Rückblick auf die „SuperReturn“: Krise nicht in Sicht
EXXECNEWS-Autor Julien Zornig (Astorius) blickt zurück auf die Private-Equity-Konferenz „SuperReturn International 2021“ in Berlin. Seiner Beobachtung nach gehen weder die Branche noch die Investoren von einer signifikanten Krise aus:
Nach der unfreiwilligen Corona-Unterbrechung trafen sich im November mehr als 2.000 offizielle und ungezählte Peripherieteilnehmer zur großen Private-Equity-Konferenz „SuperReturn International“ in Berlin. Dass damit die Konferenz ausverkauft war, zeigt, wie sehr trotz digitaler Ausweichmöglichkeiten in dieser professionellen Welt der persönliche Kontakt noch hoch im Kurs liegt. Sogar Branchengrößen wie David Rubenstein von der Carlyle Group oder Robert Smith von Vista Equity Partners erschienen trotz der Corona-Lage persönlich. Das verdeutlicht den Wert dieser Plattform selbst im globalen Kontext der Pandemie.
Auch wir nutzten die vier Tage in Berlin, um mit neuen und bekannten Fondsmanagern ins Gespräch zu kommen. In über 70 Einzelgesprächen konnte sich unser Team einen wertvollen Marktüberblick verschaffen. Die wichtigste Erkenntnis aus Gesprächen und zahlreichen Network-Events: Trotz der Pandemie konnte die Mehrzahl der Small- und Lower Mid-Market Fonds ihre überdurchschnittlichen Ergebnisse fortsetzen.
Das Event umfasste alle relevanten Industriethemen in der wohl erfolgreichsten Marktphase dieser Branche. Neben Networking, Gerüchtehandel und hocheffizientem Speeddating zwischen Fonds und Investoren wurde natürlich der Blick auf das Marktumfeld und die großen Trends geworfen.
Kreative Fondswelt
Anders als in anderen Industrien scheint die Pandemie der Private-Equity-Branche noch mal einen Schub verpasst zu haben was Nachfrage, Fondsvolumen, Anzahl von Transaktionen und Performance betrifft. Die knapp 550 Milliarden Euro an Transaktionsvolumen allein in den ersten neun Monaten 2021 in Europa zeigen ein erneutes Wachstum der Branche im Vergleich zum Vorjahr. Die immer größer werdende Sorge bleibt die Verfügbarkeit von Übernahmeobjekten. Da das „dry powder“ der Branche stetig wächst und geeignete Objekte knapp sind, hört man immer häufiger von kreativen Lösungen wie beispielsweise „continuation funds“. Diese Fortsetzungsfonds ermöglichen es Fondsmanagern, gute Unternehmen wie geplant aus den Fonds nach der Haltedauer zu veräußern, ohne sie dem Markt anbieten zu müssen. Die Branche bleibt also erfinderisch.
In der Pandemie wird alles zu Tech
Während früher Technologie ein eigenes Anlagesegment war, ist es heute universelles Charakteristikum für die Zukunftsfähigkeit von so ziemlich allen Beteiligungen. Software ist kein industrieller Sektor mehr, sondern integraler Bestandteil von jeder Branche. Schließlich hat die Pandemie nicht nur die Wege des Vertriebs, sondern auch des Miteinander und des Arbeitens allgemein grundsätzlich verändert.
ESG als glaubwürdiger Selbstzweck
Zufällig fielen die „SuperReturn International“ und die Klimakonferenz „COP26“ auf den gleichen Termin. Das Thema ESG hätte es aber auch ohne diesen zeitlichen Zusammenhang auf die Agenda der Konferenz geschafft. Der regulatorische Rahmen ist im Wandel und bleibt auf Kurs, ESG mit wachsenden Anforderungen an Nachhaltigkeit und Transparenz weiter zu fördern. Die Private-Equity-Industrie tut sich mit diesen hohen Anforderungen der Regulatorik ausnahmsweise leichter als viele andere Finanzdienstleister. Schließlich ist durch die Langfristigkeit der Investitionen eine umfassendere Prüfung von Nachhaltigkeitsthemen immer schon Bestandteil der Due Diligence gewesen. Viele Fonds beäugen sich noch neugierig bei der operativen Umsetzung vieler neuer Regeln, im Investmentprozess allerdings machen die Branchenvertreter einen gut vorbereiteten Eindruck.
Krise nicht in Sicht
Neben dem gewohnten Zweckoptimismus ist echter Zweifel an einer aufkommenden Krise zu spüren. Trotz der Pandemie, steigender Energiekosten, Lieferengpässen im globalen Handel und nicht zuletzt steigender Inflation gehen weder die Branche noch die Investoren von einer signifikanten Krise aus. Der Liquiditätsdruck bleibt hoch, die Zinsen als Alternative weiter zu gering. Damit bleibt die unternehmerische Beteiligung zentral für die Erreichung der Renditeziele.
Größe entscheidet
Das Missverhältnis aus viel Investitionskapital und wenigen Übernahmeobjekten bleibt bestehen. Viele arbeiten daher mit der kosmetischen Markierung über ungenau definierte Begriffe, um aus den eigenen Beteiligungen etwas kleinere und wendigere Unternehmen zu machen als sie sind. Es ist acht Jahre her, als auf der SuperReturn das Dogma „Zehn ist die neue Sieben“ in Anspielung auf den durchschnittlichen EBITDA Multiple Kaufpreis erkoren wurde. Heute müsste man sagen „Fünfzehn ist die neue Zehn“. Diese Bewertungen und der damit verbundene steigende Fremdkapitaleinsatz bleiben das schlummernde Risiko, falls eben doch eine Krise aufkommen sollte. Im Unterschied zu anderen Finanzdienstleistern gilt im Private Equity weiterhin vereinfacht: kleiner ist besser!
Erfolg bringt Herausforderungen
Mit wachsenden Renditen, Fondsvolumen und allgemeinen Erfolgsmeldungen geht auch ein Kampf um Talente einher, der immer härter und teurer wird. Die Lohnniveaus ziehen stark an, der Nachwuchs wird umgarnt und ein Wechsel von Talenten wird durch hohe aufgelaufene Carried-Interest-Ansprüche oft unbezahlbar. Gute Fonds brauchen mehr als eine gute historische Rendite, um den Unterbau für die erfolgreiche Zukunft zu gewinnen.
EXXECNEWS-Autor Julien Zornig ist Managing Partner von Astorius, einem Anbieter von Private-Equity-Anlagelösungen mit Sitz in Hamburg. Das 2012 gegründete Unternehmen legt Dachfonds für semiprofessionelle Anleger auf, die sich ihrerseits an Private-Equity-Fonds mit Fokus auf wachstumsstarke mittelständische Unternehmen in Europa und Nordamerika beteiligen. Astorius berät zudem Family Offices bei deren Private-Equity-Investments und Anlagestrategien.
Der Gastbeitrag ist zuerst erschienen in EXXECNEWS Ausgabe 24/2021.