Energiewende: Die Zeit ist reif für Investitionen
Innovative Technologien für regenerative Energien und Infrastruktur beinhalten erhebliches Wertschöpfungspotenzial – dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund eines umfassenden weltweiten ökologischen Wandels.
Investitionen in die Energiewende haben sich zu einem Megatrend mit langfristigem Potenzial entwickelt. Für Investoren ergeben sich dadurch attraktive Chancen. Zugleich sind sie angehalten, ihre Investitionsstrategien angesichts der zunehmenden klimatischen Herausforderungen anzupassen, um einerseits Investitionen in zukünftige „stranded assets“ zu vermeiden und andererseits auch ihrer ökologischen Verantwortung gerecht zu werden.
Die Auswirkungen des Klimawandels werden auch in Zentraleuropa immer offensichtlicher. Eine im Auftrag der deutschen Bundesregierung durchgeführte Studie prognostiziert, dass die volkswirtschaftlichen Kosten, die durch klimatische Veränderungen wie Dürren und Überschwemmungen verursacht werden, bis zum Jahr 2050 in Deutschland allein auf bis zu 900 Milliarden Euro ansteigen könnten. Diese Entwicklung zeigt nicht nur ökologische sondern auch ökonomische Risiken auf, die mit dem Klimawandel einhergehen – und offenbart die Notwendigkeit für Investoren, verstärkt in Anlageformen zu investieren, die sich durch eine hohe Resilienz auszeichnen und einen nachhaltigen Nutzen generieren.
Bewusstseinswandel bei Institutionellen Investoren
Das Potenzial für Investitionen in die Energiewende ist enorm und vielfältig. Bereits in den vergangenen zehn Jahren haben sich die globalen Investitionen in die Energiewende laut BNEF etwa verfünffacht. In 2023 stiegen sie erneut um 17 Prozent auf das Rekordhoch von 1,8 Billionen US-Dollar. Gleichzeitig schätzt die Internationale Agentur für Erneuerbare Energien (IRENA) den weltweiten Investitionsbedarf aber auf jährlich 5,7 Billionen US-Dollar bis 2030, um die weltweiten Klimaziele zu erreichen.
„Global Player” steigen großvolumig ein. So wurde beispielsweise das Mandat des norwegische Staatsfonds in 2020 extra geändert, damit er auch direkt Erneuerbare-Energien-Projekte erwerben kann. Zuletzt hatte er im Januar angekündigt, weitere 307 Millionen Euro in ein Solar- und Windkraft-Portfolio in Spanien und Portugal zu investieren. Die RWE hat seit 2021 nach eigenen Angaben bereits 20 Milliarden Euro in die Dekarbonisierung des Energiesystems investiert. Bis 2030, so kündigte der Vorstand im November an, wolle das Unternehmen weltweit 55 Milliarden Euro in Erneuerbare Energien, Speichertechnologien, flexible Erzeugung und Wasserstoffprojekte investieren, davon elf Milliarden Euro allein in Deutschland.
Attraktivität der Erneuerbaren Energien nimmt zu
Die kontinuierliche Verbesserung der Wirtschaftlichkeit von Erneuerbaren Energien begünstigt diese Entwicklung. So ist die Stromerzeugung aus Wind und Sonne mittlerweile günstiger als die konventionelle Erzeugung mit Kohle oder Gas. Entsprechend verschieben sich die Marktanteile. Die Entwicklungen an den Finanzmärkten verstärken den Trend zusätzlich. Die lange Phase der Null- und Negativzinsen hatte die institutionellen Investoren in den vergangenen zehn Jahren verstärkt in illiquide Anlagen gelockt, weil dort höhere Renditen möglich waren. Seit der Zinswende 2022 geraten nun auch die Bewertungen vieler Immobilien unter Druck, besonders der zunehmende Leerstand bei Gewerbe- und Büroimmobilien drückt auf die Laune der Investoren. Anlagen zur regenerativen Energieerzeugung sind zwar ebenfalls nicht immun gegen steigende Zinsen, aber aufgrund ihrer wachsenden Bedeutung für die Energiewende weiterhin sehr gefragt. Ihre Renditen erweisen sich dadurch als deutlich stabiler und unabhängiger von der Volatilität anderer Märkte. Sobald bei nachlassender Inflation die Europäische Zentralbank den Leitzins wieder senken wird, dürften Investments in die Energiewende noch begehrter werden.
Vielversprechende neue Märkte und Segmente
Neben klassischen Investitionen in Windparks und Solaranlagen rücken Energiespeicher mehr und mehr in den Mittelpunkt, nachdem die Speicherung von Energie in der öffentlichen Diskussion lange eher im Schatten ihrer Erzeugung stand. Dabei entpuppt sie sich immer mehr als Flaschenhals der Energiewende, da die regenerativen Energiequellen Wind und Sonne naturgemäß launisch sind. Überproduktions- und Flautezeiten müssen ausbalanciert werden, was mit dem wachsenden Anteil der volatilen Erneuerbaren zur Herausforderung wird. Folglich bildet der Ausbau der Energiespeicher-Infrastruktur eine tragende Säule aller „Net Zero“-Szenarien bis 2050.
