Innovationen auch außerhalb der Börse finanzierbar

Private Equity ist in der Breite angekommen – regulatorisch, medial und im Vertrieb. Mit der Reform des ELTIF-Regimes (ELTIF 2.0) könnte die Branche an einem Wendepunkt stehen: Der Zugang für Privatanleger wird strukturell erleichtert und das Interesse wird größer. Doch mit der wachsenden Aufmerksamkeit wächst auch die Verantwortung zur Differenzierung.
Denn: Private Equity ist nicht gleich Private Equity. Die Anlageklasse umfasst ein breites Spektrum, das von Frühphasenfinanzierungen über Wachstumsfonds bis hin zu großvolumigen Buyouts reicht. Wer sich heute ernsthaft mit Private Equity beschäftigt – sei es als Investor, Berater oder Produktverantwortlicher –, sollte daher genauer hinsehen. Besonders in der aktuellen Marktphase rückt ein Segment verstärkt in den Fokus: der Lower Mid-Market.
Wachstum mit Substanz: Der Mittelstand
Beteiligungen an etablierten, nicht börsennotierten mittelständischen Unternehmen – dem sogenannten „Lower Mid-Market“ – überzeugen durch ihr attraktives Risiko-Rendite-Profil. Diese Unternehmen erwirtschaften in der Regel Gewinne zwischen fünf und 25 Millionen Euro und sind operativ etabliert, bieten aber noch erhebliches Entwicklungspotenzial. Dieses resultiert nicht allein aus Visionen, sondern aus konkreten Maßnahmen wie Internationalisierung, Prozessoptimierung, Digitalisierung oder gezielten Add-on-Akquisitionen.
Ein zusätzlicher Vorteil ist, dass die Einstiegsmultiples in diesem Segment häufig niedriger sind als bei großen Konzernen oder börsennotierten Unternehmen. Gleichzeitig haben die Private-Equity-Manager einen größeren Einfluss auf die operative Entwicklung. All das macht den Lower Mid-Market für Private-Equity-Fonds besonders interessant: Er ist wirtschaftlich substanziell, strategisch gestaltbar und in vielen Fällen auch technologisch führend.
Technologie findet nicht nur im Labor statt
Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass technologische Innovationen vor allem im Start-up-Bereich stattfinden. Doch viele mittelständische Unternehmen, die oft wenig bekannt sind, sind in ihren Nischen längst Technologieführer mit robustem Geschäftsmodell, internationaler Präsenz und starker Marktstellung. Gerade diese Unternehmen erschließt Private Equity gezielt – oft ohne öffentliche Wahrnehmung.
Drei Beispiele verdeutlichen das:
Agilox entwickelt autonome mobile Roboter für die Logistik- und Industriebranche. Die selbstlernenden und flexibel einsetzbaren Systeme optimieren Materialflüsse und sind ein stark wachsendes Feld im Kontext von Automatisierung und Industrie 4.0. Das 2009 gegründete Unternehmen hat sich seither in einem hochdynamischen Marktumfeld erfolgreich etabliert.
Avast, 1988 gegründet, zählt zu den führenden Anbietern im Bereich Cybersecurity. Die Softwarelösungen des Unternehmens basieren auf Echtzeit-Bedrohungsanalysen und maschinellem Lernen und sind somit eine technologische Antwort auf die wachsende Bedeutung digitaler Sicherheit.
Ecotone ist aus dem traditionsreichen Unternehmen Wessanen (gegründet 1765) hervorgegangen und hat sich zu einem Spezialisten für pflanzenbasierte, nachhaltige Ernährung entwickelt. Mit bekannten Bio-Marken, einem wachsenden Sortiment und einem starken Fokus auf ESG steht Ecotone für wirtschaftlich erfolgreiches Handeln im Einklang mit gesellschaftlichen Trends.
Alle drei Unternehmen zeigen: Innovation ist nicht zwingend jung, disruptiv oder börsennotiert. Oft ist sie tief in etablierten Strukturen verankert und entfaltet sich durch konsequente Weiterentwicklung, strategisches Management und nachhaltige Positionierung.
Qualität braucht Einordnung
Durch die zunehmende Öffnung von Private Equity – nicht zuletzt durch ELTIF 2.0 – wird diese Anlageklasse einem breiteren Anlegerkreis zugänglich. Das ist ein Fortschritt. Doch damit wird eine fundierte Einordnung umso wichtiger. Denn Private Equity ist kein standardisiertes Produkt, sondern ein Zugang zu unternehmerischer Entwicklung mit sehr unterschiedlichen Ausprägungen.
Gerade für Berater eröffnet das neue Chancen: Wie im börsennotierten Bereich braucht es auch in den Private Markets eine durchdachte Portfoliostrategie – erst recht, wenn Privatanleger beteiligt sind. Die Anlageklasse erfordert Erklärung, Erfahrung und Vertrauen. Berater, die hier Kompetenz zeigen, können sich in einem noch wenig besetzten Feld positionieren – und Anlegern den Zugang zu einem Markt ermöglichen, der ohne fundierte Begleitung kaum erschließbar ist. Wer Private Equity nachhaltig erfolgreich vermitteln will, braucht daher nicht nur gute Produkte, sondern auch ein klares Verständnis für die Bedürfnisse privater Anleger – und den Anspruch, diesen mit echter Beratungsqualität zu begegnen.
Nico Auel ist Vorstand der Munich Private Equity AG, Oberhaching. Seit mehr als 25 Jahren ermöglicht die Unternehmensgruppe mit einem Anlagevolumen von rund 2,7 Milliarden Euro privaten und institutionellen Kunden den Zugang zu den exklusivsten Private-Equity-Fonds der Welt.
Der Beitrag ist zuerst im Schwerpunkt „Private Equity“ zu EXXECNEWS Ausgabe 13 erschienen.

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