Der monetäre Kurs der Fed steht nicht mehr auf Autopilot
Kommentar von Franck Dixmier, Allianz Global Investors, im Vorfeld der Fed-Sitzung am 18. und 19. Dezember 2018: Er erwartet, dass bei künftigen Zinsentscheidungen die jeweils jüngsten makroökonomischen Entwicklungen eine größere Rolle spielen werden:
Bei der Beurteilung der US-Wirtschaftsentwicklung gelangen die Märkte und die Notenbank zu sehr unterschiedlichen Einschätzungen. Daher kommt der anstehenden Fed-Sitzung eine große Bedeutung zu. Sollte die Bank die Anleger überraschen, indem sie eine Fortsetzung ihres monetären Straffungskurses ankündigt, könnte dies zu höherer Volatilität und einer steileren US-Zinsstrukturkurve führen.
Die Fed-Sitzung am 18. und 19. Dezember findet vor einer fast schon dramatischen Kulisse statt:
- anhaltender Handelsstreit zwischen China und den Vereinigten Staaten
- wachsende Besorgnis über das Wirtschaftswachstum der USA
- hohe Volatilität und starke Korrektur am US-Aktienmarkt
- Zweifel an der Fähigkeit der Fed, ihren Straffungskurs fortzusetzen
- gesunkene Inflationserwartungen
- eine drastische Abflachung der US-Zinskurve
Das alles spiegelt sich in einer Abwärtsrevision der Zinsänderungserwartungen wider. Die Märkte messen einer Leitzinserhöhung im Dezember inzwischen nur noch eine Wahrscheinlichkeit von etwa 70 Prozent bei. Für das Jahr 2019 erwarten sie praktisch keine Zinserhöhung mehr und für 2020 preisen sie sogar eine Zinssenkung ein.
Wir teilen diese Erwartungen nicht. Denn eine Reihe von Indikatoren, auf die die Fed ihre geldpolitischen Entscheidungen stützt, weisen auf eine gesunde – ja sogar robuste – US-Wirtschaft hin:
- der Einkaufsmanagerindex erreichte Ende November ein Niveau von 54,7 Prozent und deutet damit auf eine Ausweitung der Produktionstätigkeit hin
- das Verbrauchervertrauen verbesserte sich
- die Industrieaufträge erholten sich und stiegen im Oktober um 3,4 Prozent, nach 1,5 Prozent im Vormonat
- die Arbeitslosenquote liegt mit 3,7 Prozent auf dem niedrigsten Stand seit fast 50 Jahren
- die Löhne lagen im November um 3,1 Prozent über Vorjahr
- der Rückgang der Ölpreise stützt die Kaufkraft der Konsumenten
Angesichts dieser robusten Daten – die sich in den offiziellen Prognosen und den jüngsten Kommentaren von Fed-Mitgliedern wiederfinden – gehen wir davon aus, dass die Notenbank ihren monetären Straffungskurs wie geplant fortsetzten wird. Sie könnte zwar Signale senden, dass für 2019 nur noch zwei statt drei Zinserhöhungsschritte zu erwarten sind, darunter wird sie unserer Erwartung nach aber nicht gehen.
Behalten wir mit dieser Einschätzung Recht, birgt die Dezember-Sitzung der Fed einiges an Überraschungspotenzial: Eine Korrektur der Markterwartungen würde vermutlich zu einer höheren Volatilität und zu einer steileren US-Zinsstrukturkurve führen. Aber wie immer die Sitzung auch ausgeht: die Fed hat gezeigt, dass sie sich auf das neutrale Zinsniveau – einen Leitzinssatz von etwa drei Prozent – zubewegt und dass der monetäre Kurs nicht mehr auf Autopilot steht. Bei künftigen Zinsentscheidungen werden die jeweils jüngsten makroökonomischen Entwicklungen eine größere Rolle spielen. Dies macht den Entscheidungsprozess der Fed letztlich weniger berechenbar, was zu mehr Volatilität führen kann.
Franck Dixmier ist Global Head of Fixed Income, Chief Investment Officer Fixed Income Europe und Mitglied des Global Executive Committee beim Investment-Manager Allianz Global Investors, Frankfurt am Main.