Einfluss von EU-Taxonomie und "Green Deal" auf Anlageprodukte und Vertrieb

Dr. Ludger C. Verfürth

Auch wenn die Corona-Pandemie aktuell noch die öffentlichen Medien beherrscht, ist schon jetzt klar, dass das Thema Nachhaltigkeit beziehungsweise ESG, kurz für Environment, Social and Governance, wie schon vor Ausbruch der Corona-Krise wieder stärker in den Fokus rücken wird. Auf nationaler Ebene wird dies schon daran deutlich, dass mitunter Liquiditätshilfen, die zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Nachteile der Corona-Krise gewährt werden, gleichzeitig an die Erfüllung von ESG- beziehungsweise Nachhaltigkeitskriterien geknüpft werden. Auf europäischer Ebene ist etwa auf den in verschiedenen Zeitungen in Europa abgedruckten Aufruf zu einem „grünen Aufschwung“ nach der Corona-Krise von 200 Politikern, Unternehmenschefs (unter anderem Unilever, Eon, Ikea), Gewerkschaftsverbänden und Nichtregierungsorganisationen aus April 2020 hinzuweisen.  In faktischer Hinsicht ist zu erwähnen, dass Anfang Mai dieses Jahres das Volumen der emittierten Euro-Green-Bonds bereits 30 Prozent über dem Vorjahr lag. Insbesondere ist aber darauf hinzuweisen, dass die diversen EU-Organe und -Institutionen, die mit dem Thema ESG befasst sind, auch während der letzten Monate der Corona-Krise nicht untätig waren, sondern wichtige Ergebnisse erzielt haben, die für den Finanzsektor, namentlich die Auflegung von Finanzprodukten und deren Vertrieb, von nicht zu unterschätzender Relevanz sind, auf die nachstehend näher einzugehen sein wird.

2. Stand der EU-Sustainable Finance Regulierung, insb. Taxonomie-Verordnung und Green Deal

Basierend auf dem Pariser Übereinkommen von 2015 zum Klimaschutz und der Agenda 2030 für Nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen von 2015 hat die EU-Kommission im März 2018 ihren Action Plan „Financing Sustainable Growth“ veröffentlicht. Zugrunde liegt diesem die Erkenntnis, dass rasches Handeln erforderlich ist angesichts der zunehmenden katastrophalen und unvorhersehbaren Konsequenzen des Klimawandels und der Ressourcenerschöpfung. Zentrales Anliegen des Plans ist es, den Privatsektor für den Übergang zu einer CO2-armen, ressourceneffizienteren und nachhaltigeren Wirtschaft zu mobilisieren, um die langfristige Wettbewerbsfähigkeit der EU-Wirtschaft zu sichern. Hierzu soll privates Kapital in nachhaltigere Investitionen umgelenkt werden. Der Aktionsplan identifiziert als eines der größten Hindernisse für eine Steigerung umweltfreundlicher Investitionen den Umstand, dass es derzeit an einer klaren Definition dessen fehlt, was „ökologisch nachhaltig“ ist. Auf diesen Befund reagiert der Aktionsplan, indem er als zentralen und ersten seiner zehn Aktionspunkte die Einrichtung eines gemeinsamen Klassifikationssystems für ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten vorsieht, die sogenannte „EU-Taxonomie“.

Zur Umsetzung dieses wichtigen Punktes des Aktionsplans dient die EU-Taxonomie-Verordnung, die die Kriterien festlegt, nach denen zum Zwecke der Ermittlung des Grades der ökologischen Nachhaltigkeit einer Investition eine Wirtschaftstätigkeit als ökologisch nachhaltig gilt. Noch vor Inkrafttreten der Taxonomie-Verordnung, deren Veröffentlichung im EU-Amtsblatt nach politischer Einigung zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat Ende letzten Jahres, der Annahme durch den Rat im April dieses Jahres und der erwarteten Verabschiedung durch das Parlament gleichwohl ansteht, geht die EU Kommission mit ihrer im Dezember 2019 veröffentlichten Mitteilung „The European Green Deal“ in Sachen Nachhaltigkeit einen Schritt weiter.

