Lang lebe der Bullenmarkt – oder doch nicht?

David Wehner
David Wehner

Marktkommentar von David Wehner, Senior Portfoliomanager bei Do Investment. Er hält es nur für eine Frage der Zeit, wann der anhaltende Optimismus auf die Probe gestellt wird:

„Das Ende bedacht, hat viel Gutes gebracht“, so ein deutsches Sprichwort. Wer als Anleger daran auch Ende vergangenen Jahres dachte und vorausschauend handelte, verlor nicht den Mut, sondern antizipierte den nachfolgenden Aufschwung. Zwar endete erstmal, gemessen an den US-Börsen, 2018 die längste Haussephase der Börsengeschichte: 3.482 Tage, vom 9. März 2009 bis zum 20. September 2018. Doch der Bärenmarkt währte nicht lange. Seit den Tiefs im Dezember erholten sich die Märkte mit einer hohen Dynamik. Wenn wir der allgemeinen Definition von Bullen- und Bärenmärkten folgen, befinden wir uns in einem neuen Bullenmarkt.

Das erste Quartal im Börsenjahr 2019 fühlte sich wie ein Konjunkturboom an. Die Kapitalmärkte waren nicht zu stoppen – trotz geopolitischen Sorgen, schwächeren Konjunkturdaten und unklarem Brexit. Das Credo an den Märkten: Gute Nachrichten sind gute Nachrichten; und schlechte Nachrichten sind noch viele bessere Nachrichten – denn dann kommen die Zentralbanken. Diese vollführten in den ersten Monaten dieses Jahres im Vergleich zu 2018 eine 180-Grad-Drehung, indem sie den Märkten weitere Liquiditätsmaßnahmen zusagten. Diese Unterstützung kombiniert mit einer technischen Korrektur haben seit Januar zu einer starken Erholung an den Kapitalmärkten geführt.

Rezession unwahrscheinlich

Wir gehen generell weiterhin von keiner globalen Rezession aus, sondern von einer Entschleunigung der wirtschaftlichen Dynamik. Nach dem Boom im Jahr 2017 heißt es: zurück zum Potentialwachstum. Seit der tiefgreifenden Rezession 2008/2009 gab es immer wieder regionale Eintrübungen der Stimmungsindikatoren. Die Phasen der Jahre 2011 bis 2012 (Eurokrise) sowie 2016 (Chinas Wachstumssorgen) haben ebenfalls zu keiner globalen Rezession geführt. Für 2019 gehen wir von einer Bodenbildung und einer Erholung der Frühindikatoren in der zweiten Hälfte des Jahres aus.

Anleihen als strategische Signalgeber

Die Renditen von zehnjährigen Bundesanleihen fielen im Verlauf von 2019 um mehr als 30 Basispunkte auf minus 0,1 Prozent. Dieses Beinahe-Krisenniveau erreichten Bundesanleihen zuletzt im Sommer 2016 nach dem Brexit-Votum. Die Renditen des US-amerikanischen Pendants fielen auf bis zu 2,35 Prozent. Die Zinsstrukturkurve in den USA war teilweise stark invers. Das heißt: Die Renditen von Drei-Monatspapieren waren höher als die von zehnjährigen Staatsanleihen – historisch betrachtet ein Rezessionssignal.

Allerdings sind wir aufgrund der starken Manipulation der Zinsstrukturkurve durch die Zentralbanken der Auffassung, dass die Zinsen ihre Funktion als Frühindikator für eine Rezession verloren haben. Obwohl sich die Aktienmärkte in den vergangenen Monaten erholten, profitierten die globalen Anleihemärkte gleichermaßen vom bestehenden Kapitalmarktumfeld. Auf der Suche nach Rendite waren risikoreichere Assetklassen die Gewinner. Die Renditen von Hochzinsanleihen und Unternehmensanleihen sind erheblich gesunken. AAA-Bonds wie Staatsanleihen weisen aufgrund der Zentralbankpolitik ebenfalls eine stark positive Performance auf.

Zusammenfassend: Je schlechter die Bonität, umso besser die Performance. Neben den Stärken des Aktien- und Rentenmarkts konnten sich auch die Rohstoffpreise stabilisieren und erholen. Obwohl das erste Quartal durch einen Risk on-Modus geprägt war, konnte Gold zulegen. In US-Dollar gemessen liegt die Performance bei 0,9 Prozent, in Euro bei 2,9 Prozent. Wir haben die Niveaus Mitte Februar dazu genutzt, unsere Position in Gold zu reduzieren – sowohl physisch als auch bei Goldminen-Werten. Der Rohölpreis ist seit jüngsten Niedrigständen um über 30 Prozent gestiegen. Industriemetalle wie Kupfer, Nickel und Zink entwickelten sich ebenfalls positiv. Trotz dieser starken Erholung gehen wir von einer moderaten Inflation für 2019 aus, da die Rohstoffpreise weiterhin unter den Niveaus von 2018 liegen.

