Aktienmärkte trotzen dem politischen Stress

Till Christian Budelmann
Till Christian Budelmann

Marktkommentar von Till Christian Budelmann von der Schweizer Privatbank Bergos Berenberg. Er meint: Zündstoff für die Märkte liefern er vor allem der Handelskrieg, die anstehenden US-Wahlen und in Europa der Brexit:

Die Unsicherheit an den Kapitalmärkten hat zugenommen. Politische Themen aus aller Welt beeinflussen die Anlageentscheidungen der Investoren. Nur wenige davon sind strukturell jedoch wirklich wichtig. Zündstoff für die Märkte sehen wir vor allem beim Handelskrieg, den anstehenden US-Wahlen und in Europa beim Brexit. Eine niedrige relative Bewertung und eine defensive Positionierung der Investoren verleihen Aktien jedoch eine gewisse Widerstandskraft.

An den Kapitalmärkten herrscht politischer Stress. Diverse Themen sorgen für Unsicherheit bei den Investoren. Allerdings sollten diese zwischen eher kurzfristigen Problemen, um die viel Lärm gemacht wird, und solchen die wirklich strukturelle Änderungen mit sich bringen unterscheiden. Als ein „Lärm-Thema“ werten wir beispielsweise Italien, um das es nach der Bildung der neuen Regierung aber ohnehin erst einmal ruhiger werden dürfte. Auch vom Iran-Konflikt erwarten wir zur Zeit keine großen Auswirkungen auf die Kapitalmärkte, zumindest nicht, solange dieser nicht eskaliert und sich gar zu einem Krieg zuspitzt. Und der Nordkorea-Konflikt ist ohnehin eher politischer als wirtschaftlicher Natur.

Der US-Konsument hält die Weltwirtschaft am Laufen

Die Proteste in Hongkong sollten Investoren schon eher im Auge behalten, da China im Hintergrund steht. Hier könnte es zu Auseinandersetzungen mit der westlichen Welt kommen, wie man mit den Protesten umgehen soll und das wiederum würde in eines der wirklich strukturell wichtigen Themen hineinspielen: den Handelsstreit. Die noch vor einigen Monaten weit verbreitete Hoffnung, dass sich der US-chinesische Handelskrieg demnächst komplett auflösen würde, ist nahezu gestorben. Eine strukturelle Lösung des Konflikts scheint mittlerweile unwahrscheinlich. Eventuell wird es eine Teilvereinbarung geben, dann könnte sich US-Präsident Donald Trump als Dealmaker im anstehenden Wahlkampf präsentieren. Wir sehen die Entwicklung als eine Art Kalten Krieg, der uns womöglich noch lange begleiten wird.

Dieser kommt zu einem Zeitpunkt, zu dem die Weltwirtschaft ohnehin schwächelt. Im industriellen Bereich herrscht bereits eine globale Rezession. Es gibt jedoch einen großen Retter, der die Weltkonjunktur am Laufen hält: den amerikanischen Konsumenten. Der US-Verbraucher konsumiert fleißig und wir sehen noch keine Anzeichen, dass sich dies bald ändert. Die Konsumentenstimmung ist weiterhin gut. Auch die jüngsten Quartalsberichte der US-Einzelhändler fielen zufriedenstellend aus. Für 2019 und 2020 erwarten wir daher keine Rezession in den USA. Einen anhaltenden und sich ausweitenden Handelskrieg werten wir jedoch als starke Belastung.