Mit dem Green Deal stellt sie einen umfassenden (Fahr-)Plan für die Umgestaltung der EU-Wirtschaft für eine nachhaltige Zukunft vor, den sie als integralen Bestandteil ihrer Strategie zur Umsetzung der Agenda 2030 der Vereinten Nationen versteht. Zur Finanzierung des Green Deal kündigt die Kommission in ihrer Mitteilung zum Green Deal sowie darauf basierend in ihrem „European Green Deal Investment Plan“ aus Januar 2020 mit Blick auf die Finanzierung durch den Privatsektor eine neue Strategie an, die im dritten Quartal 2020 vorgestellt werden soll. Vor dem Hintergrund dieser geplanten neuen Strategie befindet sich der Action Plan der Kommission derzeit bis Juli dieses Jahres in der Konsultation. Die neue Strategie soll sich auf eine Auswahl von Maßnahmen konzentrieren, zu denen neben der EU-Taxonomie die stärkere Integration von Nachhaltigkeit in den Corporate-Governance-Rahmen, ferner die Ausweitung der nicht-finanziellen Berichterstattung von Unternehmen auf Klima- und Umweltdaten und die Erleichterung der Identifizierung nachhaltiger Investitionen durch klare Kennzeichnungen bei einer Vielzahl nachhaltiger Investitionsprodukte (sogenannte EU Ecolabel) und in diesem Zusammenhang die Ausarbeitung und Einführung eines EU-Standards für grüne Anleihen gehören.

3. Auswirkungen auf Anlageprodukte und Vertrieb

3.1 Auswirkungen auf Anlageprodukte

Ausgangsbasis: Taxonomie-Verordnung

Um sicherzustellen, dass die Kapitalströme zukünftig in tatsächlich ökologisch nachhaltige wirtschaftliche Tätigkeiten umgelenkt werden und nicht Opfer bloßen Greenwashings werden, gibt die Taxonomie-Verordnung die Kriterien vor, anhand derer die Mitgliedstaaten und die EU bestimmen, ob eine Wirtschaftstätigkeit als eine ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeit einzustufen ist, wenn sie Anforderungen an bestimmte Finanzmarktteilnehmer und Emittenten zum Zwecke der Kennzeichnung bestimmter Finanzprodukte und Unternehmensanleihen festgelegen, die als „ökologisch nachhaltig“ vermarktet werden. Bestimmte Finanzmarktteilnehmer und Emittenten werden sich also in Zukunft darauf einstellen müssen, die an der Taxonomie-Verordnung ausgerichteten gesetzlichen Anforderungen auf nationaler und EU-Ebene erfüllen zu müssen, wenn sie bestimmte Finanzprodukte als „ökologisch nachhaltig“ anbieten wollen.

Um welche Vorgaben der Taxonomie-Verordnung handelt es sich?

Die Kriterien der Taxonomie-Verordnung umfassen vier Tatbestände. Nach diesen gilt eine Wirtschaftstätigkeit als ökologisch nachhaltig, wenn sie (i) einen wesentlichen Beitrag zur Verwirklichung mindestens eines der in der Taxonomie-Verordnung festgelegten Umweltziele leistet, (ii) nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung eines oder mehrerer der übrigen Umweltziele führt (do not significantly harm - „DNSH“), (iii) unter Einhaltung des in der Taxonomie-Verordnung festgelegten arbeitsrechtlichen Mindestschutzes ausgeübt wird und wenn sie (iv) den technischen Bewertungskriterien entspricht, die die Kommission zur Evaluierung der Beitragsleistung zu den einzelnen Umweltzielen in delegierten Rechtsakten festlegt. Bei den vorgenannten Umweltzielen handelt es sich nach der Taxonomie-Verordnung um die folgenden sechs Ziele: (1) Klimaschutz, (2) Anpassung an den Klimawandel, (3) nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen, (4) Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Abfallvermeidung und Recycling, (5) Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung, (6) Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und gesunder Ökosysteme.

Zu jedem dieser Ziele enthält die Taxonomie-Verordnung Vorgaben, wann das jeweilige Ziel erfüllt ist. So wird etwa eine Wirtschaftstätigkeit als wesentlicher Beitrag zum Klimaschutz eingestuft, wenn sie (beispielhaft) durch den Ausbau sauberer oder klimaneutraler Mobilität wesentlich dazu beiträgt, die Treibhauskonzentrationen in der Atmosphäre auf einem Niveau zu stabilisieren, das eine gefährliche anthropogene Störung des Klimasystems verhindert, indem im Einklang mit dem langfristigen Temperaturziel des Übereinkommens von Paris Treibhausgasemissionen vermieden oder verringert werden oder die Speicherung von Treibhausgasen verstärkt wird, einschließlich durch Prozess- oder Produktinnovationen. Bei diesem und den weiteren Kriterien der Taxonomie-Verordnung handelt es sich um reine Rahmenvorgaben, zu denen die Kommission noch in delegierten Rechtsakten die technischen Bewertungskriterien festlegen muss, anhand derer konkret bestimmt werden kann, unter welchen Bedingungen davon ausgegangen werden kann, dass die jeweilige Wirtschaftstätigkeit einen wesentlichen Beitrag zu dem jeweiligen Umweltziel leistet. Wichtige Vorarbeiten hierzu leistet der Abschlussbericht der von der Kommission eingesetzten Technical Expert Group, der sich umfassend mit der Methodik und den Screening Kriterien auseinandersetzt und die Komplexität der Materie im Detail erkennen lässt.

