Infrastruktur-Investitionen in Covid-Zeiten
EXXECNEWS-Autor Dr. Robin Jakob, Gründungspartner der LPX AG, über die Entwicklungen in der Assetklasse Infrastruktur in Covid-Zeiten. Die Infrastruktur-Anlageklasse bietet einerseits Zugang zu Megatrends und dient gleichzeitig als vergleichsweise sicherer Hafen in einem volatilen Marktumfeld:
Die Auswirkungen der Corona-Krise haben gezeigt, dass auch als robust geltende Geschäftsmodelle unter Druck geraten können.
Quarantäneverordnungen, Home-Office-Pflicht und allgemeine Reisebeschränkungen haben zu einem dramatischen Einbruch sowohl von Privat- als auch von Geschäftsreisen geführt. Die stark betroffene Reise- und Tourismusbranche kann auf eine Dekade eindrücklichen Wachstums zurückblicken. Eine Reihe von Fluggesellschaften und Reise-Unternehmen können momentan jedoch nur aufgrund staatlicher Unterstützung überleben.
Innerhalb des Transport-Sektors gibt es allerdings Unternehmen, die zwar auch unter Druck geraten sind, die Krise jedoch aus eigener Kraft bewältigen können. Dazu zählen beispielsweise Betreiber von Mautstraßen wie die Atlantia S.p.A. oder Flughafen-Betreiber wie die Flughafen Zürich AG. Beide Unternehmen weisen eine Gemeinsamkeit auf. Als Betreiber einer sogenannten „Basis Infrastruktur» verfügen sie über ein geschütztes Geschäftsmodell und können sich ähnlich wie eine Immobiliengesellschaft auf einen Realwert stützen. Darüber hinaus sind Flughäfen oder Mautstraßen keinem nennenswerten Wettbewerb ausgesetzt und weisen ein geringes technologisches Risiko auf. Ganz im Gegensatz zu Fluggesellschaften oder Speditionsunternehmen, die sich in einem harten Wettbewerbsumfeld bewegen.
Investoren mussten im Krisenjahr 2020 feststellen, dass auch konservative Investitionen wie beispielsweise Infrastruktur-Anlagen vor externen Nachfrage-Schocks nicht geschützt sind. Das vergangene Jahr war daher auch ein Test für die Widerstandsfähigkeit der Infrastruktur-Anlageklasse. Als besonders standhaft haben sich Unternehmen erwiesen, die Stromnetze oder Kommunikations-Funkmasten betreiben. Diese Unternehmen verfügen nicht nur über ein geschütztes Geschäftsmodell, sondern auch über eine vergleichsweise unelastische Nachfrage und zeigen sich vor diesem Hintergrund als besonders schockresistent.
Wir setzen auf eine stringente Definition des Begriffs „Infrastruktur“, um die Auswahl reiner Basis-Infrastruktur-Unternehmen zu gewährleisten, welche durch einen Realwert abgesichert sind. Vor diesem Hintergrund wurde ein Research-Prozess entwickelt, um ein weltweites Universum börsennotierter Unternehmen zu identifizieren und konsistent zu klassifizieren. Der Research-Prozess gewährleistet, dass ausschließlich Unternehmen ausgewählt werden, die Basis-Infrastruktur-Einrichtungen besitzen und/oder betreiben. Als Basis-Infrastruktur gelten in den jeweiligen Infrastruktur-Teilsektoren beispielsweise Stromnetze, Gas- und Öl-Pipelines, Flug- und Schiffshäfen, Mautstraßen, Schienennetze, Funkmasten und Kommunikationsnetzwerke. Im Gegensatz dazu werden vor- oder nachgelagerte Dienstleistungen wie beispielsweise die Stromerzeugung, Personen- und Gütertransport, Gas- und Öl-Förderungen oder Frachtdienst als infrastrukturverwandte Dienstleistungen klassifiziert.
Aus über 2.000 weltweit börsennotierten Unternehmen aus dem Bereich ‘Infrastruktur’ können anhand des Research-Prozesses knapp 300 Unternehmen identifiziert werden, welche mindestens 50% ihres Umsatzes durch die Bereitstellung von Basis Infrastruktur generieren ('core infrastructure').
Die Basis Infrastruktur-Unternehmen weisen generell folgende Investitions-Eigenschaften auf:
- Real-Wert
- hohe Monopolstellung und stabile Cash-Flows
- geringes technologisches Risiko
- Inflationsschutz
Insbesondere im herausfordernden Marktumfeld des Jahres 2020 hat sich gezeigt, dass sich eine stringente Definition des Infrastruktur-Begriffs und die Anwendung innerhalb eines Anlageprozesses als sinnvoll erweisen. Auf diese Weise ist es möglich die Risikofaktoren einer ansonsten heterogenen Anlageklasse zu minimieren und aktiv steuern zu können.
Investitionen in Infrastruktur werden in der Regel über geschlossene Fonds getätigt. Große institutionelle Investoren investieren teilweise auch direkt in Infrastruktur-Anlagen oder Projekte. Ähnlich einer klassischen Private Equity-Investition ist diese Form des Zugangs durch hohe Mindestinvestitionen und Illiquidität gekennzeichnet. Im Gegensatz dazu bieten börsengehandelte Infrastruktur-Unternehmen einen liquiden Zugang zur Infrastruktur-Anlageklasse. Vorteilhaft ist darüber hinaus die Tatsache, dass es sich dabei ausschließlich um „Brownfield“ Infrastruktur handelt, die sich auf ein langjährig etabliertes Geschäftsmodell stützen kann.
Die Infrastruktur-Anlageklasse bietet einerseits Zugang zu Megatrends wie Urbanisierung und Digitalisierung. Gleichzeitig dient sie Investoren als vergleichsweise sicherer Hafen in einem volatilen Marktumfeld aufgrund der geringen Nachfrage-Elastizität. Da es sich um Realwerte handelt und Preissetzungs-Mechanismen oftmals inflationsgekoppelt sind, dient die Anlageklasse auch als natürlicher Inflationsschutz. Voraussetzung für eine Investition im heterogenen Umfeld der Infrastruktur-Anlageklasse ist allerdings eine stringente Definition und Klassifikation sowie eine an die Investorenbedürfnisse angepasster Anlageprozess. Die positiven Eigenschaften der Anlageklasse finden sich allerdings ausschließlich im Bereich der Basis-Infrastruktur. Der Zugang über börsennotierte Infrastruktur-Unternehmen eröffnet Investoren die Möglichkeit unmittelbar, an den Vorteilen der Anlageklasse zu partizipieren.
EXXECNEWS-Autor Dr. Robin Jakob ist Gründungspartner der LPX AG (Zürich), einem Finanzdienstleister im Bereich Listed Alternatives mit einem Fokus auf die Assetklassen Listed Private Equity und Listed Infrastructure. Das Dienstleistungsspektrum des 2004 gegründeten Unternehmens umfasst Research, Indexing und Investment Advisory.
Ansprechpartner in Deutschland: Colinne S. Bartel – AC Innovation GmbH
Der Gastbeitrag ist zuerst erschienen in EXXECNEWS Ausgabe 07/2021.