EU-Kommission schafft einheitliche Regelungen für Kryptowährungen

Sven Hildebrandt
Dr. Sven Hildebrandt

Anfang Oktober meldete die Verwahrstellte BNP Paribas Security Services, dass sie einen Proof-of-Concept zur sicheren Übertragung digitaler Assets unter Nutzung einer Ethereum-Blockchain durchgeführt habe. Nach der kürzlich erfolgten Gründung einer eigenen Kapitalverwaltungsgesellschaft für digitale Assets durch Hauck & Aufhäuser Privatbankiers (DFPA berichtete) ist dies ein weiteres Anzeichen für die zunehmende Bedeutung digitaler Assets bei etablierten Finanzmarktteilnehmern. Parallel dazu wird nach und nach bekannt, welche Vision die EU-Kommission für die Zukunft der Krypto-Märkte in Europa entwickelt hat. Ihren Mitte September veröffentlichten Regulierungsentwurf für Kryptowährungen kommentiert Dr. Sven Hildebrandt, geschäftsführender Gesellschafter der DLC Distributed Ledger Consulting GmbH, für DFPA und EXXECNEWS:

Der Entwurf für eine EU-Verordnung über „Markets in Crypto Assets“ (MiCA) stellt auf mehr als 150 Seiten ein eigenständiges aufsichtsrechtliches Regime für die Emission und den Handel verschiedener Token-Arten dar. Hinzu kommen Regelungen zu Erlaubnispflichten und Aufsichtsbefugnissen in Bezug auf bestimmte Dienstleister. Erfasst sind davon insbesondere Custodians, Handelsplattformen (Exchanges) und Broker. Die Verordnung wird, wenn sie in Kraft getreten ist, ohne Umsetzung in nationales Recht in allen Mitgliedsstaaten unmittelbar anwendbar sein.

Anders als der Titel der Verordnung vermuten lässt, sind jedoch nicht alle Arten von Crypto Assets von der Verordnung erfasst. Insbesondere echte Security Token, also solche Token, die bereits nach der MiFID-Richtlinie als Finanzinstrumente gelten, fallen aus dem Anwendungsbereich der Verordnung heraus. Auf sie sind weiterhin allein die MiFID-Regelungen und die entsprechenden Umsetzungsgesetze in den EU-Mitgliedsstaaten anwendbar. Was heißt das konkret?

Finanzinstrumente sind zum Beispiel Aktien, Anleihen oder Fondsanteile. Bei ihnen ist schon heute unerheblich, ob es sich um „klassische“ Wertpapiere mit Papierurkunde oder um digitale Instrumente handelt. Entscheidend ist nicht die Form der Ausgabe (Papier oder digital), sondern der Inhalt. Gleiches gilt, zumindest nach Auffassung der BaFin, für Security Token Offerings. Die BaFin betrachtet sie als Finanzinstrumente im Sinne der MiFID. Sie werden nach dieser Lesart von der MiCA daher nicht erfasst. Das wird nicht in allen EU-Staaten so gesehen. Ob die BaFin angesichts der MiCA-Regulierung weiter an ihrer Auffassung festhalten wird, bleibt abzuwarten.

Auch der kürzlich veröffentlichte Entwurf eines Gesetzes über elektronische Wertpapiere ist von der Verordnung nicht betroffen: Er betrifft ausschließlich „klassische“ Wertpapiere in elektronischer Form.

Kryptowährungen und Utility Token

Dementsprechend konzentriert sich die EU-Verordnung auf die sonstigen Crypto Assets: Kryptowährungen wie Bitcoin und Ether sowie sogenannte Utility Token, die zum Beispiel Zugangs- und Nutzungsrechte innerhalb von Netzwerken repräsentieren können, werden von der MiCA erfasst. Sie erfasst auch sogenannte asset-referenced token. Dabei handelt es sich um Stablecoins, die mit Zentralbankwährungen und/oder Commodities und/oder anderen Crypto Assets unterlegt sind.

Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf den sogenannten significant asset-referenced token. Aufgrund ihrer Verbreitung und Marktkapitalisierung sieht die EU-Kommission die Gefahr, dass sie eine Bedrohung für die Finanzstabilität und die geldpolitische Hoheit der Notenbanken darstellen können. Dabei hatte die Kommission wohl insbesondere Facebooks „Libra“ im Auge. Die Aufsichtsbehörden sollen nach dem Wunsch der Kommission Auswirkungen solcher Stablecoin-Projekte auf die Finanzstabilität zukünftig stärker berücksichtigen können. Für significant asset-referenced token sind zudem strengere aufsichtsrechtliche Regelungen vorgesehen.

Ist ein Token dagegen nur mit einer einzigen Zentralbankwährung unterlegt, lautet also auf Euro oder US-Dollar, handelt es sich um einen e-money token. Auf e-money token ist die MiCA ebenfalls anwendbar. Im Übrigen unterliegt E-Geld weiterhin allein der E-Geld-Richtlinie.

