Versicherer fordern Regulierungspause
Die Versicherer fordern einen zeitweisen Verzicht auf neue regulatorische Vorgaben. „Wir wünschen uns ein zweijähriges Belastungsmoratorium“, sagte Norbert Rollinger, Präsident des GDV. Politik und Regulierer sollten die Zeit nutzen, um die Auswirkungen der bestehenden Vorschriften zu überprüfen, deren Umfang in jüngster Zeit deutlich zugenommen habe.
„Allein im Bereich der Finanz- und Vertriebsregulierung haben die europäischen Gesetzgeber in der abgelaufenen Legislaturperiode über 77 Rechtsakte auf den Weg gebracht, die rund 10.000 Seiten Text umfassen“, nannte Rollinger als Beispiel. So wichtig Regulierung für fairen Wettbewerb und den Verbraucherschutz sei, so zeigten sich zunehmend negative Effekte. Überbordende Berichtspflichten würden die Unternehmen von Innovationen ablenken, mittelbar die Produkte verteuern, neuen Anbieter den Markteintritt erschweren und letztlich das Wachstum bremsen, so Rollinger.
Auch Monika Köstlin, Chefin der Kieler Rück, kritisierte das Ausmaß der Regulierung. Vor allem für kleinere Versicherer mit ihren begrenzten Ressourcen seien die regulatorischen Anforderungen inzwischen kaum noch zu leisten. „Die Überforderung ist deutlich.“ So habe auch ihr Unternehmen strategische Projekte zurückstellen müssen, um die Regulatorik erfüllen zu können, sagte Köstlin.
Ein hoher regulatorischer Aufwand ist nicht nur ein Problem für die Unternehmen. Das daraus resultierende schwache Wachstum habe auch gesellschaftliche Sprengkraft, betonte Christoph Jurecka, Chief Financial Officer der Munich Re. , Der Munich-Re-Vorstand forderte eine Trendwende – nicht nur beim Abbau bürokratischer Hemmnisse, sondern zugleich bei der Stärkung privater Investitionen in Europa.
In der Politik scheinen die Rufe inzwischen erhört. „Wir brauchen ein Programm zur Stärkung der langfristigen Innovationsfähigkeit in Europa“, sagte Alexandra Jour-Schröder, Generaldirektorin der EU-Kommission. Dies gehe nur mit privatem Kapital. Dazu will die EU die Kapitalmarktunion vertiefen. Dies wird laut Jour-Schröder auch Maßnahmen beinhalten, die den Verwaltungsaufwand für Unternehmen verringern. „Gleichzeitig wollen wir grenzüberschreitende Investitionen erleichtern und den Verbriefungsmarkt wieder ankurbeln“, kündigte sie an. Auch die Verbraucher sollen sich über ein neues europäisches Altersvorsorgeprodukt stärker am Kapitalmarkt beteiligen können. (DFPA/ljh)
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) mit Sitz in Berlin ist die Dachorganisation der privaten Versicherer in Deutschland. In dem Verband sind rund 470 Mitgliedsunternehmen zusammengeschlossen.