Trump ist vom Hoffnungsträger zur Belastung der Märkte geworden

Ein weiteres Thema, das unserer Ansicht nach Zündstoff für die weltweiten Kapitalmärkte bietet, sind die US-Präsidentschaftswahlen im kommenden Jahr. Die Wahrscheinlichkeit einer Wiederwahl von Donald Trump liegt zurzeit – je nachdem gegen welchen demokratischen Kandidaten er antreten muss – bei etwas unter bis etwas über 50 Prozent. Trump war bislang mit seiner Deregulierung und seiner Steuerreform als positiv für die Aktienmärkte zu werten. Diese marktfreundlichen Elemente seiner Politik sind jetzt jedoch gelaufen. Negativ aus Marktsicht ist hingegen seine Einstellung zum Handel und die scheint derzeit eher extremer als versöhnlicher zu werden. Trump ist kein Hoffnungsträger mehr für die Märkte, sondern ist zur Belastung geworden. Deutlich belastender für die Märkte dürfte es allerdings werden, wenn bei den Demokraten ein Kandidat aus dem sozialistischen Flügel, also etwa Elizabeth Warren oder Bernie Sanders, zunächst die Vorwahlen für sich entscheidet und dann vielleicht sogar Trump als Präsident ablöst. Der demokratische Positivkandidat bleibt hingegen der ehemalige Vize-Präsident Joe Biden, der wirtschaftspolitisch moderate Töne anschlägt.

Ein drittes strukturell wichtiges Thema ist der Austritt Großbritanniens aus der EU. Nachdem Boris Johnson zum Premierminister ernannt wurde, war die Wahrscheinlichkeit eines Austritts noch in diesem Jahr deutlich gestiegen. Nach den jüngsten Entwicklungen ist wieder alles offen. Wann, wie und ob überhaupt der Brexit kommt, ist sehr schwer abzuschätzen, ebenso kann keiner die Auswirkungen eines No-Deal-Austritts wirklich vorhersehen. Vor allem scheint zweifelhaft, ob die Unternehmen tatsächlich so gut vorbereitet sind, wie das von den Marktteilnehmern inzwischen angenommen wird. Grundsätzlich ist der Brexit allerdings in erster Linie ein europäisches Thema und global nur von begrenzter Bedeutung.

US-Notenbank stützt amerikanische Aktien

An den Anleihemärkten sind die Stressauswirkungen bereits erkennbar. Sichere Häfen sind gesucht. Renditen von zehnjährigen US-Staatsanleihen sind deutlich zurückgegangen und die Renditen zehnjähriger Bundesanleihen verzeichnen neue Minusrekorde. An den Aktienmärkten hingegen sind die Unsicherheiten weniger zu spüren, als aufgrund der Schlagzeilen zu erwarten wäre. Der US-Aktienmarkt beispielsweise weist seit Jahresanfang ein zweistelliges Plus aus. Die relativ hohe Widerstandskraft der Aktienmärkte hat jedoch ihre Gründe: Die Aktien-Bewertungen erscheinen im Verhältnis zum Anleihemarkt nicht teuer, sondern sogar eher günstig. Zudem sind die Marktteilnehmer tendenziell vorsichtig positioniert. Sie sind also nicht wie etwa Anfang 2018 mit Aktien vollgesogen, die sie nun auf den Markt werfen können.

Im aktuellen Umfeld halten wir eine neutrale Positionierung bei Aktien für angemessen. Auch wenn der Bullenmarkt in den USA nun schon über zehn Jahre anhält, bevorzugen wir US-Aktien weiterhin gegenüber Aktien aus Europa und den Schwellenländern. Zurzeit befinden wir uns wieder in einem volatilen Seitwärtsmarkt. Die Frage ist, ob noch einmal ein Kurssprung nach oben gelingt. Für die USA würden wir eher sagen ja als nein. Bis ins neue Jahr hinein rechnen wir dort mit einem Anstieg der Kurse. Unterstützt wird der US-Aktienmarkt von der Politik der amerikanischen Notenbank, von der wir weitere Zinssenkungen erwarten.

Till Christian Budelmann ist Kapitalmarktstratege der Schweizer Privatbank Bergos Berenberg, die sich jüngst von der Berenberg-Gruppe gelöst hat. Das Unternehmen ist auf Vermögensverwaltung und Vermögensbetreuung in allen liquiden Assetklassen sowie in alternativen Investments wie Real Estate, Private Equity oder Kunst spezialisiert.

www.bergos-berenberg.ch

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