Sachlich bleiben und Kurskorrekturen einrechnen

Grundsätzlich beeindruckte uns die relative Ruhe an den Kapitalmärkten. Die Volatilität von Zinsen, Risikoprämien, Währungen und Aktien war historisch betrachtet sehr gering. Kurze Marktkorrekturen an den Aktienbörsen führten sofort zu Käufen. Die Euphorie der vergangenen Wochen sorgte für sehr geringe Volatilität. Gleichwohl: Wir trauen dieser Ruhe nicht. Wir gehen von steigenden Schwankungen in den nächsten Monaten aus. Die beschriebene Hausse hat uns beeindruckt, aber nicht erstarren lassen. Im vergangenen Jahr haben wir die Verwerfungen dazu genutzt, Risikopositionen im Renten- und Aktienbereich zu erhöhen. Dazu haben wir im Rententeil die Allokation bei den Hochzins- und Schwellenländeranleihen erhöht und im Aktienbereich beispielsweise ein ETF auf den chinesischen Aktienmarkt (CSI300 Index) gekauft. Aufgrund der Euphorie an den Kapitalmärkten haben wir Risikopositionen reduziert – und uns auf mögliche Kurskorrekturen vorbereitet.

Berichtssaison bringt erste Dämpfer

Die positive Marktstimmung muss in den nächsten Monaten von den Fundamentaldaten getragen werden. Wir sind der Auffassung, dass sich das Konjunkturbild im Verlauf des Jahres aufhellen wird; allerdings ist das vorgegebene Tempo der Börsen sehr hoch. So wird es während der kommenden Berichtssaison Enttäuschungen bei den Unternehmenszahlen und -ausblicken geben, was wiederum die Börsenkurse belasten wird. Wir haben sowohl bei den Einzeltiteln als auch bei den Fonds eine Risikoreduktion vorgenommen. Dabei haben wir Positionen reduziert, die von der Entwicklung des ersten Quartals überproportional profitiert haben.

Kurzüberblick: Aktuelle Portfolio-Strategien bei Aktien, Renten & Co.

Unser Fondsmanagement hat die starke Korrektur an den Kapitalmärkten im vergangenen Jahr dazu genutzt, die Aktienpositionierung auszubauen. Zudem haben wir auf der Rentenseite verstärkt in Hochzins- und Schwellenländeranleihen investiert. Während wir zu Jahresbeginn an der allgemeinen Euphorie an den Märkten partizipieren konnten, haben wir im weiteren Verlauf des ersten Quartals Risiken reduziert, um uns für ein absehbar volatiles Marktumfeld aufzustellen. So trennten wir uns im Verlauf des ersten Quartals überwiegend von Unternehmensanleihen mit einer schwachen Bonität. Zudem veräußerten oder reduzierten wir Drittfonds mit Fokus auf Unternehmensanleihen. Freigewordene Liquidität investierten wir in einen geldmarktähnlichen Fonds mit geringem Zinsänderungs- und Kreditrisiko. Eine Investition in langlaufende Staatsanleihen ist keine Option, da die Renditen unseres Erachtens nach zu stark gefallen sind.

Ausblick: Auf Optimismus folgt nächster Härtetest Die Kapitalmärkte strahlen Konjunkturoptimismus aus. Derzeit sind neue Höchststände bei den amerikanischen Börsen denkbar. Allerdings: Es ist nur eine Frage der Zeit, wann dieser Optimismus – trotz expansiver Geldpolitik und rekordverdächtigen Aktienrückkäufen – auf die Probe gestellt wird. Denn zahlreiche Positiv-Nachrichten sind mittlerweile in den Kursen eingepreist. Diese hohen Erwartungen müssen im Verlauf des zweiten Quartals durch Fakten, also durch Konjunkturdaten, bestätigt werden, um das derzeitige Kursniveau zu halten. Kurskorrekturen erscheinen uns wahrscheinlich, da die konjunkturelle Stabilisierung keine Einbahnstraße ist.

In einer Welt kritisch hoher und steigender Schulden – nahezu unglaubliche 325 Prozent des weltweiten Bruttoinlandprodukts – sowie einigen so handlungs- wie beratungsresistenten Politikern gelingt Krisenmanagement ausschließlich mit Geldpolitik. Um weitere Wachstumsimpulse zu setzen, dürften unkonventionelle Maßnahmen künftig stärker in den Vordergrund rücken, etwa der Ankauf von Aktien und so genanntes Helikoptergeld. Für 2019 erwarten wir weiterhin, dass sich die Weltwirtschaft entschleunigt. Bedeutende globale Treiber verhalten sich zueinander eher konträr. Einerseits: Die sich derzeit zwischen den USA und China abzeichnende Deeskalation des Handelsstreits dämpft Konjunktursorgen. Wir gehen weiterhin auch von einem geregelten Brexit aus. Andererseits: Die Ungewissheit beim Brexit wird die Fundamentaldaten in Europa weiterhin belasten. Aufgrund dieser Abkühlungstendenzen sehen wir keinen Inflationsdruck für das Jahr 2019 und somit nur leicht steigende Zinsen im Verlauf der zweiten Jahreshälfte.

David Wehner ist Senior Portfoliomanager bei der Do Investment AG mit Sitz in München. Die Vermögensverwaltung ist Teil der Unternehmensgruppe von Silvius Dornier und betreut Privatpersonen, mittelständische Unternehmerfamilien, konservative Institutionen und Stiftungen ganzheitlich in allen Fragen der Vermögensplanung und des Vermögensmanagements. Ihre Kernkompetenzen liegen in der Strukturierung und Verwaltung von liquiden Vermögenswerten und ausgewählten Sachwertinvestments im Bereich der Agrarwirtschaft.

www.do-investment.de

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