Messebericht Expo Real – Messe differenzierter Hoffnungsstrahlen
Die Expo Real ist die bedeutendste Messe für die professionelle Immobilienwirtschaft des Kontinents. Jedes Jahr im Oktober gibt sie seit 1998 ein Stimmungsbild. Der Autor hat vom ersten Tag an schon die Gründungsorganisation mitbegleitet und den Weg von der sympathischen, heimischen Messealternative zur überteuerten, französischen MIPIM hin zur Cash Cow mit Arroganzführerschaft begleitet. Letztlich führt auch für die Beschwerdeführer der Backgroundgespräche kein Weg an der Expo Real vorbei.
Wenn man eigentlich keine Lust auf eine Fete hat, macht sie oft am meisten Spaß – so auch die Expo Real 2024. Die Branche ist jetzt im dritten Stadium. Schlimmer wird es wohl nicht mehr. Natürlich geht es in einer der besten Volkswirtschaft der Welt nach 80-Prozent-Einbruch wieder aufwärts. Fragen sind nur: Wie weit? Wie schnell? Für den Autor blieb lediglich offen, ob die positive Einschätzung der Aktivitäten und der hocheffizienten Gespräche, die in neuer Vielzahl geführt wurden, nicht auch damit zusammenhängen, dass sich die Branche in Gesprächen mit sich selbst beschäftigt, weil sie ja nichts anderes zu tun hat.
Zahlenwerk noch deutlich unter Vor-Corona
Die Schlussmeldung der Expo Real 2024 berichtet von 40.000 Teilnehmern aus 75 Ländern und Regionen und 1.778 Ausstellern aus 34 Ländern. Der Blick in unser Archiv bestätigte den Eindruck, dass es seit Vor-Corona-Zeiten deutlich ruhiger geworden sei. Auf der Expo Real 2019, der letzten „normalen“ Expo Real vor Corona und Ukraine-Überfall, kamen 46.747 Teilnehmer aus 76 Ländern. Fast 2.200 Unternehmen aus 45 Ländern stellten aus. 2019 war im Hype der „gesunde Immobilienverstand“ in Quantität abgeschaltet. Diesmal nahm die Seniorität aus unserer Sicht deutlich zu.
Krise jetzt in Phase drei
Der Blick auf die drei Messen seit der Zinswende 2022 zeigt drei Stimmungsphasen auf.
Erste Phase: Die Expo 2022 startete noch mit der Realitätsverweigerung der Effekte der Zinsexplosion auf Bestandsbewertungen, Projektentwicklungen und mögliche Exits. Der Autor zeigte ihnen das damals bereits auf und rechnete Bewertungseffekte von minus 25 bis minus 40 Prozent vor, während Branche und Bewerter noch hilflos über „sich findende Märkte“ und fehlende Vergleichsdeals herummurmelten.
Zweite Phase: 2023 fielen die Matadore in ein breites Stimmungstief.
Dritte Phase: Dieses Jahr, 2024, setzte sich eine differenzierte Betrachtungsweise hinsichtlich der Assetklassen sowie der überlebenden oder sogar profitierenden Player durch.
Die Expo Real 2024 meldete selbst: Leichte Zuversicht in einem sich wandelnden Markt. Das trifft auch unser Stimmungsbild. Gefühlt waren deutlich weniger Junioren der motivationsfördernden Kinderlandverschickungen auf der Messe. Ohne „genannt werden zu wollen“ wurde beklagt, dass die ESG-Matadore der Institutionellen Überhand nehmen. „Es geht doch nicht, macht Geschäft kaputt, entwertet“.
Immobilienwirtschaft in der Rolle des „Weltretters“
Andererseits machten eine Vielzahl von Foren und Interessensvertretern die Klima-Weltrettungsaufgabe der Immobilienwirtschaft zum Thema. Dezent übersehen wurde regelmäßig, dass das meist zu Lasten von Fondsanlegern und Versicherten der institutionellen Investoren geschieht, die aus ihrer Sicht ja Eigenkapital und Verantwortung investieren.
„Die Expo Real hat eindrucksvoll bewiesen, dass die Immobilienbranche trotz schwieriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen nach vorne blickt“, schwadroniert die Messe-Abschluss-Pressemeldung. Stefan Rummel, Geschäftsführer der Messe München, zieht Bilanz: „Die sehr erfreulichen, stabilen Teilnehmerzahlen auf der diesjährigen Expo Real unterstreichen die Bedeutung der Messe für die Immobilienbranche.“
Was sollen die Überlebenden die Branche auch anders machen, fragt sich der Autor. Schließlich haben die Angestellten der in Immobilien oft überallokierten institutionellen Investoren, die derzeit ihre Wunden eines zu teuren Einkaufs, auslaufender Mietverträge und Finanzierungen lecken müssen und sich auf oft nicht rechenbare ESG-Sanierungsmaßnahmen vorbereiten müssen.
Die „zweite Pleitewelle kommt noch - Die Immobilienwirtschaft hat die Lage noch nicht verstanden“
Der Autor hat sich zur Rücksprache seiner eigenen Skepsis in Bezug auf immobilienwirtschaftliche und volkswirtschaftliche Rahmendaten, die derzeit Assetklassen unterschiedlich treffen, mit dem Chefvolkswirt von „Der Immobilienbrief“, dem ehemaligen Studiendekan der DHBW und ADI-Gründer Professor Dr. Hanspeter Gondring, einem der erfahrensten Immobilien-Volkswirte, auf der Expo Real zum vorgeführten Branchenoptimismus besprochen. Gondring meint dazu: „Die Immobilienwirtschaft hat die Lage noch nicht richtig verstanden. Viele auch bekannte ‚Researcher‘ meinen, die Immobilienwirtschaft wäre, losgelöst von allem, eine eigene Insel der Glückseligen. Wir haben massive volkswirtschaftliche Probleme, die wissenschaftlich untermauert oft nicht publik werden. Die Forschungsinstitute einschließlich der ‚Rat der fünf Verwaisten‘ müssen sich zurückhalten, weil sie nie vergessen, wer sie letztlich bezahlt. Und es geht ja auch um die Ehre und viele Talkrunden im Fernsehen. 2024 wird das zweite Jahr in Folge mit Negativwachstum. 2025 wird auch nicht besser. Lieber Werner, wir haben kein konjunkturelles Problem, sondern ein strukturelles Problem. Als Volkswirt weißt Du, wie hartnäckig sich strukturelle Probleme auf der Makroebene halten.“ Gondring bleibt bei seiner Aussage, dass der „u-förmige“-Verlauf der aktuellen Schwierigkeiten noch bis 2027 anhält. Es werde auch noch zu einer „zweiten Pleitewelle“ kommen. Der auf der Branche liegende „Mehltau“ sei auf der Expo Real deutlich zu spüren gewesen. Das „Mantra“ des Zweckoptimismus sei zwar bewundernswert, anderseits seien „innovative Lösungsansätze“ kaum erkennbar. Brave New World.
Dem hat der Autor nichts hinzuzufügen. Der Blick auf die Assetklassen lässt sich zusammenfassen: Wohnen und Logistik profitiert, Handel hat sich schon über die letzten fünf Jahre angepasst. Büro steht vor einer nie gesehenen Gemengelage schwieriger Rahmenbedingungen.
Der Beitrag ist zuerst in EXXECNEWS Ausgabe 22 erschienen.
Werner Rohmert, Herausgeber „Der Immobilienbrief“, Immobilienspezialist und Vorsitzender immpresseclub, Arbeitsgemeinschaft deutscher Immobilienjournalisten.