Insbesondere: Normen und Kennzeichen für nachhaltige Finanzprodukte, insbesondere EU Green Bond Standard

Besonderer Erwähnung bedürfen in diesem Kontext die Aktivitäten der Kommission, aufbauend auf der EU-Nachhaltigkeitstaxonomie ein System von EU-Normen und -Kennzeichen für nachhaltige Finanzprodukte zu etablieren. Unter Action Point 2 des EU Action Plans ist die Einführung einer EU-Norm für Grüne Anleihen beziehungsweise Green Bonds vorgesehen und darüber hinaus die Prüfung, inwieweit der Rechtsrahmen des EU-Umweltzeichens für bestimmte Finanzprodukte genutzt werden kann.

Im Hinblick auf die Etablierung eines EU Green Bond Standards (EU GBS) hat die von der Kommission eingesetzte Technical Expert Group im März dieses Jahres aktualisierte Empfehlungen für die Einführung und Nutzung eines EU GBS veröffentlicht. Im Rahmen der derzeitigen Konsultation zum neuen Action Plan der Kommission wird geklärt, ob es bei Empfehlungen bleibt oder ob ein rechtsverbindlicher Standard eingeführt wird. Der EU GBS erfasst alle von europäischen oder internationalen Emittenten ausgegebenen börsennotierten und nicht börsennotierten Anleihen, darüber hinaus aber auch alle (anderen) Fremd-Kapitalmarkt-Instrumente, die die Anforderungen des EU GBS erfüllen (insgesamt bezeichnet als „Green Bond“). Nach dem EU GBS sollen die Gelder des Green Bond ausschließlich für Grüne Projekte beziehungsweise Green Projects gemäß Definition des EU GBS verwendet werden, wobei die Green Projects den Technischen Screening Kriterien für die Bestimmung des wesentlichen Beitrags und des DNSH im Sinne der Taxonomie-Verordnung entsprechen müssen, sobald diese in Kraft sind. Wichtige weitere Bestandteile des ES GBS sind (i) die Dokumentation der (freiwilligen) Einhaltung des EU GBS, einschließlich der vorgesehenen Verwendung der Gelder, der Green Bond Strategie und Verfahren (Green Bond Framework), (ii) die Berichterstattung, und zwar jährlich über die Verwendung der Gelder bis zum Abschluss der Mittelverwendungsphase (Allocation Reporting) sowie einmalig danach während der Laufzeit des Bonds in Bezug auf den Einfluss des Green Projects (Impact Reporting) und (iii) die Verifizierung. Letztere ist vor oder bei Emission zur Bestätigung der Übereinstimmung des Green Bond Framework mit dem EU GBS und danach in Bezug auf den letzten Allocation Report erforderlich, während die Verifizierung des Impact Reporting optional, wenngleich empfohlen ist. Die Verifizierung hat durch einen seitens des Emittenten ernannten externen hierzu amtlich zugelassenen/registrierten Prüfer (Verification Provider) zu erfolgen.