Whitepaper und robuste IT: Was Token-Emittenten zu erwarten haben

Emittenten von Token, die unter die geplante Verordnung fallen, müssen vor dem Launch ein Whitepaper veröffentlichen, das bestimmte Anforderungen erfüllen muss. Vor der Veröffentlichung muss das Whitepaper bei der Aufsichtsbehörde eingereicht werden. Eine Prüfung und Genehmigung des Whitepapers ist nicht vorgesehen. Ein einmal eingereichtes und veröffentlichtes Whitepaper berechtigt zum Angebot eines Tokens in der gesamten EU.

Ausnahmen gibt es für kleinere oder auf professionelle Anleger beschränkte Emissionen sowie für Token, die durch Mining erworben oder kostenlos ausgegeben werden, etwa im Rahmen von Airdrops.

Zudem unterliegen die Emittenten künftig bestimmten Verhaltenspflichten, müssen eine robuste IT-Infrastruktur vorhalten und Sicherheitsanforderungen erfüllen.

Endlich EU-weites Passporting in Sicht

Nicht nur einmal eingereichte und veröffentlichte Whitepaper sollen nach dem Verordnungsentwurf Gültigkeit in der gesamten EU beanspruchen; auch eine Erlaubnis zur Erbringung von Dienstleistungen in Bezug auf die erfassten Crypto Assets muss nur einmal – ausgehend von einer (einzigen) Niederlassung in der EU – beantragt und erteilt werden. Crypto Exchanges, Broker oder Custodians könnten ihre Services dann in jedem Mitgliedsstaat anbieten.

Welche konkreten Erwartungen die Aufsichtsbehörden in diesem Zusammenhang an geeignete Geschäftsleiter, Risikomanagement, Compliance etc. stellen werden und welche Kapitalanforderungen jeweils gelten werden, ist noch nicht klar. Es ist daher noch nicht absehbar, welche Auswirkungen die Verordnung mit ihrem umfangreichen Pflichtenprogramm auf junge FinTechs und die Innovationskraft in der Branche haben wird.

Wann wird die MiCA gelten?

Noch handelt es sich bei der MiCA um einen Entwurf, der durch das oft langwierige europäische Gesetzgebungsverfahren muss. Zudem sieht die Verordnung selbst eine Übergangsfrist von 18 Monaten nach Inkrafttreten vor, bis die Regelungen Anwendung finden sollen. Es wird also noch einige Zeit dauern, bis die MiCA Realität wird.

Auswirkungen auf den Standort Deutschland

Die BaFin behandelt Kryptowährungen wie Bitcoin und Ether schon seit Jahren als Finanzinstrumente. Inzwischen ist das im Kreditwesengesetz auch gesetzlich festgeschrieben. Schon heute benötigen daher Crypto Exchanges, Broker oder Custodians einer Erlaubnis der BaFin, wenn sie am deutschen Markt aktiv werden wollen. Viele ausländische Krypto-Unternehmen tragen sich deshalb schon länger mit der Erwägung, Deutschland als Standort für den Markteintritt in Europa oder die weitere Expansion zu wählen. Hieraus folgt: Deutschland ist als Markt äußerst attraktiv, und auch außerhalb Deutschlands schafft die Regulierung das Vertrauen, das nötig ist, um neue Kundenkreise zu erschließen oder finanzkräftige Investoren zu gewinnen. Hinzu kommt die Erwartung, dass ohnehin eine europäische Regelung kommen wird. Die BaFin-Erlaubnis soll dann die Voraussetzung schaffen, um im Zeitpunkt einer europäischen Regelung möglichst nahtlos den europäischen Markt bedienen zu können. Gerade große Krypto-Unternehmen, die auf Expansionskurs sind, beantragen derzeit eine BaFin-Erlaubnis oder stehen kurz davor – da die MiCA für die ohnehin bereits von der BaFin regulierten Krypto-Unternehmen keine besondere Hürde darstellen dürfte.

Fazit: Wir begrüßen, dass durch die Wahl des Instruments der Verordnung europaweit einheitliche Regelungen geschaffen werden, die diesbezügliche Arbitrage verhindern. Interessant wird die Reaktion der professionellen Marktteilnehmer sein, die ja zumindest in Deutschland schon länger rechtssicher in native Kryptoassets wie beispielsweise Bitcoin investieren können – wir halten ein exponentielles Wachstum von Digitalen Assets in institutionellen Portfolien für wahrscheinlich, da sich nach deren großem Erfolg in der Vergangenheit niemand wird vorwerfen lassen wollen, auch den nächsten Trend verpasst zu haben. Dies zeigt auch das exponentiell steigende Engagement klassischer Marktteilnehmer in diesem Bereich, der aktuell besonders im Bereich Custody zu beobachten ist. Sicher ist, dass insbesondere die Frage nach adäquatem Personal in Zukunft von großer Bedeutung sein wird.

EXXECNEWS-Autor Dr. Sven Hildebrandt ist geschäftsführender Gesellschafter der DLC Distributed Ledger Consulting GmbH in Hamburg. Das Unternehmen bietet semiprofessionellen und professionellen Finanzmarktakteuren vollumfängliche Beratungsdienstleistungen rund um Distributed-Ledger-Technologien wie beispielsweise Blockchains. Der Gastkommentar ist in einer gekürzten Fassung auch erschienen in EXXECNEWS Ausgabe 21/2020.

www.distributed-ledger-consulting.de

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