Prozent und mehr von ihren Höchstständen verloren haben, blicken wir auf attraktive Bewertungen in vielen Sektoren und Regionen. Dennoch scheint es geboten, vorerst weiterhin auf die höchste Qualität bei Aktien zu setzen.
Die Berichtssaison der Unternehmen zum ersten Quartal 2022 ist besser ausgefallen als erwartet, die Aktivitäten haben aber auch nur wenige Wochen unter dem Eindruck des Ukraine-Krieges gestanden. Eine weitere Verfestigung der Lieferkettenstörungen und der inflationären Tendenzen wird sicher zu nachhaltigen Reaktionen der Unternehmen führen – dabei agieren diese im Umfeld aktueller Ungewissheit. Für uns als Investoren bleibt daher der Fokus auf Qualität in der Auswahl wichtig, denn weltweit führende bilanzstarke Unternehmen können am ehesten etwaige Fehlentscheidungen verkraften. Unser größtes Aktiengewicht liegt in den meisten Strategien auf profitablen Weltmarktführern mit entsprechender Preissetzungsmacht und bilanziellen Polstern

Weitere Anlageklassen

Bei Anleihen investieren wir selektiv in jene mit einer "Sicherer Hafen"-Charakteristik. Trotz des gestiegenen Zinsniveaus bleiben sogenannte Liquid Alternatives als Rentenersatz interessant. Auch Gold bleibt unverändert unser Favorit als Versicherung in Multi-Asset-Strategien. So blicken wir zwar vorsichtig, aber optimistisch in die Zukunft: Wir bleiben konstruktiv optimistisch bei hoher Bereitschaft, bei sich ändernder Nachrichtenlage auch kurzfristig zu agieren.

Thomas Böckelmann ist Geschäftsführer und leitender Portfoliomanager der Vermögensmanagement Euroswitch GmbH, einer bankenunabhängigen Vermögensverwaltung mit Sitz in Frankfurt am Main. Das 1992 gegründete Unternehmen verwaltet gegenwärtig ein Vermögen in Höhe von 150 Millionen Euro in traditionellen und alternativen Investmentstrategien.

www.euroswitch.de

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