A.T. Kearney: Deutsche Banken müssen die Realwirtschaft stärker unterstützen
Die deutschen Kreditinstitute stecken tief in der Krise: Während Industrie-Unternehmen Wachstumsraten bis zu sechs Prozent pro Jahr erzielen, stagnieren die Geschäfte der Banken. Gleichzeitig erwarten Firmenkunden und Privatanleger eine stärkere Förderung durch die Finanzbranche. Zu diesen Ergebnissen kommt die Studie „Wer wird unsere Zukunft finanzieren?“ der Managementberatung A.T. Kearney, die Teil der Initiative "Deutschland 2064 - Die Welt unserer Kinder“ ist, die das Unternehmen im vergangenen Jahr gestartet hat.
„Die Banken müssen zum Beispiel ihr internationales Geschäft ausweiten, damit sie wieder wachsen können“, sagt Andreas Pratz, Partner bei A.T. Kearney und Leiter der Financial Institutions Group für Deutschland, Österreich und die Schweiz.
Ein Ergebnis der Erhebung: Bei der Globalisierung liegen die Banken weit hinter der Industrie zurück. Die deutschen Großunternehmen und viele Mittelständler erzielten längst 40 bis 70 Prozent ihrer Umsätze im Ausland. Die Kreditinstitute machten ihre Geschäfte jedoch im Mittel nur zu rund einem Viertel jenseits der deutschen Grenzen. „Der Bedarf für eine begleitende Unterstützung bei der Globalisierung ist eindeutig da“, stellt Finanzexperte Achim Kaucic von A.T. Kearney fest.
Infolge der globalen Finanzkrise werden die Banken heute wesentlich schärfer reguliert als zuvor. Daher wanderten riskante Geschäfte vielfach zu Schattenbanken wie Geldmarktfonds und Hedgefonds ab, so das Fazit der Studie. „Vom Schattenbankensystem können systemische Risiken ausgehen, die das gesamte Finanzsystem gefährden“, warnt Pratz. Diese Institute müssten daher global reguliert und überwacht werden.
Die Banken verlören für die Realwirtschaft immer mehr an Bedeutung, so die Unternehmensberater. Noch im Jahr 2000 finanzierten die deutschen Unternehmen ihre Investitionen zu rund 97 Prozent mit langfristigen Bankkrediten; Anleihen machten damals nur drei Prozent aus. Bis 2013 sei der Anteil von Unternehmensanleihen an der langfristigen Finanzierung jedoch auf 37 Prozent gestiegen. In absehbarer Zukunft könne dieser Anteil auf rund 50 Prozent ansteigen.
Auch in der Digitalisierung bestehe Nachholbedarf. „Weltweit geben Finanzdienstleister rund 485 Milliarden US-Dollar größtenteils für das upgraden alter IT-Systeme aus, anstatt in die Entwicklung neuer Produkte, Geschäftsmodelle und die Digitalisierung zu investieren,“ so Kaucic. „Gleichzeitig gibt es neue Spieler im Markt, die durch viel Geld - von branchenfremden Unternehmen sowie durch Venture Capital oder Finanzinvestoren - mit mehr als 24 Milliarden US-Dollar unterstützt werden.“
Auch Sparer und Privatkunden benötigen der Studie zufolge mehr Unterstützung durch die Banken. Millionen Bürgern drohe Altersarmut, wenn Staat und Finanzwirtschaft keine neuen Lösungen für die Altersvorsorge schafften. Große Teile des Finanzvermögens seien zinsarm angelegt. „Die Banken sollten Privatanlegern ein stärkeres Engagement in der Wirtschaft und damit an deren Wachstum schmackhaft machen“, empfiehlt Pratz. Als Alternative verweist der Finanzexperte auf das Beispiel Norwegen, das einen staatlichen Pensionsfonds aufgebaut hat. „Mit der Kompetenz der Finanzwirtschaft und der Fürsorgetradition des Staates könnte hier ein Erfolgsmodell für Deutschland geschaffen werden.“
Quelle: Pressemitteilung A.T. Kearney
A.T. Kearney ist eine Managementberatung mit Niederlassungen in mehr als 40 Ländern. Das Unternehmen wurde 1926 gegründet. (mb1)