Im Rahmen der Prüfung, inwieweit der Rechtsrahmen des EU-Umweltzeichens für bestimmte Finanzprodukte genutzt werden kann, hat das Joint Research Centre (JRC) der EU Kommission in einem Bericht von Dezember letzten Jahres Vorschläge zur Entwicklung von EU Ecolabel-Kriterien für Kleinanleger-Finanzprodukte vorgelegt. Die Umsetzung beziehungsweise Implementierung ist im Wege eines Kommissionsbeschlusses im Rahmen der EU-Umweltzeichen-Verordnung vorgesehen. Die Verordnung gilt für alle Erzeugnisse und Dienstleistungen, die auf dem Markt der Gemeinschaft gegen Entgelt oder kostenlos zur Verteilung, zum Verbrauch oder zur Verwendung angeboten werden, und enthält diesbezüglich die Vorschriften für die Erstellung und Anwendung der freiwilligen Regelung für das EU-Umweltzeichen. Nach den Vorschlägen des JRC soll das Ecolabel nicht für die Finanzprodukte als solche vergeben werden, sondern hinsichtlich der Dienstleistungen (Services) des Herstellers des grünen Finanzprodukts, wobei gleichwohl das Finanzprodukt selbst mit dem Label ausgezeichnet können werden soll. Um die Gruppen der in den Anwendungsbereich des EU Ecolabel fallenden Finanzprodukte zu erfassen, ist vorgesehen, dass die generische Definition der Services einerseits die Verwaltung von Investmentprodukten in Form von verpackte Kleinanlegerprodukte (PRIIPs) gemäß der PRIIPs-Verordnung und andererseits die Verwaltung von Festgeld und Spareinlagen gemäß Einlagensicherungsrichtlinie umfasst. Aufgrund der Ausrichtung der EU-Umweltzeichen- Verordnung auf Einzelhandels(end)kunden ist dagegen nicht vorgesehen, dass sich die EU Ecolabel Kriterien auch auf Pensionsfonds und professionelle AIFs erstreckt.

Wer ist betroffen?

Die Vorgaben der Taxonomie-Verordnung werden sich nur für bestimmte Finanzmarktteilnehmer und Emittenten auswirken, wenn sie bestimmte Finanzprodukte bereitstellen. Zu den betroffenen Finanzmarktteilnehmern gehören die folgenden in der Offenlegungsverordnung (dazu unten 3.2) definierten Personen: Wertpapierfirmen (Portfolioverwaltung), Verwalter von alternativen Investmentfonds (AIF), Europäische Risikokapitalfonds (EuVECA), Europäische Sozialfonds (EuSEF) oder Organismen zur gemeinsamen Anlage in Wertpapiere (OGAW), Kreditinstitute (Portfolioverwaltung), Anbieter von pan-European Personal Pension Products (PEPP) sowie Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung, Hersteller von Altersvorsorgeprodukten und Versicherungsunternehmen, die Versicherungsanlageprodukte (IBIP) anbieten. Emittenten meint alle Rechtspersönlichkeiten, die Wertpapiere begeben oder zu begeben beabsichtigen. Die betroffenen Finanzprodukte umfassen die in der Offenlegungsverordnung definierten Finanzprodukte, das heißt im Rahmen der Finanzportfolioverwaltung verwaltete Portfolien, AIF, OGAW, PEPP, Altersvorsorgeprodukte, Altersversorgungssysteme und IBIP, wenn sie als ökologisch nachhaltig beworben werden.

Ab wann gelten die Vorgaben?

Die Taxonomie-Verordnung wird in wesentlichen Teilen bereits zwanzig Tage nach Veröffentlichung in Kraft treten. Jedoch werden die relevanten delegierten Rechtsakte zu den Zielen des Klimaschutzes der EU-Taxonomie erst im Jahr 2020 und die delegierten Rechtsakte zu den anderen Umweltzielen der EU-Taxonomie erst bis Ende 2021 auszuarbeiten sein, so dass sie jeweils erst ab Beginn des jeweiligen Folgejahres Anwendung finden können.

Weitere geplante Nachhaltigkeits-relevante Neuerungen

Die ESMA hat Ende April letzten Jahres Vorschläge für weitere Ergänzungen zur Integration von Nachhaltigkeitsrisiken und Nachhaltigkeitsfaktoren in die Durchführungsvorschriften zur AIFMD und OGAW-IV-Richtlinie einerseits und der MiFID II andererseits vorgelegt. Die Ergänzungsvorschläge betreffen im Wesentlichen die Integration der Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken in der Aufbau- und Ablauforganisation, was sich mittelbar auch auf produktseitig auswirkt. Soweit die MiFID II Durchführungsvorschriften betroffen sind, ist dort zusätzlich eine Ergänzung der Product Governance-Vorschriften für Wertpapierfirmen, die Finanzinstrumente konzipieren, vorgesehen, wonach diese im Zusammenhang mit der Zielmarktbestimmung und der Übereinstimmung der hergestellten Finanzinstrumente mit dem festgelegten Zielmarkt auch etwaige Nachhaltigkeitsrisiken zu berücksichtigen haben.

