Viel potenzielle Impact-Investment-Kritik – über echte und falsche Impact Investments

Gastbeitrag von Prof. Dr. Dirk Söhnholz zu den Herausforderungen bei der Messung der positiven Effekte von Impact Investments. Dafür braucht es einheitliche Beurteilungsmaßstäbe. Markteilnehmer müssen dabei aufpassen, dass ihnen nicht Impactwashing vorgeworfen wird, also die Übertreibung von positiven Einflüssen.

Dirk Söhnholz
Prof. Dr. Dirk Söhnholz

Impact Investments sind Geldanlagen, mit denen außer einer finanziellen Rendite auch messbar positive soziale und ökologische Auswirkungen erzielt werden sollen, so das Global Impact Investing Network (GIIN). Impact-Investoren erwarten dabei überwiegend marktähnliche Renditen, wie die GIIN Impact Investor Survey 2020 ergeben hat. Die wichtigsten Impact-Kriterien sind Absicht (Intentionalität), Zusätzlichkeit (Additionalität) und Wesentlichkeit (Materialität). Die sozialen und ökologischen Effekte sollen also bewusst angestrebt werden, erheblich sein und ohne die Geldanlage ausbleiben.

Bisher sollte Impact vor allem über Kreditvergaben sowie Venture Capital und andere Private-Equity-Beteiligungen erreicht werden. Bei solchen Investments ist ein positiver Effekt in Form von neu geschaffenen Schulen oder Solaranlagen relativ einfach messbar. Mit Hilfe von Finanztechnologie können inzwischen grundsätzlich auch geringe Geldbeträge effizient in Impact-Projekten angelegt werden. Solche Investments sind aber illiquide und Anleger legen sehr viel Wert auf Liquidität, also idealerweise die jederzeitige Veräußerbarkeit ihrer Geldanlagen zu fairen Marktpreisen.

Deshalb werden liquide Impact Investments populärer. Mit der Offenlegungsverordnung (SFDR) wurde gerade eine offizielle Investmentfondskategorie für Impactfonds eingeführt. Die Impact-Wirkung von liquiden Investments ist allerdings schwer zu messen, weil dabei oft nur Anleihen oder Aktien am Zweitmarkt gehandelt werden, ohne dass neue Investitionen erfolgen.

Anbieter von liquiden Impact Investments argumentieren, dass mehr Nachfrage zum Beispiel nach Aktien von Windkraftproduzenten auch deren Finanzierungsmöglichkeiten verbessern kann. So könne indirekt ein positiver Impact erreicht werden. Manche Marktteilnehmer versuchen auch, börsennotierte Gesellschaften durch Stimmrechtsausübungen und Engagement zu verändern. Bei beschränkten finanziellen und personellen Ressourcen und einem begrenzten Anlagehorizont ist damit aber meist nur wenig Impact erreichbar (vergleiche Söhnholz: „Divestments bewirken mehr als Stimmrechtsausübungen oder Engagement“ in „Nachhaltige Finanzen – Durch aktives Aktionärstum und Engagement Wandel bewirken“ von CRIC, Dezember 2020).

Ich favorisiere einen Ansatz, bei dem man sich auf die nachhaltigsten Aktien und Anleihen konzentriert und das auch offen kommuniziert, um damit Signale zu setzen. Das nenne ich relative Impact Investing (vergleiche Absolute und Relative Impact Investing und Additionalität - Verantwortungsvolle (ESG) Geldanlage auf prof-soehnholz.com).

Selbst die Impact-Messung für (illiquide) Projekte ist aber nicht einfach: Für den Vergleich von Impact-Projekten braucht man einheitliche Beurteilungsmaßstäbe. Andernfalls kann man kaum entscheiden, wie viele Megawatt Windkraft ähnlich viel Wert sind wie ein zusätzlicher Grundschulplatz. Bei vergleichbaren Kosten für die Umsetzung kann der dauerhafte Ertrag der Investition sehr unterschiedlich sein. Für die Prognose des Ertrags sind zudem viele Annahmen erforderlich. Unterschiedliche Prognosemodelle und Eingabedaten können zu sehr verschiedenen Ergebnissen führen. Eine weitere Schwierigkeit ergibt sich in Bezug auf die Frage, ob die Investition auch von einem anderen Investor durchgeführt würde oder sicher additiv ist.

Inzwischen gibt es zahlreiche Impactdienstleister, gerade auch für Impact-Messungen. Das bereits erwähnte Investorennetzwerk GIIN bietet zum Beispiel IRIS+ an (zu diesen und anderen Impactmessungstools vergleiche auch DVFA: SDG-Auswirkungsmessung auf www.dvfa.de). Und mehrere Mitglieder der Bundesinitiative Impact Investing möchten das Thema in Deutschland voranbringen. Hinzu kommen etliche Unternehmen aus deutschen Impact Hubs.

Diese Impact-Dienstleister kann man grob in vier verschiedene Segmente einteilen:

  • Diejenigen, die bei der Identifikation, Beurteilung und Verbesserung von Private Equity und Private Debt Impact Investments unterstützen wollen (Private Impact Services)
  • Solche, die Geld für solche Investments sammeln und investieren (Private-Impact-Fonds)
  • Diejenigen, die sich auf die Beurteilung von liquiden Impactinvestments fokussieren (Public Impact Services)
  • Services für zum öffentlich Vertrieb zugelassene Impactfonds (Public-Impact-Fonds)

Private Impact Services werden meiner Beobachtung nach oft von relativ neuen und kleinen Unternehmen erbracht. Das galt ursprünglich auch für Fondsanbieter wie Bonventure oder Invest in Visions mit ihren Microfinanzfonds. Aufgrund der attraktiven Geschäftschancen interessieren sich aber immer mehr große Fondsanbieter für dieses Geschäft.

