Einschätzung zur aktuellen Entwicklung in der Ukraine

Kommentar von Dr. Daniel Hartmann, Chefvolkswirt bei Bantleon, zu den jüngsten Entwicklungen im Ukraine-Konflikt:

Daniel Hartmann
Dr. Daniel Hartmann

Putin hat ernst gemacht. Noch bleibt indes abzuwarten, ob Russland die gesamte Ukraine erobern will oder nur einen Teil (im Osten und Süden). Davon hängt vieles ab. Kommt es nur zu einer kleinen Invasion, könnte der militärische Konflikt schnell vorbei sein. Eine große Invasion dürfte sich hingegen über Monate hinziehen. Schenkt man Militärexperten Glauben, ist die gesamte Einnahme der Ukraine selbst für Russland nicht ganz trivial – man denke nur an mögliche Straßenkämpfe in der Millionenstadt Kiew. Auch wenn Putin die Welt nunmehr schon mehrfach eines Besseren belehrt hat, scheint uns ein begrenzter Einmarsch in die Ukraine als das wahrscheinlichere Szenario.

  • Die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Eurozone bewerten wir wie folgt: Die Verflechtung zwischen der Eurozone und Russland hat in den vergangenen Jahren an Bedeutung verloren (mit Ausnahme des Energiesektors). Der gesamte Güterexport nach Russland betrug 2021 71 Milliarden Euro, das sind gerade einmal 0,6 Prozent des BIP der Eurozone. Selbst wenn die Ausfuhr ganz zum Erliegen käme, wäre der wirtschaftliche Schaden für die Gesamtwirtschaft somit vergleichsweise gering.
  • Bei einem kurzen Krieg sollten auch die negativen Auswirkungen auf das Verbraucher- und Unternehmensvertrauen in der Eurozone begrenzt bleiben. Sobald die Waffen schweigen, dürfte der Schreck nachlassen.
  • Wie stark die Öl- und Gaspreise zulegen werden, ist heute noch nicht abzuschätzen. Die erste Reaktion (Sprung von 98 auf 105 US-Dollar bei Brent-Öl) fällt noch relativ verhalten aus. Nach einer Faustformel ist davon auszugehen, dass ein Ölpreisschock um zehn Prozent das BIP-Wachstum der Eurozone um 0,1 bis 0,2 Prozentpunkte dämpft. Um einen namhaften Konjunkturrücksetzer zu verursachen, müsste der Ölpreis somit mindestens Richtung 120/130 US-Dollar marschieren. Gemildert werden sollten die Belastungen durch anziehende Energiepreise jedoch dadurch, dass die Konsumenten in der Eurozone auf großen Sparrücklagen (rund 750 Milliarden Euro) sitzen. Daneben wurden von der Bundesregierung bereits gestern Maßnahmen getroffen, um den Energiepreisanstieg abzufedern.
  • Die schwerwiegendste potenzielle Gefahr dieser Krise betrifft die Energieversorgung der Wirtschaft. Die EU bezieht 40 Prozent (Deutschland 50 Prozent) seines Gasbedarfs aus Russland. Gleichzeitig sind die Gasspeicher unterdurchschnittlich gefüllt. Müsste Energie rationiert werden, würde die Wirtschaft ihre Produktion zwangsweise einschränken, was den Konjunkturaufschwung abwürgen würde. Vertraut man jedoch den Aussagen von Politikern und den Vertretern der Gasspeicher, ist die Energieversorgung auch bei einem kompletten Lieferstopp Russlands bis September 2022 gesichert. Wie es langfristig weitergeht, bleibt abzuwarten. Europa muss zwangsläufig seinen Energieimport stärker diversifizieren und neue Quellen erschließen (allen voran zusätzliche LPG-Terminals bauen).

Alles in allem sehen wir bei einer kurzen kriegerischen Auseinandersetzung keine nachhaltigen Auswirkungen auf die konjunkturelle Entwicklung in der Eurozone. Dies gilt umso mehr, als die Aufschwungskräfte, die sich derzeit entfalten, in unseren Augen sehr mächtig sind. Das Abflauen der Pandemie sollte die Konsumnachfrage erkennbar beflügeln. Gleichzeitig zeichnet sich eine Entspannung bei den Lieferengpässen ab. Die hohen Auftragsbestände in der Industrie können damit mehr und mehr abgearbeitet werden.

Dr. Daniel Hartmann ist Chefvolkswirt bei der Bantleon Bank AG mit Sitz in Zug (Schweiz). Der institutionelle Asset Manager Bantleon mit Standorten in Deutschland und der Schweiz verwaltet mit 42 Mitarbeitern ein Vermögen von fünf Milliarden Euro. Zu den Investoren der Publikums- und Spezialfonds zählen vor allem Banken, Versicherungen, Industrieunternehmen und Unternehmen der Altersvorsorge sowie auch sicherheitsbewusste Privatanleger.

www.bantleon.com

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