Global nehmen die CO2-Emissionen weiter zu

Kommentar von Dieter Wermuth (Wermuth Asset Management) zur aktuellen Klimapolitik. Sie sollte seiner Einschätzung nach zusammen mit der Entwicklungspolitik versuchen, in den ärmeren Ländern Anreize für einen sparsamen Umgang mit fossilen Energieträgern zu schaffen, vor allem für den Umstieg auf erneuerbare Energie:

Dieter Wermuth
Dieter Wermuth

Ich war lange Zeit jemand, der dachte, das mit dem Klima, das wird schon. Fortschritte waren ja unübersehbar und es schien für mich nur eine Frage der Zeit, dass die durchschnittliche Temperatur der Welt wegen rückläufiger CO2-Emissionen aufhören würde zu steigen. Inzwischen kommt mir das naiv vor.

Für meinen Sinneswandel gibt es zwei Hauptgründe: Global nehmen die Emissionen weiterhin mit einer jährlichen Rate von 0,5 Prozent zu, da der unaufhaltsame Anstieg des Wohlstands in den ärmeren Ländern einhergeht mit einer rapiden Zunahme des Verbrauchs fossiler Brennstoffe – in diesem Teil der Welt leben immerhin fünf- bis sechsmal so viele Menschen wie in der reicheren OECD-Region. Wer will beispielsweise den Indern verwehren, so zu leben wie wir, also mehr als viermal so viel Kohle, Gas und Erdöl zu verbrennen wie heute, sich Klimaanlagen und Autos anzuschaffen? Also werden die CO2-Emissionen erst einmal weiter steigen.

Der zweite Grund ist die Tatsache, dass inzwischen so viel CO2 in die Umwelt gepustet worden ist – und da noch größtenteils ist –, dass sich ein weiterer rascher Anstieg der Durchschnittstemperatur und eine Klimakatastrophe nicht vermeiden lassen. Ich empfehle zu diesem Thema das gerade erschienene Buch „Hothouse Earth“ von Bill McGuire, Emeritus des University College London. Die Dinge verschlimmern sich, bevor sie besser werden.

Ich hatte auch gedacht, dass sich die Emissionen durch kräftig steigende Steuern und Abgaben vermindern lassen. Zu meiner Überraschung gibt es zumindest in Deutschland entgegen den Erwartungen bislang eine positive Korrelation zwischen der Veränderung eines Index der Preise für importierte Energie und der Veränderung der CO2-Emissionen. Heißt: Hohe Preise helfen nicht immer. Ein Hintergrundfaktor scheint hierzulande am Werk zu sein: die ständige Zunahme der Pro-Kopf-Einkommen und damit des (konventionell gemessenen) Lebensstandards. Auch wenn Flüge nach Mallorca oder das Benzin und die Gasheizung teurer werden, scheinen sich die Menschen ihren energieintensiven Konsum so schnell nicht vermiesen zu lassen. Die Nachfrage nach solchen Leistungen und Gütern ist offenbar unelastisch. Lieber verzichten die Leute auf neue Kleidung, auf Bücher, Zeitungen, Restaurantbesuche oder eine neue Sitzgruppe im Wohnzimmer.

Dass Preise bisher in Deutschland nicht wirken, kann aus ökonomischer Sicht nur bedeuten, dass sie stärker steigen müssen, so stark, dass es wehtut – oder dass der Staat massiv regulierend eingreifen muss, wie bei dem kommenden Verbot von Verbrennungsmotoren oder Ölheizungen oder mit Vorschriften darüber, welche Temperaturen in öffentlichen Gebäuden nicht überschritten werden dürfen, oder wie bestehende und neue Häuser isoliert sein müssen oder auf welche Weise Strom produziert werden muss, also umweltfreundlich statt CO2-intensiv. Jedenfalls ist der Widerstand gegen hohe Energiepreise in der Bevölkerung bereits heute so stark, dass die Politik Gegenmaßnahmen zulasten der öffentlichen Haushalte beschlossen hat. Letztlich wird zurzeit kontraproduktiv das Ziel verfolgt, die CO2-Emissionen zu verbilligen, statt noch weiter zu verteuern.

Und dann der Aspekt, dass sich Deutschland so klimafreundlich verhalten mag, wie es will, wenn der Rest der Welt, vor allem die ärmeren Länder, nicht mitmachen können oder wollen, wird sich die kommende Klimakatastrophe nicht vermeiden lassen. Deutschland ist im Weltmaßstab einfach zu klein. Im vergangenen Jahr machten die deutschen 630 Millionen Tonnen an CO2-Emissionen gerade einmal 1,9 Prozent der globalen Emissionen aus – selbst für die EU insgesamt waren es nur 8,1 Prozent. Eine kluge Klimapolitik muss zusammen mit der Entwicklungspolitik versuchen, in den ärmeren Ländern Anreize für einen sparsamen Umgang mit fossilen Energieträgern zu schaffen, vor allem für den Umstieg auf erneuerbare Energie. Das wäre gut angelegtes Geld und für die eigene Wirtschaft eine zukunftsorientierte Strukturpolitik.

Dieter Wermuth ist Gründer, Partner und Economist beim Family Office Wermuth Asset Management (WAM). Das 1999 gegründete Unternehmen hat sich auf klimawirksame Investitionen über alle Anlageklassen hinweg spezialisiert und investiert über eigene und fremde Fonds in Private Equity, börsennotierte Anlagen, Infrastruktur und Sachwerte. WAM hält sich an die UN Principles of Responsible Investing (UNPRI) und den UN Compact und ist Mitglied der Institutional Investor Group on Climate Change (IIGCC), des Global Impact Investing Network (GIIN) und der Divest-Invest-Bewegung.

Dieter Wermuth ist seit Juni 2017 auch Mitglied des Anlageausschusses für den 24 Milliarden Euro schweren kerntechnischen Entsorgungsfonds (KENFO).

https://wermutham.com

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