Unter den vielfältigen Speichertechnologien haben sich Batteriespeicher, die lange als unrentabel galten, in den letzten Jahren in puncto technischer Reifegrad und Wirtschaftlichkeit in der Spitzengruppe festgesetzt. Die Gesamtbatteriekapazität in Deutschland wuchs den von der RWTH Aachen betriebenen „Battery Charts“ zufolge zwischen 2019 und 2022 lediglich von 1,2 auf 4,4 Gigawattstunden, angetrieben von einem großen Zubau an Heimspeichern standen am 1. Mai 2024 jedoch bereits 13,3 Gigawattstunden bereit. Einen Boom erleben nicht zuletzt nun auch Großbatteriespeicher: Laut der Bundesnetzagentur gab es Anfang 2024 mehr als doppelt so viele wie noch 2022. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme schätzt, dass ihre Kapazität in Deutschland bis 2030 auf 100 Gigawattstunden wachsen könnte.
Effiziente Energiespeicher helfen bei der Stabilisierung der zunehmend kritisch ausgelasteten Stromnetze, wofür die Netzbetreiber derzeit im Rahmen von sogenannten Redispatch-Maßnahmen jedes Jahr mehrere Milliarden Euro – Tendenz steigend – ausgeben müssen. Aber auch Betreiber von Wind- und Solarparks können profitieren, indem sie einerseits ihren vorhandenen Netzanschluss durch die Integration von Speichern besser ausnutzen und andererseits zukünftig den erzeugten Strom auch zwischenspeichern können, falls der erzielbare Strompreis temporär niedrig ist.
Erweiterung des möglichen Spektrums für Infrastrukturinvestoren
Auch wenn die Erfahrungen mit dieser neuen Assetklasse noch begrenzt sind, steht fest: Bereits heute ist der Betrieb von Batteriespeichern in Deutschland ohne staatliche Förderung wirtschaftlich. Und in Kombination mit Wind- und Photovoltaik-Parks sind Investitionen in Speicher besonders rentabel, zweistellige Renditen sind derzeit (noch) möglich. Die fortschreitende Elektrifizierung und Sektorenkoppelung führt dabei zu einer Erweiterung des möglichen Spektrums für Infrastrukturinvestoren. Dieses Potenzial erkennen auch bereits große Investoren, wie die 90 Millionen Euro Investition von TotalEnergies in einen deutschen Entwickler von Großbatteriespeichern Anfang 2024 illustriert. Auch BVT strebt beispielsweise mit ihrem aktuellen Sustainable-Energy-Konzept eine ausgewogene Allokation auf vielversprechende Sektoren im Energiebereich an. Hierzu zählen insbesondere Windenergie und Photovoltaik, ergänzt um Batteriespeicher sowie Effizienzprojekte in Gewerbe und Industrie. Der Fokus liegt auf Mehrheitsbeteiligungen an baureifen und im Betrieb befindlichen Projekten, um auch in der Bau- und Betriebsphase die Rendite der Assets optimieren zu können, beigemischt werden „late stage“-Entwicklungsprojekte. Auch der Blick auf andere Länder innerhalb der EU kann sich lohnen, um die Portfoliorendite zusätzlich zu erhöhen. In der EU sind auf einigen Märkten im Moment noch etwas höhere Renditen als beispielsweise in Deutschland erzielbar – bei absolut akzeptablen Risikoprofilen. Entscheidend ist hier, die Gegebenheiten vor Ort im Detail zu kennen und ein gutes lokales Netzwerk zu haben.
Der Beitrag ist zuerst In EXXECNEWS INSTITUTIONAL ENI 05 erschienen.
Dr. Dominik Schall, promovierter Wirtschaftsingenieur und Certified ESG Analyst, leitet den Geschäftsbereich Energie und Infrastruktur bei der BVT Unternehmensgruppe in München. In seinen früheren Positionen, zuletzt als Senior Portfolio Manager Illiquid Assets bei MEAG, war er sowohl in Entwicklung und Ankauf neuer Projekte wie auch im Assetmanagement von Infrastrukturprojekten in den Sektoren Erneuerbare Energien und Transport tätig. Bereits seit den 1980er Jahren ist BVT als Pionier in der Assetklasse Energie und Infrastruktur aktiv und hat langjährige Projekterfahrung mit Investitionen in verschiedenen Bereichen des Infrastruktursektors, insbesondere Erneuerbare Energien und Stromnetze.