In diesem Jahr sind starke Nerven gefragt

Marktkommentar von CIO Till Christian Budelmann zum globalen Ausblick 2022 der Schweizer Privatbank Bergos. Seiner Einschätzung nach dürfte der globale Aktienmarkt am Ende des Jahres höher stehen als aktuell. Als wichtig im aktuellen Umfeld erachtet er eine aktive Steuerung des Portfolios:

Till Christian Budelmann
Till Christian Budelmann

Der Januar hat viele Anleger verunsichert. Turbulenzen könnte es auch im weiteren Jahresverlauf immer wieder geben. Per Saldo sind wir jedoch zuversichtlich und erwarten zum Jahresende höhere Aktienkurse als aktuell. Unsere Argumente: Das globale Wirtschaftswachstum liegt mindestens im Trend, die Gewinnentwicklung ist positiv, die Anlegerstimmung als Kontraindikator ist eher pessimistisch und Aktien bleiben als Renditebringer alternativlos. Trotz jüngster relativer Schwäche bleibt der US-Aktienmarkt unser Favorit. Extrem kurze Durationen bei US-Anleihen können vor starken Verlusten durch einen weiteren Renditeanstieg schützen.

Investoren haben einen nervenaufreibenden Januar hinter sich. Die Volatilität ist deutlich angesprungen, Aktienmärkte verzeichneten zum Teil herbe Verluste. Es lohnt aber ein Blick unter die Oberfläche, denn nicht der Aktienmarkt als Ganzes wurde verkauft. Es gab sogar Gewinner. Je höher Titel bewertet waren, beispielsweise gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis, desto stärker haben sie im Durchschnitt gelitten. Hoch bewertete Wachstumstitel wie Technologieunternehmen wurden besonders stark abverkauft. Es war eine erneute Stil-Rotation hin zu Value-Titeln zu beobachten. Zu den Profiteuren zählte der Energiesektor, der zulegen konnte. Regional gesehen haben sich US-Aktien zum ersten Mal seit langer Zeit schlechter entwickelt als Aktienmärkte im Rest der Welt.

Hauptauslöser für die Turbulenzen am Markt war die US-Notenbank Fed. Sie hatte eindeutig signalisiert, dass sie gegen die hohe Inflation vorgeht und eine schnellere Kehrtwende hin zu einer restriktiveren Geldpolitik erfolgen wird. Wir erwarten die erste Zinserhöhung im März, der mehrere kleine Zinsschritte im weiteren Jahresverlauf folgen dürften.

Wer Rendite haben will, braucht auch zukünftig Aktien

Das Anlegerjahr könnte also turbulent werden. Berater sollten mit ihren Kunden klären, ob sie auch wirklich die Nerven für aktienlastige Depots haben. Der Januar war hierfür ein guter Test. Das heißt allerdings keineswegs, dass wir von Aktieninvestments abraten. Im Gegenteil: Wer Rendite haben will, braucht auch zukünftig Aktien. Wir sind nach dem coronabedingten Kurseinbruch im Frühjahr 2020 in einem neuen Bullenmarkt Die jüngste Korrektur ist auf eine Bewertungsanpassung zurückzuführen, da viele Titel einfach zu heiß gelaufen waren. Künftige Unternehmensgewinne müssen nun mit höheren Zinsen diskontiert werden. Daher wurde vor allem bei Wachstumsaktien die Bewertung angepasst.

Wir sehen gute Gründe, dass das Schlimmste bereits hinter uns liegen könnte. So ist laut dem AAII Sentiment Survey die Stimmung bei Privatanlegern so pessimistisch wie seit 2013 nicht mehr. Das werten wir als gutes Zeichen. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt: Je schlechter die Stimmung, desto besser die Performance in den darauffolgenden Wochen und Monaten. In die gleiche Richtung weist die durchschnittliche Positionierung bei systematischen Strategien, die derzeit auffallend defensiv ist.

