European Value-Add: Nutzung der Chancen im nächsten Zyklus

Der europäische Immobilienmarkt hat in den letzten Jahren eine erhebliche Korrektur erfahren, wobei die Werte nominal um mehr als 20 Prozent und real um 30 Prozent gesunken sind. Der Wertrückgang wurde 2024 gestoppt, als die kurzfristigen Marktzinsen aufgrund der Lockerung der Zentralbankpolitik zurückgingen und der Renditeanstieg gebremst wurde.
Der heutige Markt bietet einen attraktiven Einstiegspunkt, da es möglich ist, selektiv Vermögenswerte unter Wert zu erwerben und sofortige Bewertungsgewinne zu erzielen. Solche Gelegenheiten sind vor allem dort zu finden, wo es Cashflow-Herausforderungen zu bewältigen gilt, wie zum Beispiel die Notwendigkeit weiterer Kapitalinvestitionen oder eine relativ kurze Restlaufzeit der Mietverträge.
Vor der globalen Finanzkrise entwickelten sich die Investitionen in die Aufwertung von Immobilien in etwa im Gleichschritt mit den institutionellen Investitionen in Immobilien im Allgemeinen, doch in den letzten zehn Jahren blieben sie hinter diesen zurück. Gleichzeitig steigen die Investitionsanforderungen, vor allem um die strengeren ESG-Standards zu erfüllen. Es gibt eine riesige Menge an Immobilien, die sich derzeit nicht in institutionellem Besitz befinden, für die aber erhebliche Investitionen erforderlich sein werden. Die Finanzierung solcher Investitionen für kleinere, bestehende Eigentümer ist angesichts höherer Zinssätze, geringerer Kreditverfügbarkeit und strengerer ESG-Anforderungen nun viel schwieriger und begünstigt Investoren mit dem entsprechenden Fachwissen und hoher Liquidität. In Anbetracht des Ausmaßes des Investitionsdefizits gehen wir davon aus, dass die Möglichkeiten zur Modernisierung und Institutionalisierung des vorhandenen Bestands während des gesamten Zeitraums erheblich bleiben werden.
Die Trends bei neuen Projektentwicklungen spiegeln das allgemeine Investitionsbild wider – die Zahl der Fertigstellungen ist seit der globalen Finanzkrise deutlich geringer. Die Stimmung der Investoren gegenüber der Projektentwicklung bleibt gedämpft, und das neue Angebot wird weiterhin durch Faktoren wie höhere Baukosten und Beschränkungen beim Zugang zu Entwicklungsfinanzierungen begrenzt, was sich aufgrund von Verzögerungen im Bauprozess noch mehrere Jahre lang auf die Verfügbarkeit neuer Objekte auswirken wird.
Ein geringes Angebot ist in Marktsegmenten sinnvoll, die mit Nachfrageschwankungen konfrontiert sind, wie zum Beispiel Büro- oder Einzelhandelsimmobilien in Vororten, und in denen die Nachfrage aufgrund kurzfristiger wirtschaftlicher Schwäche nachgelassen hat, das Angebot aber schnell angepasst werden kann, wie zum Beispiel bei großen Logistikzentren.
Allerdings ist das Angebotswachstum auch in Teilen des Marktes gering, in denen die Nachfrage stabil und/oder steigend ist - zum Beispiel bei Wohnungen, Rechenzentren, Seniorenwohnungen, CBD-Büros und Hotels, die den Eigentümern eine größere Preissetzungsmacht geben, um das Mietwachstum zu fördern.
Value-Add Opportunitäten
Es gibt zwei Möglichkeiten, wie sich die Zahl der Opportunitäten im Bereich Value-Add aufgrund der sich ändernden Investitionsmuster auf breiter Front erhöhen können.
Die erste Möglichkeit besteht in einer Verlagerung weg von den traditionellen vermieteten Immobilien (Büro, Einzelhandel, Logistik, Mietwohnungen) hin zu nicht-traditionellen Immobiliensektoren, die in der Regel eher operativer Natur sind (einschließlich Hotels, Studentenwohnheime, Co-Living, Seniorenwohnungen, Self-Storage, Co-Location-Rechenzentren). Der Wandel hin zu einem höheren Grad an Betreiberimmobilien ist bereits im Gange. Im Jahr 2024 stieg der Anteil der Investitionstätigkeit für operative Sektoren und Grundstücke auf ein Viertel aller Investitionstätigkeiten, verglichen mit einem historischen Durchschnitt von etwa 15 Prozent.
Der zweite Aspekt ist die geografische Lage, da sich der Trend zur Institutionalisierung in Märkten wie Italien und Spanien abzeichnet, die im Vergleich zu den großen europäischen Kernmärkten unterinvestiert sind. Norditalien und Spanien weisen außerdem eine günstige wirtschaftliche Wachstumsdynamik auf, die die Renditeaussichten unterstützt, und verfügen eher über Objekte, die aufgrund von Fehlbewertungen oder einem Bedarf an Institutionalisierung eine Chance bieten.

Herausforderungen
Neben den typischen Risiken, mit denen Value-Add-Investoren konfrontiert sind - wie Zinszyklen, Preisgestaltung, Schwankungen in der Mieternachfrage und Anfälligkeit für externe Schocks - sehen wir zwei Herausforderungen, die für das heutige Investitionsumfeld spezifisch sind.
Erstens: Die kurzfristigen Zinssätze haben begonnen zu sinken, aber die langfristigen Zinssätze sind im Vergleich zum letzten Zyklus nach wie vor hoch. Die Prognosen gehen davon aus, dass die langfristigen Zinssätze im nächsten Zyklus auf dem derzeitigen Niveau bleiben werden. Das Potenzial, das sich aus der Hebelwirkung und dem Wertzuwachs durch die Renditekompression ergibt, ist viel geringer als im letzten Zyklus. Die Renditen werden vor allem durch Faktoren wie Einkommenswachstum und Dauerhaftigkeit des Cashflows bestimmt werden und nicht durch eine Veränderung der Marktrendite.
Zweitens: Die Bewertungen für Core-Immobilien werden voraussichtlich um etwa 3,7 Prozent pro Jahr steigen, aber die Vergangenheit hat gezeigt, dass dies bescheidenen Erträgen aus Objekten abseits von Core entspricht. Um höhere Renditen zu erzielen, müssen die Anleger über ein Portfolio hinausgehen, das sich auf traditionelle Vermögenswerte und Standorte konzentriert, um das Wachstum voranzutreiben. Dazu gehören wahrscheinlich auch Investitionen in Objekte, die institutionalisiert werden müssen, und in operative Sektoren wie zum Beispiel Rechenzentren, Self-Storage, Senioren- und Studentenwohnungen sowie Hotels, die ein starkes Mietwachstum versprechen und bei denen Investitionen in die Betriebsplattform das Renditepotenzial weiter steigern können.
Der Beitrag ist zuerst in EXXECNEWS Ausgabe 07 erschienen.
Nabil Mabed ist Senior Portfoliomanager der europäischen Value-Add-Strategie bei PGIM Real Estate
