Grundfähigkeitsrating: Viele Versicherer, viele Top-Tarife, (zu) viele Leistungsauslöser
Für das Grundfähigkeitsrating 2022 untersuchte die Ratingagentur Franke und Bornberg das Angebot von 26 Gesellschaften. 45 Prozent der Tarife erreichten die höchste Auszeichnung „FFF+“ (hervorragend). Das gute Ergebnis geht nur selten auf neue Leistungsauslöser zurück.
Immer mehr Versicherer drängten in das Geschäft mit Grundfähigkeitsversicherungen (GF). Seit Einführung des neuen GF-Kriterienkatalogs von Franke und Bornberg im Jahr 2019 ist der Kreis der Anbieter von damals 17 auf jetzt 26 Gesellschaften gewachsen. Weitere Versicherer stehen aktuell kurz vor der Markteinführung. Diese Entwicklung zeigt: BU-Versicherer wollen das attraktive Geschäftsfeld nicht länger dem Wettbewerb überlassen. Die GF-Versicherung komplettiert ihr Angebot zur Absicherung der Arbeitskraft. Michael Franke, Gründer und Geschäftsführer von Franke und Bornberg, erläutert die Ursachen für das steigende Interesse: „Versicherer entdecken zunehmend, dass die Grundfähigkeitsversicherung ihr BU-Geschäft nicht kannibalisiert. Ganz im Gegenteil – sie bietet ihnen zusätzliche Absatzchancen bei Menschen, die wegen ihres Berufes oder aufgrund von Vorerkrankungen keinen bezahlbaren BU-Schutz erhalten würden.“
In der Grundfähigkeitsversicherung seiVielfalt gefragt. Gerade Newcomer unter den Anbietern setzen auf Bausteinkonzepte. Die haben allerdings ihren Preis. Mit jedem zusätzlichen Feature steigen Prämie und Komplexität des Vertrages. Als weiterer Trend erweist sich die Aufspaltung etablierter Grundfähigkeiten in detaillierter beschriebene Leistungsauslöser, auch „Stripping Down“ genannt. Beim Stripping Down wird zum Beispiel die Grundfähigkeit „Sehen“ mit „Bildschirmtätigkeit“ flankiert, und zu der Grundfähigkeit „Hände gebrauchen“ gesellt sich die neue Fähigkeit „Benutzung elektronischer Geräte wie Smartphones, Tablets oder Gamecontroller“. Franke betrachtet diese Entwicklung mit Skepsis: „Stripping Down bietet häufig keinen belastbaren Mehrwert. Es setzt vor allem das Kopfkino in Gang. Das Smartphone, ein Tablet oder die geliebte Spielekonsole nicht mehr nutzen zu können, kommt für viele Menschen einem GAU gleich. Und erhöht ihre Bereitschaft, für diese Fälle vorzusorgen.“ Die Erweiterung des Leistungskatalogs um berufsbezogene Fähigkeiten machen die Analysten von Franke und Bornberg als weiteren Trend bei GF-Tarifen aus. Beim Versuch, einzelne Berufsgruppen gezielt anzusprechen, kämen teils echte, teils weniger belastbare zusätzliche Leistungsauslöser heraus, sagt Franke. „Hier beobachten wir mittlerweile Fähigkeiten wie Ein- und Aussteigen in die/ aus der Lok, einen Lkw oder Bus fahren sowie das Benutzen von Atemschutzgeräten. Von den klassischen Grundfähigkeiten wie Sehen, Stehen oder Hören ist das meilenweit entfernt.“
Das neue GF-Rating untersucht 97 Tarife von 26 Gesellschaften nach bis zu 74 Kriterien (Stand September 2022). Franke und Bornberg unterscheidet dabei zwischen „Grundfähigkeit“ und „Grundfähigkeit Plus“. Tarife der Plus-Variante bieten Zusatzbausteine mit weiteren Leistungsauslösern. Dazu zählt zum Beispiel Versicherungsschutz bei schweren Krankheiten. Die Höchstnote „FFF+“ erhalten nur Tarife, die alle 15 Grundfähigkeiten in der geforderten Qualität absichern. Das Tarifniveau sei erfreulich hoch. Jeder zweite Tarif erreicht die Bewertungsklassen „Hervorragend“ („FFF+“) oder „Sehr gut“ („FFF“). Mit dem Trend zu immer neuen Leistungsauslösern sinke die Vergleichbarkeit. Ohne ein belastbares Rating liefen Vermittler und Verbraucher Gefahr, sich von Marketing-Gimmicks blenden zu lassen. (DFPA/mb1)
Die Franke und Bornberg GmbH in Hannover analysiert und bewertet seit 1994 Versicherungsprodukte und -unternehmen.