3.2 Auswirkungen auf den Vertrieb

Während es einerseits wichtig ist, dass Anleger grüne Finanzprodukte erkennen und unterscheiden können müssen, um in diese zielgerichtet investieren zu können, und daher einer Nachhaltigkeitstaxonomie bedürfen, ist es ebenso wichtig, dass sie zum Treffen ihrer Entscheidung bestimmte Nachhaltigkeits-Informationen erhalten und dass ihre Nachhaltigkeitspräferenzen bei der Anlageberatung ausreichend berücksichtigt werden. Dem Vertrieb von Finanzanlagen, namentlich der Finanzberatung, kann insofern bei der Neuausrichtung der Finanzströme auf nachhaltige Investments eine zentrale Rolle zukommen. Damit dies EU-weit in einer dem Binnenmarkt gerechten Weise erfolgt, ist vorgesehen, dass die bisher nur unzureichend ausgeprägten und national unterschiedlichen Finanzvertriebsvorschriften zu bestimmten Informationen und Geeignetheitsprüfung in Sachen Nachhaltigkeit entsprechend erlassen beziehungsweise harmonisiert werden.

Insbesondere: Offenlegungsverordnung

Eine wesentliche Rolle spielt die auf dem vierten Action Point des Action Plans der Kommission beruhende Offenlegungsverordnung. Vor dem vorgenannten Hintergrund verpflichtet die Verordnung die auch der Taxonomie-Verordnung unterliegenden Finanzmarktteilnehmer und darüber hinaus Finanzberater, soweit sie mindestens drei Personen beschäftigen. Zu den Finanzberatern zählt die Verordnung neben Versicherungsvermittlern und Versicherungsunternehmen, die jeweils Versicherungsberatung für IBIP erbringen, Kreditinstitute, Wertpapierfirmen, AIFM und OGAW-Verwaltungsgesellschaften, soweit sie jeweils die Anlageberatung anbieten. Ziel der Offenlegungsverordnung ist es, Informationsasymmetrien in den Beziehungen zwischen Auftraggebern und Auftragnehmern im Hinblick auf die Einbeziehung von Nachhaltigkeitsrisiken, die Berücksichtigung nachteiliger Nachhaltigkeitsauswirkungen, die Bewerbung ökologischer oder sozialer Merkmale sowie im Hinblick auf nachhaltige Investitionen dadurch abzubauen, dass Finanzmarktteilnehmer und Finanzberater zu diversen vorvertraglichen Informationen und laufenden Offenlegungen gegenüber Endanlegern verpflichtet werden, wenn sie als Auftragnehmer im Namen der Endanleger (Auftraggeber) handeln. Je nach Offenlegungspflicht (i) ist hierbei die Unternehmensebene oder die Produktebene betroffen und (ii) hat die Offenlegung auf der Internetseite des Finanzmarktteilnehmers beziehungsweise Finanzberaters, in vorvertraglichen Informationen, in regelmäßigen Berichten oder zum Teil unabhängig von, zum Teil im Zusammenhang mit bereits bestehenden anderen Informationspflichten (nach AIFMD, MiFID II, Solvency-II-Richtlinie, OGAW-IV Richtlinie, IDD, EbAV-Richtlinie, EuVECA-Verordnung, EuSEF-Verordnung, ELTIF-Verordnung, PEPP-Verordnung) zu erfolgen. Auf Unternehmensebene sind unter anderem Informationen zur Strategie sowie zur Art und Weise hinsichtlich der Einbeziehung von Nachhaltigkeitsrisiken bei Investitionsentscheidungsprozessen und zu den Ergebnissen der Bewertung der zu erwartenden Auswirkungen von Nachhaltigkeitsrisiken auf die Rendite der zur Verfügung gestellten beziehungsweise beratenen Finanzprodukte sowie ferner Informationen im Zusammenhang mit den wichtigsten nachteiligen Auswirkungen von Investitionsentscheidungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren zu machen. Aussagen zur Berücksichtigung der wichtigsten nachteiligen Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren sind auch auf Produktebene zu machen. Ferner sind auf Produktebene unter anderem im Falle der Bewerbung ökologischer und/oder sozialer Merkmale Informationen dazu zu machen, wie die Merkmale erfüllt werden; Entsprechendes gilt bei Anstrebung nachhaltiger Investitionen. Bei Einbeziehung eines Index sind entsprechend indexbezogene Angaben zu machen. Eine Geltung der Offenlegungsverordnung ist bereits für die Zeit ab dem 10.03.2021 vorgesehen; jedoch müssen noch die Festlegung der Einzelheiten zu den in der Offenlegungsverordnung geforderten Inhalten, Methoden und Darstellungen über seitens der Kommission anzunehmende technische Regulierungsstandards erfolgen, die von den Europäischen Aufsichtsbehörden (ESMA, EBA, EIOPA) ausgearbeitet und zurzeit konsultiert werden.