Trotz gestiegener Anleiherenditen bleibt die relative Attraktivität von Aktien erhalten

Ein weiteres Argument pro Aktien ist das Yield Gap, also der Abstand zwischen den Gewinnrenditen von Aktien und den Renditen zehnjähriger Staatsanleihen. Steigende Unternehmensgewinne und fallende Kurse haben die Gewinnrenditen so deutlich nach oben getrieben, dass sich die Lücke trotz zuletzt spürbar gestiegener Anleiherenditen sogar ausgeweitet hat und die Attraktivität von Aktien gegenüber Anleihen weiter über dem langfristigen Durchschnittswert liegt.

Als Risiken, die eine positive Aktienentwicklung gefährden könnten, sehen wir einen möglichen Krieg in der Ukraine sowie Inflationsraten, welche die ohnehin schon hohen Erwartungen der Marktteilnehmer nochmals übertreffen. Wir rechnen für 2022 beispielsweise mit bis zu fünf Prozent Inflation in den USA.

Positionierung: USA, wieder zyklischer Konsum und weiterhin kurze Duration

Aus regionaler Perspektive sehen wir trotz der zuletzt relativen Schwäche das größte Aufwärtspotenzial weiterhin in den USA. Daneben bevorzugen wir Japan. Wie in den USA ist dort mit einem besonders hohen Gewinnwachstum zu rechnen. In beiden Märkten halten wir an einem Übergewicht fest. Nach einer Herabstufung des Sektors zyklischer Konsum Ende vergangenen Jahres wurden die starken Kursrückgänge in dem Sektor im Januar genutzt, um wieder Positionen aufzubauen. Angesichts des überkauften technischen Bildes und eines guten Starts in die Berichtssaison sehen wir Potenzial für Gewinnrevisionen und eine Bewertungsausweitung des Sektors.

Hohe Inflationswerte und die zu erwartende restriktivere Fed-Politik haben auch im Anleihebereich für Unruhe gesorgt. Insgesamt halten wir eine Untergewichtung der Assetklasse für angebracht. Die Anleiherenditen sind zuletzt recht deutlich nach oben geklettert. Unsere extrem kurze Duration in den USA hat sich ausgezahlt und wir halten an dieser Strategie fest, da wir einen weiteren Anstieg erwarten. Dieser wird zwar nicht in den Himmel reichen, aber die Renditen zehnjähriger US-Staatsanleihen, die im Laufe der letzten zwölf Monate von 1,1 auf mittlerweile 1,9 Prozent gestiegen sind, dürften die Zwei-Prozent-Marke übersteigen.

Gold trotz fehlender Treiber im Multi-Asset-Kontext wichtig

Bei Gold ist trotz der hohen Unsicherheit an den Märkten vorerst kein starker Auftrieb zu erwarten. Der Goldpreis bleibt abhängig vom Wettlauf zwischen steigenden Nominalrenditen einerseits und Inflationsraten andererseits. Aus fundamentaler Sicht fehlen also eindeutige Treiber. Und auch charttechnisch ist der Goldpreis in seiner Handelspanne von 1.700 bis 1.900 US-Dollar pro Unze gefangen. Wir erachten das Edelmetall aber weiterhin im Portfolio-Kontext als eine gute natürliche Absicherung.

Der Januar hat bereits angedeutet, dass 2022 kein einfaches Jahr wird. Anleger brauchen starke Nerven, am Ende des Jahres dürfte der globale Aktienmarkt aber höher stehen als aktuell. Wichtig im aktuellen Umfeld ist eine aktive Steuerung des Portfolios. Damit meinen wir kein hektisches Hin und Her, sondern mit Mut zur Meinung sollten immer wieder auftretende regionale und sektorale Chancen genutzt werden.

Till Christian Budelmann ist Chief Investment Officer der Schweizer Privatbank Bergos, die sich jüngst von der Berenberg-Gruppe gelöst hat. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Zürich und einer Niederlassung in Genf ist auf Vermögensverwaltung und Vermögensbetreuung in allen liquiden Assetklassen sowie in alternativen Investments wie Real Estate, Private Equity oder Kunst spezialisiert.

www.bergos.ch

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