US-Wahlen bergen große Risiken für den Aktienmarkt

Till Christian Budelmann
Till Christian Budelmann

Marktkommentar von Till Christian Budelmann von der Schweizer Privatbank Bergos Berenberg. Seiner Einschätzung nach sollte neben der Wahl des Präsidenten vor allem die Sitzverteilung des Senats im Fokus der Börsianer stehen:

Soziale Unruhen, die Corona-Pandemie und anhaltende Spannungen zwischen den USA und China – die Weltwirtschaft und die Kapitalmärkte sind einer ganzen Reihe von Risiken ausgesetzt. Als größtes Thema des zweiten Halbjahres sehen wir jedoch die anstehenden US-Präsidentschaftswahlen, die ein sehr enges Rennen werden dürften. Der Wahlausgang hat eine hohe Relevanz für den künftigen Kurs der US-Wirtschaft und damit auch für den Rest der Welt.

Ein Blick auf den starken Wiederanstieg der Aktienmärkte lässt vermuten, dass die Wirtschaft überall in voller Erholung und diese durch so gut wie nichts aufzuhalten ist. Es gibt jedoch mehrere Risiken für die Weltwirtschaft und für den globalen Aktienmarkt, die es richtig einzuordnen gilt. Dabei ist es wichtig, die Emotionen außen vor zu lassen.

Als eines der Risiken diskutieren Marktteilnehmer zurzeit die Unruhen in mehreren US-Städten nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd durch Polizeigewalt. Allerdings sollten die Auswirkungen auf die Kapitalmärkte begrenzt sein, solange die Situation nicht in bürgerkriegsähnliche Zustände ausartet. Ein weiteres Risiko bleibt die Covid-19-Pandemie. Die Lage in der entwickelten Welt scheint sich diesbezüglich etwas zu beruhigen. Auch im Hotspot USA sind die täglichen Todesfälle beispielsweise seit dem Höhepunkt im April recht stetig gesunken. In einzelnen Staaten ist die Anzahl der Neuinfizierten zuletzt allerdings gestiegen und die Gefahr einer zweiten Welle von Maßnahmen durch die Politik bleibt global bestehen. Ein erneutes Herunterfahren der Wirtschaft wäre extrem unvorteilhaft für die einzelnen Märkte. Allerdings hat Finanzminister Steve Mnuchin bereits verkündet, dass es zumindest in den USA keinen weiteren Lockdown geben wird.

Ein drittes Risiko liegt im Handelsstreit zwischen den USA und China. Die Rhetorik hat sich zuletzt wieder deutlich verschärft, was für beide Seiten opportun ist. In Amerika ist Wahlkampf und auch für Chinas Staatschef gilt es, Stärke zu zeigen. Allerdings gehen wir nicht von einer Eskalation des Streits mit neuen Zöllen aus. Denn das wäre für beide Machthaber in der derzeitigen wirtschaftlichen Lage wiederum nicht förderlich. Wir halten es zudem für sehr unwahrscheinlich, dass alle drei Themen gleichzeitig eskalieren, scheinen diese doch negativ miteinander korreliert zu sein. Die Risiken werden die Welt aber auch im zweiten Halbjahr begleiten. Im Mittelpunkt dürfte unserer Ansicht nach dann jedoch ganz klar der US-Wahlkampf stehen: Es hat eine sehr hohe Relevanz für Wirtschaft und Aktienmarkt in den USA, aber auch weltweit, wer künftig im Weißen Haus sitzt und wer über die Mehrheiten im Senat und Repräsentantenhaus verfügt.

Drohende Steuererhöhungen oder lieber Handelsstreitigkeiten?