Public Impact Services wurden zunächst auch vor allem von kleinen Spezialisten wie zum Beispiel Agents for Impact angeboten. Seitdem liquide Impact-Fonds populärer werden, beschäftigen sich aber immer mehr Großanbieter wie die Ratingagenturen MSCI, ISS und Sustainalytics mit diesem Thema.

Markteilnehmer müssen dabei aufpassen, dass ihnen nicht Impactwashing vorgeworfen wird, also die Übertreibung von positiven Einflüssen. Dabei reicht es nicht, wenn man sich unkritisch auf anerkannte Dienstleister verlässt. Die Regeln des Sustainable Impact Index von MSCI besagen zum Beispiel: „companies must generate at least 50 % of their sales from one or more of the Sustainable Impact categories and maintain minimum environmental, social and governance (ESG) standards”. Ende 2018 war Procter & Gamble eine der am höchsten gewichteten Aktien des Indexes, denn „the company derived approximately 50,08 % of its revenue from the sale of sanitation products such as toothbrush, shampoo, and detergents” (MSCI Index Factsheet und Appendix).

In Bezug auf die Impact-Messung setzt sich zunehmend die Orientierung an den Sustainable Development Goals (SDG) der Vereinten Nationen durch. Dabei werden meistens Umsätze oder Investitionen als Beurteilungskriterien genutzt. Eine Schwelle von über 50 Prozent Vereinbarkeit – was auch immer damit genau gemeint ist – mit den SDG gilt als ziemlich hoch. Meistens sollen zudem Emittenten vermieden werden, die erhebliche negative SDG-Auswirkungen haben. Dazu gibt es mit den Principal Adverse Indicators (PAI) der Offenlegungsverordnung jetzt erstmals grundsätzlich verbindliche Vorschriften. Wie genau diese PAI berechnet werden und welches die zulässigen Grenzen sind, ist aber weiter unklar.

Es hilft nicht viel, wenn man alternativ oder zusätzlich SDG-Ratings von (ESG-) Ratinganbietern nutzt. Solche Ratings sind oft nur ESG-Rohdaten in einer anderen Aggregation. Die Nutzung von SDG- und ESG-Ratings führt so zu Doppelungen statt Ergänzungen. Für SDG-Ratings sind zum Beispiel sogenannte Diversitätsscores wichtig. Aber Unternehmen mit besonders guten Scores bieten nicht unbedingt auch SDG-kompatible Produkte oder Dienstleistungen an.

Deshalb sind Plausibilitätsprüfungen sehr wichtig. So sollten Anleger skeptisch werden, wenn sich Procter & Gamble oder auch Nahrungsmittelhersteller wie Nestlé in Impact-Portfolios wiederfinden, weil sie Hunger oder Durst reduzieren können.

Auch sogenannte Impact-Progress-Ansätze sind kritisierbar. Dabei wird bewusst in Aktien von Unternehmen investiert, die einen besonders hohen Impact-Nachholbedarf haben. Wenn diese Unternehmen ihre Impact-Kennzahlen verbessern, wollen Anbieter und Anleger sich das auf ihre Fahnen schreiben. Investoren haben aber nur ein begrenztes Anlagekapital zur Verfügung. Das sollten sie meiner Ansicht nach in die besten Impact-Unternehmen investieren. Unternehmen, die einen besonders hohen Nachholdarf haben, weil sie in der Vergangenheit wenig für positiven Impact getan haben, sollten davon nicht auch noch profitieren.

Ich bin gespannt, wie sich ESG- und Impact-Fonds nach der Offenlegungsverordnung differenzieren werden. Ich erwarte eine klare Trennung in Fonds mit Unternehmen, die ihre Aktivitäten „nur“ nach ökologischen, sozialen und Governance-Kriterien gut ausführen („Wie-Frage“ oder Artikel-8-Fonds) und andererseits in Fonds, die zusätzlich nur in SDG-kompatiblen Segmenten aktiv sind („Was-Frage“ oder Artikel-9-Fonds). Es wäre schlecht, wenn Artikel-9-Fonds nicht auch sehr gut nach ESG-Kriterien wären.

Ich bin skeptisch, ob Anleger Impact-Angebote schnell verstehen werden. Aber ich hoffe, dass Anlageberater, Vermögensverwalter, Medien und Anlegerschützer gut aufklären werden.

Prof. Dr. Dirk Söhnholz ist geschäftsführender Gesellschafter der Soehnholz ESG GmbH (ehemals Diversifikator GmbH), einem Anbieter von regelbasierten Modellportfolios mit Sitz in Karben bei Frankfurt am Main. Derzeit bietet das 2016 gegründete Wealthtech-Unternehmen in Kooperation mit der QAP Analytic Solutions GmbH 17 Portfolios mit insgesamt rund 50 Varianten mit Fokus auf Pure ESG und Impact/SDG an.

https://soehnholzesg.com/de

Der Gastbeitrag ist zuerst erschienen in EXXECNEWS INSTITUTIONAL Ausgabe 04/2021.

www.exxecnews.de

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