Ab dem 26. Juni 2021 gilt das Wertpapierinstitutsgesetz
In wenigen Tagen ist es so weit - schon ab dem 26. Juni 2021 gilt ein neuer Rechtsrahmen für KMU (Kleinstunternehmen, kleine und mittlere Unternehmen): Das neue Wertpapierinstitutsgesetz (WpIG), das die EU-Richtlinie zur Beaufsichtigung von Wertpapierfirmen umsetzt. Zielsetzung sind risikoadäquatere Anforderungen für Unternehmen. Denn die bisher einheitlich am Geschäftsmodell von Banken ausgerichtete Regulierung hat kleinere Marktteilnehmer oftmals überproportional belastet.
In Abhängigkeit vom Geschäftsmodell und Umfang der betriebenen Aktivitäten werden künftig drei Klassen von Wertpapierfirmen unterschieden – große (Klasse 1), mittlere (Klasse 2) und kleine Institute (Klasse 3). Passend zu jeder Klasse gibt es neu zugeschnittene Kapital-, Liquiditäts- und Governance-Vorgaben. Für kleine Institute gelten proportional zum „Weniger“ an Größe und Risiken geringere Anforderungen.
Praktisch relevant in Deutschland sind lediglich Klasse 2 und 3. Nach Angaben der Bundesbank (Monatsbericht März 2021) gibt es hierzulande 745 beaufsichtigte Wertpapierhandelsbanken und Finanzdienstleistungsinstitute, die Wertpapierdienstleistungen erbringen. Davon fallen nach Inkrafttreten bis zu zehn Institute in den Bereich des großen Wertpapierinstituts, circa 70 Institute in den Bereich des mittleren und circa 665 Institute in den Bereich des kleinen Wertpapierinstituts.
Die wesentlichen Änderungen Von dem neuen Aufsichtsrahmen erfasst sind nur die Unternehmen, die Wertpapierdienstleistungen im Sinne der MiFID erbringen. Viele der bisher im Kreditwesengesetz (KWG) als „Finanzdienstleistungen“, wie zum Beispiel Anlagevermittlung, Anlageberatung etc. benannten Erlaubnistatbestände werden aus dem KWG herausgelöst und nun im WpIG als „Wertpapierdienstleistungen“ definiert.
Die Erlaubnispflicht für das Erbringen dieser Wertpapierdienstleistungen ist dann nicht mehr im § 32 KWG, sondern in § 15 WpIG geregelt. Für Finanzdienstleistungsinstitute, die ihre Erlaubnis bis zum 26. Juni 2021 nach § 32 KWG erhalten haben, gilt die Erlaubnis nach § 15 WpIG aufgrund der in § 86 Absatz 1 WpIG geregelten Übergangsvorschrift als erteilt.
Das gilt aber nicht für alle bisher im KWG definierten Finanzdienstleistungen. Unter den in der Übergangsvorschrift genannten Geschäften befinden sich nämlich nicht alle der in § 1 KWG definierten Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen. Das betrifft insbesondere auch:
- das Factoring i.S.d. § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 9 KWG,
- das Finanzierungsleasing i.S.d. § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 10 KWG und
- die Anlageverwaltung i.S.d. § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 11 KWG.
Diese werden weiterhin als Finanzdienstleistungen i.S.v. § 1 Abs. 1a Satz 2 KWG definiert. Die Folge:
Eine für das Factoring, Finanzierungsleasing oder die Anlageverwaltung erteilte Erlaubnis nach § 32 KWG kann deshalb nicht in eine § 15 WpIG-Erlaubnis übertragen werden. Und es kann für das Erbringen des Factorings, Finanzierungsleasings oder der Anlageverwaltung auch keine neue Erlaubnis nach WpIG beantragt werden. Wegen der Ausschließlichkeitsregelung in § 15 Abs. 7 Satz 1 ist eine Verbindung von Erlaubnissen nach KWG und WpIG unzulässig. Das bedeutet, Factoring, Finanzierungsleasing und die Anlageverwaltung können künftig nur von Finanzdienstleistungsinstituten betrieben werden, die in den Anwendungsbereich des KWG fallen und keine WpIG-Erlaubnis haben.
Autor: Rechtsanwalt Dr. Matthias Gündel, Geschäftsführer der auf Kapitalmarktrecht spezialisierten Kanzlei Gündel & Kollegen