Tätigkeitsbegrenzung bei extern verwalteten AIF: BaFin-Auslegung wirft Fragen auf
Gastbeitrag von Ludger Wibbeke und Dr. Philipp Wösthoff, Hauck & Aufhäuser Privatbankiers
In ihrem Entwurf eines Auslegungsschreibens zu den Tätigkeiten einer externen Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) sieht die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) eine weitreichende Gleichbehandlung von Sondervermögen und AIF-Investmentgesellschaften vor. Geht es nach der Behörde, hat die KVG etliche Geschäfte für den von ihr verwalteten Alternativen Investmentfonds (AIF) abzuschließen – und zwar ganz überwiegend in eigenem Namen. Diese wenig sachgerechte Interpretation hätte erhebliche Folgen für die Branche.
Die Bemühungen einer klaren Abgrenzung der Zuständigkeiten von KVG und AIF-Investmentgesellschaft fußen auf der Tatsache, dass AIF-Gesellschaften durch ihre gesellschaftsrechtliche Form, anders als Sondervermögen, mit einer eigenen Rechtspersönlichkeit ausgestattet sind. Daher können sie grundsätzlich selbst im Rechtsverkehr tätig werden und müssen dies gemäß der ihnen qua unterschiedlicher Rechtsnormen übertragenen Rechte und Pflichten auch tun. Dazu zählen neben den Vorschriften des Aktiengesetzes (AktG), Handelsgesetzbuches (HGB) und etlichen weiteren Rechtsnormen, wie dem Umsatz- und dem Gewerbesteuergesetz sowie der Insolvenzordnung insbesondere auch die einschlägigen Abschnitte des Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB).
Dessen ungeachtet vertritt die BaFin die Auffassung, dass eine AIF-Investmentgesellschaft im Kern weitestgehend wie ein Sondervermögen zu behandeln sei. Zwar erkennt die Behörde an, dass der Investmentgesellschaft aus ihrer gesellschaftsrechtlichen Organisationsstruktur besondere Pflichten erwachsen; konkret nennt sie jedoch einzig die Einberufung von und Teilnahme an Hauptversammlungen beziehungsweise Gesellschafterversammlungen sowie die dortigen Beschlüsse.
Fast alle übrigen Aufgaben rechnet die Aufsichtsbehörde dagegen der kollektiven Vermögensverwaltung zu. Diese soll die Verwaltungsgesellschaft stets im eigenen Namen wahrnehmen und entweder im Rahmen der Verwaltungsgebühr einpreisen oder als Aufwendungen gegenüber dem AIF geltend machen. Neben der Portfolioverwaltung und dem Risikomanagement sind demzufolge auch administrative Aufgaben und der Vertrieb von Investmentanteilen zu den originären Aufgaben der KVG zu zählen. Nicht nur alle Entscheidungen über das „ob“ und „wie“ eines Investments obliegen danach der KVG – die reine Ausführung von Transaktionen soll als eine der wenigen Ausnahmen im Namen der AIF-Investmentgesellschaft stattfinden –, sondern auch alle vertraglichen Vereinbarungen mit Dritten über Tätigkeiten im Zusammenhang mit den Vermögensgegenständen. Exemplarisch genannt werden hier die Immobilienverwaltung und das Facility Management. Schließlich werden auch Buchhaltungs- und Rechnungslegungspflichten der KVG zugeordnet; gegenüber AktG und HGB gehe das KAGB hier als lex specialis vor, heißt es zur Begründung. Dabei geht die BaFin grundsätzlich davon aus, dass eine Rückübertragung von Aufgaben der KVG auf die AIF-Investmentgesellschaft nicht möglich ist.
Folgt man dieser Auslegung, ergeben sich etliche Rechtsunsicherheiten. Einerseits können bei der Investmentgesellschaft und ihren Organen erhebliche Haftungsrisiken entstehen, wenn diese ihrer Pflichten im Rahmen der Rechnungslegung über eine Neuzuordnung vermeintlich enthoben werden; möglich erscheinen hier sogar Konsequenzen von strafrechtlichem Belang.
Auf der anderen Seite bedeutet die weitreichende Übertragung von Zuständigkeiten Richtung KVG unter der zusätzlichen Maßgabe, jeweils im eigenen Namen zu handeln, eine erhebliche Schwächung der Stellung der AIF-Investmentgesellschaft und ihrer Anleger. Insbesondere wird ihr für den Fall von Leistungsstörungen die Anspruchsgrundlage entzogen: Weil die Investmentgesellschaft selbst keine Vertragsbeziehungen zu den involvierten Dritten unterhält, kann sie ihm gegenüber auch keine Gewährleistungsansprüche anmelden, wenn dessen Leistung fehlerhaft ist oder Folgeschäden verursacht. Etwaige Ansprüche kann sie daher nur gegenüber dem Vertragspartner KVG geltend machen. Diese wiederum steht vor der Schwierigkeit, dass der jeweilige Schaden nicht bei ihr, sondern bei der AIF-Gesellschaft auftritt, was einen Rückgriff auf die Grundsätze zur Drittschadenliquidation erforderlich macht. Konsequenz aus einer derartigen Konstellation ist dabei, dass die AIF-Investmentgesellschaft mit dem Insolvenzrisiko der KVG belastet wird.
Das ist ebenso wenig im Sinne des Anlegerschutzes wie eine weitere Implikation der BaFin-Auslegung: Als im eigenen Namen handelnde Partei müsste die KVG bei Verträgen mit Dritten stets mit eigenem Vermögen in Vorleistung treten. Ob sie über ausreichend Kapitalkraft und Sicherheiten verfügt, um solche Verträge zu den besten Konditionen im Sinn der Anleger auszuhandeln, ist zumindest zweifelhaft. Gleichzeitig trägt die KVG aufgrund der Vorleistungspflicht bis zur Durchsetzung des Aufwendungsersatzanspruches gegenüber der AIF-Investmentgesellschaft praktisch das gesamte Risiko bei der Beauftragung von Dritten.
Derzeit bleibt abzuwarten, ob die BaFin an ihrer weder sachgerechten noch im Sinne des Anlegerschutzes zu rechtfertigenden weitreichenden Gleichsetzung von Sondervermögen und AIF-Gesellschaften festhalten wird.
Unser Autor Ludger Wibbeke ist Rechtsanwalt und Leiter Asset Servicing/Real Assets Deutschland & Luxemburg bei Hauck & Aufhäuser Privatbankiers KGaA, Frankfurt am Main.
Unser Autor Dr. Philipp Wösthoff ist Rechtsanwalt und Leiter Asset Servicing/Real Assets Deutschland bei Hauck & Aufhäuser Privatbankiers KGaA, Frankfurt am Main.
Der Beitrag ist zuerst erschienen in EXXECNEWS Ausgabe 12/2017.