In stürmischen Zeiten einen klaren Kopf behalten

Till Christian Budelmann
Till Christian Budelmann

Marktkommentar von Till Christian Budelmann von der Schweizer Privatbank Bergos Berenberg. Seiner Einschätzung nach könnte es kein schlechter Einstiegszeitpunkt für Aktien sein:

Die Weltwirtschaft ist durch den nur sehr schwierig einschätzbaren Coronavirus (COVID-19) massiv geschwächt. Hinzu kam vor gut einer Woche ein folgenschwerer Ölpreisverfall und die Unruhe an den Kapitalmärkten hat zuletzt geradezu historische Ausmaße angenommen. Wir gehen in unserem Basisszenario erst in der zweiten Jahreshälfte von einer möglichen wirtschaftlichen Erholung aus, die dann zumindest aber nicht durch das Risiko eines marktfeindlichen Präsidentschaftskandidaten in den USA weiter gestört werden würde.

Gegenüber dem Anleihemarkt erscheinen Aktien nach dem Crash attraktiv bewertet – auch wenn man einen Rückgang der Unternehmensgewinne wie im letzten extremen Krisenjahr 2008 annimmt. Und Gold könnte bei der Absicherung des Portfolios helfen.

Exogene Schocks treffen immer mal wieder auf die Kapitalmärkte. In Form eines Virus ist ein solcher Schock für uns Marktbeobachter jedoch sehr schwer zu beurteilen, die Auswirkungen auf die Weltwirtschaft sind enorm und aktuell nur innerhalb großer Bandbreiten und auch dann nur unter hoher Unsicherheit abschätzbar. Neben der Virus-Entwicklung selbst kommt es nun natürlich in erster Linie auf die politischen Aktionen an. Der Coronavirus hat gleich doppelt zugeschlagen, sowohl Angebot als auch Nachfrage sind hochgradig betroffen. Produktionsstätten werden heruntergefahren, gleichzeitig bricht der Konsum ein. Erschwerend hinzugekommen ist der Ölpreisschock nach den gescheiterten Verhandlungen der OPEC und Russland. Auch wenn günstiges Öl Verbrauchern und Transportunternehmen zugutekommt, werten wir den starken Preisverfall in der aktuellen Schwächesituation per Saldo als weiteren negativen Effekt auf das Wirtschaftswachstum.

Zwei extrem schwache Quartale preisen die Märkte bereits ein

Aufgrund der schwierigen Einschätzbarkeit der COVID-19-Entwicklung hat Bergos Berenberg bereits vor Wochen verschiedene Szenarien erstellt. Inzwischen richtet sich der Blick im Wesentlichen auf zwei davon. Die Aktienmärkte preisen bereits einen Verlauf ein, der in etwa unserem Szenario „Eskalation“ entspricht, das wir bei aller Unsicherheit auch weiterhin für das wahrscheinlichste halten. Danach könnte das Allerschlimmste um den Halbjahreswechsel herum ausgestanden sein. Im März werden die makroökonomischen Daten sehr schlecht ausfallen und diese Entwicklung wird sich im April und Mai vorerst noch deutlich verschlimmern.

Auf Basis dieses Szenarios prognostizieren wir ein Minus von drei bis sechs Prozent für das Wirtschaftswachstum der Eurozone für 2020, trotz einer unterstellten Aufholbewegung in der zweiten Jahreshälfte. Im Szenario „massive Eskalation“ hält die Disruption noch mindestens bis zum Jahresende an. Eine solche Entwicklung haben die Märkte definitiv noch nicht eingepreist. Die Folge wäre dann natürlich ein noch deutlich stärkerer Rückgang des Bruttoinlandsprodukts in der Eurozone.

