Müssen Verwahrstellen bei einer Immobiliengesellschaft durchschauen - auch wenn diese ein AIF ist
Investiert ein Immobilien-Sondervermögen oder ein offener Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen in eine oder mehrere Immobiliengesellschaften, obliegt es der jeweiligen Verwahrstelle, auch diese zu überwachen. Diese Durchschaupflicht soll gewährleisten, dass der Schutz der Anleger auch in mehrstöckigen Strukturen gewahrt bleibt. Wie aber sieht es aus, wenn es sich bei der Immobiliengesellschaft selbst um einen Alternativen Investmentfonds (AIF) handelt? Diese Konstellation, von der BaFin unter einigen Voraussetzungen mittlerweile ausdrücklich erlaubt, wirft Fragen im Zusammenhang mit dem Look-Through-Ansatz auf, schreibt Robert Guzialowski, Leiter Real Assets Deutschland bei Hauck & Aufhäuser Privatbankiers, in Ausgabe 20 /2019 von EXXECNEWS.
Für viele Immobilien-Sondervermögen und Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen ist der Erwerb von Anteilen an einer Immobiliengesellschaft, die sich zugleich als AIF qualifiziert, eine wichtige Investmentoption. Schließlich gibt es gerade im europäischen, aber auch im außereuropäischen Ausland etliche steuerlich effiziente Strukturen, die in ihrem jeweiligen Regime als AIF gelten – gleichzeitig aber alle Merkmale einer Immobiliengesellschaft im Sinne des hiesigen Regulators aufweisen. Nicht selten sind die attraktivsten Immobilien in derartige Strukturen verpackt, beispielsweise in französische „Organismes de Placement collectiv en Immobilier“ (OPCI).
Herrschte nach Einführung des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB) zunächst Unsicherheit darüber, ob derartige Vehikel angesichts ihres Doppelcharakters überhaupt zulässige Anlagegegenstände für offene Immobilienfonds und offene Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen sind, hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) in einer Auslegungsentscheidung im vergangenen Jahr für Klarheit gesorgt (Geschäftszeichen WA 42-QB 4100-2016/0005): Ein AIF kann durchaus gleichzeitig als Immobiliengesellschaft gelten, wenn einige Bedingungen erfüllt sind. Der Erwerb eines AIF als Immobiliengesellschaft ist für Immobilien-Sondervermögen nach §§ 231 ff. KAGB und offene Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen nach § 284 KAGB somit unter einigen Voraussetzungen zulässig.
Zu diesen Voraussetzungen zählt, dass der AIF als Immobiliengesellschaft eine mit den Vorgaben des KAGB vereinbare Gesellschaftsform aufweist, also als Investment KG oder Investment AG, nicht aber als Sondervermögen strukturiert ist. Zudem muss die Beteiligung an dem AIF mitgliedschaftlicher Art sein, sofern es sich nicht um eine bloße Minderheitsbeteiligung handelt. Ferner müssen naturgemäß die übrigen Erwerbbarkeitsvoraussetzungen des KAGB sowie die einschlägigen Vorschriften im Investmentbereich beachtet werden.
Diese BaFin-Auslegung erscheint zunächst so erfreulich wie eindeutig. Sie wirft allerdings neue Fragen auf, die insbesondere die aufsichtsrechtlichen Pflichten der Verwahrstelle des jeweiligen Immobilienfonds betreffen, der eine derartige Beteiligung eingeht – Stichwort: Look-Through-Ansatz. Muss die Verwahrstelle Eigentumsverhältnisse einer Immobiliengesellschaft, an der ein von ihr überwachter Fonds Anteile hält, auch dann prüfen, wenn es sich bei ihr gleichzeitig um einen AIF handelt?
Diese Frage lässt sich nicht allein durch Rückgriff auf das KAGB und die mit diesem verbundenen Normen beantworten. Schließlich bedurfte es bereits der BaFin-Auslegung, um überhaupt den möglichen doppelten Charakter der Immobiliengesellschaft als AIF zu würdigen. Zieht man eine weitere Gesetzesauslegung der Aufsichtsbehörde hinzu, ergibt sich zumindest ein erster Anhaltspunkt: So stellt das Verwahrstellenrundschreiben der BaFin klar, dass die Verwahrstelle ihre Kontrolltätigkeit grundsätzlich auf die Ebene der Immobiliengesellschaften zu erstrecken hat. Andernfalls liefen die Vorgaben zum Schutz der Anlegerinteressen in mehrstöckigen Anlagestrukturen weitgehend leer und könnten sogar gezielt umgangen werden.
Diese Auslegung gilt jedoch nicht ohne Einschränkung. Sie ist vielmehr auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen die Immobiliengesellschaft keine eigene Anlagestrategie verfolgt, sondern lediglich als Vehikel zur Umsetzung der Anlagestrategie der Portfolioverwaltung dient. Dieses Abgrenzungskriterium der BaFin führt dazu, dass eine Immobiliengesellschaft, die zugleich AIF ist, nicht vom Look-Through-Ansatz erfasst wird. Denn eine solche verfolgt schon qua Qualifizierung als Investmentvermögen stets eine Anlagestrategie.
Ein Look-Through-Gebot ist demnach in dieser Konstellation von der BaFin nicht vorgesehen. Aus gutem Grund, wenn man das europäische Regelwerk hinzuzieht: So sieht die europäische Level-2-Verordnung vor, dass der Look-Through-Ansatz für Finanz- und Rechtsstrukturen nicht für Dachfonds oder Master-Feeder-Strukturen gilt, wenn der Zielfonds über eine Verwahrstelle verfügt, die bezüglich der Vermögenswerte dieses AIF die Eigentumsverhältnisse überprüft und die Aufzeichnungsfunktion wahrnimmt. Denn hier findet lediglich eine Umverteilung der Prüfung von der Verwahrstelle des Immobilien-Sondervermögens auf die Verwahrstelle der Immobiliengesellschaft statt.