Insbesondere: Ergänzungen vertriebsrelevanter EU-Vorschriften

Auswirkungen auf den Vertrieb werden ferner die im Zuge der regulatorischen Nachhaltigkeitsaktivitäten geplanten Ergänzungen diverser vertriebsrelevanter Vorschriften unter AIFMD, MiFID II, Solvency-II-Richtlinie, OGAW-IV Richtlinie und IDD haben. So hat die Kommission bereits im Januar letzten Jahres den Entwurf zu Ergänzungen der MiFID II Durchführungsvorschriften vorgelegt. Diese sehen (i) die Berücksichtigung der Nachhaltigkeitsüberlegungen des Beraters bei der Information zur Anlageberatung und (i) die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitspräferenzen des Anlegers bei der Geeignetheitsprüfung sowie (iii) das Vorhalten einer angemessenen Unternehmenspolitik und von Verfahren, die das Verständnis unter anderem auch relevanter Nachhaltigkeitsüberlegungen sicherstellen, vor. Die ESMA hat Ende April letzten Jahres weitere Ergänzungen zur Integration von Nachhaltigkeitsrisiken und Nachhaltigkeitsfaktoren in die Durchführungsvorschriften zur AIFMD und OGAW-IV-Richtlinie einerseits und zur MiFID II andererseits vorgeschlagen. Die Ergänzungsvorschläge betreffen im Wesentlichen die Integration der Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken in der Aufbau- und Ablauforganisation, was sich mittelbar auch vertriebsseitig auswirkt. Im Hinblick auf die MiFID II Durchführungsvorschriften hat die ESMA zusätzlich eine Ergänzung der Product Governance-Vorschriften für Vertreiber von Finanzinstrumenten vorgeschlagen. Danach sollen diese angemessene Product Governance Regelungen zur Sicherstellung der Übereinstimmung der von ihnen vertriebenen Finanzinstrumente unter anderem auch mit den Nachhaltigkeitspräferenzen im Hinblick auf den identifizierten Zielmarkt vorhalten und die Übereinstimmung regelmäßig prüfen.

4. Regulierung auf nationaler Ebene

Die Arbeiten zu einer umfassenden Nachhaltigkeitsregulierung im Finanzsektor stehen weitgehend noch am Anfang. Bereits jetzt ist aber erkennbar, dass die Thematik komplex ist und an Komplexität zunehmen wird. Hierzu werden auch die noch ausstehenden Regulierungen auf nationaler Ebene beitragen. Die BaFin hat bisher in einem zuletzt im Januar dieses Jahres aktualisierten Merkblatt ihre aufsichtsrechtliche Sichtweise zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken im Finanzsektor veröffentlicht. Das Merkblatt ist, nicht zuletzt angesichts der noch ausstehenden Adjustierungen auf europäischer Ebene, zwar rechtlich unverbindlich. Der Erwartungshaltung der BaFin kommt allerdings durchaus schon faktischer Forderungscharakter zu. In jedem Fall sieht die BaFin das Nachhaltigkeitsthema bei den betroffenen Teilnehmern des Finanzmarktes auf oberster Leitungsebene angesiedelt.  Auch angesichts der zunehmenden Strategierelevanz des Themas Nachhaltigkeit ist dies gerechtfertigt.

Große Asset Managementgesellschaften haben daher nicht ohne Grund schon seit längerem die Funktion eines Chief Sustainable Finance Officer auf oberster Führungsebene eingerichtet und bauen ESG-Kompetenzteams auf und aus. Da die Nachhaltigkeitsregulierung jedoch grundsätzlich keine größenabhängigen Ausnahmen kennt, sind auch die weniger großen Finanzmarktteilnehmer und Finanzberater gut beraten, sich der Nachhaltigkeitsregulierung auf Leitungsebene jetzt anzunehmen und interne und/oder externe Regulierungsexpertise zur Nachhaltigkeitsthematik aufzubauen beziehungsweise heranzuziehen, wenn sie mittel- und langfristig keine Wettbewerbsnachteile oder gar Sanktionen wegen Regulierungsverstößen erleiden wollen.

Dieser Artikel von Dr. Ludger C. Verfürth, Rechtsanwalt in der Kanzlei Ebner Stolz, erschien in "PROBERATER 2020".

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