Aktien nach dem Crash attraktiv bewertet

Die wirtschaftlichen Belastungen durch die Pandemie werden natürlich auch voll auf die Gewinnentwicklung der Unternehmen durchschlagen. Mit ziemlicher Sicherheit wird es in 2020 diesbezüglich Rückgänge im zweistelligen Prozentbereich zu verzeichnen geben, Energieunternehmen wird es besonders hart treffen. Da aber die Aktienkurse schon massiv gelitten haben und zugleich die kollabierenden Anleiherenditen die inzwischen stattgefundenen Schritte der Notenbanken bereits vorweggenommen hatten, erscheint die Bewertung von Aktien gegenüber Anleihen nun so attraktiv wie lange nicht. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis des „MSCI World“ liegt derzeit etwas unter dem langfristigen historischen Durchschnitt. Gegenüber Anleihen haben Aktien damit einen Renditevorteil, der weit über den langfristigen Vergleichswerten liegt. Das sogenannte „Yield Gap“, also die Differenz zwischen den Gewinnrenditen von Aktien und den Anleiherenditen, notiert auch dann noch spürbar über dem historischen Schnitt, wenn man einen Rückgang der Unternehmensgewinne wie im letzten extremen Krisenjahr 2008 unterstellt.

Entwarnung aus den USA

Zumindest hat sich ein weiteres Thema, dass vor Kurzem noch als hohes Marktrisiko erschien, etwas entspannt. Bei den Vorwahlen in den USA deutet sich nun an, dass nicht der weit linksorientierte und von den Börsianern als marktfeindlich angesehene Bernie Sanders als Kandidat der Demokraten in die US-Präsidentschaftswahlen ziehen wird, sondern der gemäßigte Joe Biden. Sowohl der Republikaner Donald Trump als auch der Demokrat Biden wären aus Marktsicht wohl akzeptable Präsidenten. Trump punktet mit Angebotspolitik wie niedrigeren Steuern und geringerer Regulierung, sorgt aber für Handelsstress. Dieser dürfte bei Biden geringer ausfallen, er würde aber wahrscheinlich versuchen, einige Steuerkürzungen von Trump wieder rückgängig zu machen. Aktuell liegen die Wahrscheinlichkeiten, das Präsidentschaftsamt zu erreichen, bei jeweils circa 47 Prozent für Trump und Biden, für Sanders hingegen mittlerweile nur noch im niedrigen einstelligen Prozentbereich – all dies unter der Nebenbedingung, dass die Kandidaten gesund bleiben.

Verunsicherung könnte sich als Gelegenheit entpuppen

Im aktuellen Umfeld bevorzugen wir vorerst eine neutrale Positionierung bei Aktien. Es wird an den Märkten auf Wochen bewegt zugehen, mit weiteren Rückschlägen muss in dieser Phase der Pandemie jederzeit gerechnet werden. Für langfristige Anleger könnte dies jedoch kein schlechter Einstiegszeitpunkt für Aktien sein. Für Anleger gilt es, in den wackligen Zeiten nicht in Panik zu verfallen, sondern die Ruhe zu bewahren. Die hochemotionale Verunsicherung des Marktes kann sich in der Rückschau durchaus als eine gute Gelegenheit herausstellen, um sich rational und verhältnismäßig günstig in langfristigen, zukunftsweisenden Marktbereichen zu positionieren. Alle Portfolios der Bank weisen schon seit über einem Jahr ein Übergewicht in Gold auf. Wir sehen Gold als natürliche Absicherung. In Krisenzeiten dämpft eine Gold-Allokation meistens die Verluste in einem Multi-Asset-Portfolio. Zudem wurde die Duration der US-Anleihen verlängert, was sich bereits ausgezahlt hat, da die Anleiherenditen weiter gefallen sind.

Till Christian Budelmann ist Kapitalmarktstratege der Schweizer Privatbank Bergos Berenberg, die sich jüngst von der Berenberg-Gruppe gelöst hat. Das Unternehmen ist auf Vermögensverwaltung und Vermögensbetreuung in allen liquiden Assetklassen sowie in alternativen Investments wie Real Estate, Private Equity oder Kunst spezialisiert.

www.bergos-berenberg.ch

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