Im November werden in den Vereinigten Staaten der Präsident, ein neues Abgeordnetenhaus und ein Drittel des Senats gewählt. Für die Republikaner geht Donald Trump ins Rennen, für die Demokraten Joe Biden, der dem gemäßigten Lager der Partei angehört. Zwei Themen, welche die Aktienmärkte immer wieder beschäftigt haben und dies wohl auch künftig tun, sind Steuern/Regulierung und Handelsstreit mit China. Trumps Steuersenkungen und Regulierungsabbau haben die Aktienmärkte sehr begrüßt. Die Auseinandersetzung mit China, die Trump immer wieder befeuert hat, hat die Märkte allerdings verunsichert. So würde es wahrscheinlich auch in einer zweiten Amtszeit aussehen, dann womöglich sogar noch erweitert um ernste Reibereien mit Europa. Ein Präsident Biden hingegen würde versuchen, die Steuern zu erhöhen und die Regulierung zu verstärken. Das wäre gerade für den US-Aktienmarkt eher negativ. Auch die Wähler der Demokraten sind zwar nicht sonderlich chinafreundlich gestimmt, jene würden aber wahrscheinlich zurückhaltender agieren, was angenehmer für die weltweiten Kapitalmärkte wäre. Es zählt jedoch nicht nur die Präsidentschaft, sondern auch die Machtverteilung im Senat und Abgeordnetenhaus. So ist beispielsweise für eine Steuerreform die Zustimmung beider Kammern notwendig.

Präsidentschaftswahl: Trump und Biden zurzeit gleichauf

Grundsätzlich sind derzeit vier Konstellationen für den Wahlausgang denkbar. Bei zweien kontrollieren – wie zurzeit – die Republikaner den Senat und die Demokraten das Abgeordnetenhaus, dazu kommt im Fall 1 Präsident Trump, im Fall 2 Präsident Biden. In den beiden anderen Fällen stellt eine der beiden Parteien den Präsidenten und kontrolliert beide Häuser. Vor allem die Variante, dass der Demokrat Biden voll durchregieren und damit auch die geplanten Steuererhöhungen seiner Partei durchsetzen kann, könnte sich negativ auf die Märkte auswirken und US-Aktien sogar schlechter stellen als die Börsen im Rest der Welt. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Konstellation eintritt, ist aktuell gar nicht so gering. Dem hauseigenen Tool von Bergos Berenberg zufolge liegt die Wahrscheinlichkeit eines Gewinns der Präsidentschaftswahl für Trump und Biden derzeit etwa bei 50 zu 50, wobei Trump in den letzten Wochen etwas an Beliebtheit verloren hat. Relativ deutlich, mit einer Wahrscheinlichkeit von 80 zu 20, sichern sich die Demokraten weiterhin das Abgeordnetenhaus. Sehr eng wird es hingegen beim Senat, hier dürften die Ergebnisse in einigen wenigen Staaten – wie auch bei der Präsidentschaftswahl – entscheidend sein. Im Fokus stehen dabei die Rennen in Iowa, Maine und North Carolina.

Wie sich der Wahlausgang auf die Sektoren niederschlägt

Der Wahlausgang wird sich unterschiedlich auf die einzelnen Sektoren auswirken. Kann Trumps Steuerreform zurückgedreht werden, würden vermutlich Sektoren wie Basiskonsum und Kommunikationsdienstleistungen, worunter auch Unternehmen wie Alphabet und Facebook fallen, leiden. Denn sie haben von den Unternehmenssteuersenkungen mit am stärksten profitiert. In beiden Parteiprogrammen spielt Energie eine wichtige Rolle. Von den Demokraten an der Macht würden Erneuerbare Energien profitieren und die klassischen US-Energie-Werte eher leiden. Bei den Republikanern wäre es genau anders herum. Durch die Demokraten unter Druck geraten dürften zudem die Bereiche Pharma und Tabak.

Als große Wahlkampfthemen erwarten wir die Bewertung des Krisenmanagements von Trump. Ebenso spielen die Wirtschaft und Gesundheitsversorgung eine wichtige Rolle. Eine V-förmige Konjunkturerholung würde Trump wahrscheinlich Rückenwind verleihen. Aber auch die Aktienmarktkurse spielen für die Wähler in den USA – im Gegensatz zu Deutschland – eine wichtige Rolle, da an ihnen die Altersvorsorge vieler Amerikaner hängt. Unser Fazit: Insgesamt ist aus jetziger Sicht ein sehr enges Rennen zu erwarten und neben der Wahl des Präsidenten sollte vor allem die Sitzverteilung des Senats im Fokus der Börsianer stehen.

Till Christian Budelmann ist Kapitalmarktstratege der Schweizer Privatbank Bergos Berenberg, die sich jüngst von der Berenberg-Gruppe gelöst hat. Das Unternehmen ist auf Vermögensverwaltung und Vermögensbetreuung in allen liquiden Assetklassen sowie in alternativen Investments wie Real Estate, Private Equity oder Kunst spezialisiert.

www.bergos-berenberg.ch

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