Fonds als Motor für Transformation in Deutschland nutzen

Das SDG 9 formuliert unter anderem das Ziel, eine hochwertige, verlässliche, nachhaltige und widerstandsfähige Infrastruktur aufbauen, einschließlich regionaler und grenzüberschreitender Infrastruktur, um die wirtschaftliche Entwicklung und das menschliche Wohlergehen zu unterstützen. Für die Transformation sind erhebliche Investitionen in die Infrastruktur nötig, für die nach Meinung von Bastian Hammer, Leiter Steuern und Altersvorsorge beim deutschen Fonds-verband BVI, die Fondsbranche als willkommener Partner zur Bewältigung des enormen Investitionsbedarfs der Energiewende gesehen werden kann und muss.
Die entsprechenden Pläne der Bundesregierung zum Ausbau und zur Modernisierung von nachhaltiger Infrastruktur, insbesondere im Energie- und Verkehrssektor, stehen vor einem Finanzierungsproblem. Unabhängig von der Schuldenbremse werden private Investitionen benötigt. Deutschland verfügt auch über ausreichend Kapital, allerdings liegt es meist auf Sparbüchern und Tagesgeldkonten. Fonds können der Motor dieser Transformation auch in Deutschland sein, denn sie bringen privates Kapital und Projekte zusammen.
Schon heute investieren institutionelle Anleger über Fonds in Infrastruktur, letztlich jedoch häufig im Ausland. Laut Jahresgutachten des Wirtschafts-Sachverständigenrats der Bundesregierung hatten zum Beispiel deutsche Versicherer Ende 2022 sechs Mal so viel Kapital in Luxemburger Private-Equity-Fonds und Infrastrukturfonds wie in deutschen Fonds angelegt. Es ist davon auszugehen, dass das Großherzogtum nicht das Ziel von Investitionen ist. Ein Großteil des Kapitals dieser Fonds wird jedoch auch nicht in die Renovierung von Straßen und Brücken oder den Bau von Erneuerbare-Energie-Anlagen in Deutschland gesteckt. Nach unseren Schätzungen fließen von 100 Euro, die deutsche Investoren über deutsche Masterfonds in Infrastruktur investieren, nur bis zu zehn Euro in Projek-te in die über 10.000 Gemeinden in Deutschland.
Eine Ursache liegt wohl darin, dass der Ort des Fondsmanagers wesentlichen Einfluss auf den Ort der Investition eines Fonds hat. Frankreich hat erkannt, dass die Investitionen im eigenen Land steigen, wenn es mehr ortsansässige Fondsmanager gibt. So ist eine der wesentlichen Bedingungen für die Teilnahme am dortigen „Tibi-Programm“ – benannt nach dem französischen Professor Philippe Tibi – zur Förderung von Investitionen in französische Start-ups, dass die beteiligten Fonds aus Frankreich heraus gemanagt werden. Die französische Initiative läuft so erfolgreich, dass Bundesfinanzminister Christian Lindner diese als Vorbild für seine Initiative für Wagnis- und Wachstumskapital nutzt.
Im Gegensatz zu Frankreich behindert das Steuerrecht in Deutschland das Erreichen des Ziels, mehr in Deutschland zu investieren. So besteht zum Beispiel die Gefahr, dass die Einflussnahme eines Fonds auf ein Zielunternehmen eine zusätzliche Steuerpflicht für die Anleger bedeutet, die bei ausländischen Fonds mit ausländischen Fondsmanagern vermieden werden kann. Aber auch die Verwaltung eines ausländischen Fonds aus Deutschland heraus kann für dessen Anleger zu einer zusätzlichen Steuerpflicht in Deutschland führen. Unter anderem Frankreich und England haben diese Steuerrisiken abgeschafft und profitieren davon.
Einen ersten Schritt in diese Richtung geht nun auch das Bundesfinanzministerium (BMF). Es hat einen Diskussionsentwurf für ein Gesetz zur Förderung von Investitionen von Investmentfonds in Erneuerbare Energien und Infrastruktur vorgelegt. Dem Entwurf zufolge soll die Fondsbranche künftig innerhalb eines sicheren Rechtsrahmens das Kapital privater Investoren wie zum Beispiel Altersversorgungseinrichtungen in die Finanzierung von Infrastrukturprojekten lenken können. Das BMF zielt damit auf die Umsetzung einer Protokollerklärung der Regierungsfraktionen zum Zukunftsfinanzierungsgesetz. Die Fraktionen hatten sich darauf geeinigt, Maßnahmen für Investitionen von Investmentfonds in Erneuerbare-Energien-Anlagen ganzheitlich anzugehen und dafür Regelungen zur direkten Investition von Investmentfonds in Erneuerbare-Energien-Anlagen oder in Solarparks zu schaffen. Dafür sollen so-wohl aufsichtsrechtliche Maßnahmen im Kapitalanlagegesetzbuch als auch flankierende steuerliche Regelungen angepasst werden.
Der Entwurf ermöglicht Immobilienfonds, Photovoltaikanlagen aufsichts- und steuerrechtlich auf ihren Dächern – zum Beispiel auf Logistik- oder Lagerhallen – zu errichten und zu betreiben, ohne Einnahmengrenzen beachten zu müssen. Immobilienfonds sollen – als Beimischung bis zu 15 Prozent des Wertes des Fonds – in Beteiligungen an Infrastruktur-Projektgesellschaften, deren Unternehmensgegenstand auf Erneuerbare Energien beschränkt ist, investieren können. Die bisherigen Rechtsunsicherheiten im Investmentsteuergesetz im Hinblick auf Investments in Infrastruktur-Projektgesellschaften werden darüber hinaus beseitigt. Die Schaffung eines Level-Playing-Fields im Steuer- und Aufsichtsrecht mit anderen Fondsstandorten ist auch ein Schritt zu einer Kapitalmarktunion.
Unser Dialog mit den Verbänden der Energiewirtschaft hat deutlich gemacht, dass die Fondsbranche als willkommener Partner zur Bewältigung des enormen Investitionsbedarfs der Energiewende gesehen wird. Es ist aber auch notwendig, vergleichbare wirtschaftliche Leistungen gleichartig zu besteuern. Auch dies beachtet der Entwurf des BMF: So werden – im Einklang mit unserem Vorschlag – mit der Sicherstellung der Besteuerung mit Körperschaftsteuer auf Ebene des Fonds sowie der Besteuerung mit Gewerbesteuer auf Ebene der Projektgesellschaften, gleiche Rahmenbedingungen wie bei den klassischen Energieunternehmen geschaffen.
Das BMF hat erkannt, dass das Steuerrecht ein wesentlicher Faktor der Wettbewerbsfähigkeit ist und hierüber die Ansiedlung von Fondsmanagern unterstützt werden kann. Und deutsche Fondsmanager werden benötigt, damit es mehr private Investitionen in Deutschland geben wird. Nun liegt der Ball im Bundestag. Er kann diesen Elfmeter in der von ihm im Zukunftsfinanzierungsgesetz vorgegebenen Verlängerung verwandeln und damit den Weg für die Transformation in Deutschland freimachen.
Der Beitrag ist zuerst in EXXECNEWS INSTITUTIONAL ENI 06 erschienen.
Bastian Hammer ist Abteilungsdirektor Steuern und Altersvorsorge bei BVI Deutscher Fondsverband. Der BVI mit Sitz in Frankfurt am Main ist Repräsentant der Investmentbranche in Deutschland. Die 115 Mitglieder des 1970 gegründeten Verbands verwalten rund vier Billionen Euro in Publikumsfonds, Spezialfonds und Vermögensverwaltungsmandaten.
