Jahresausblick 2020: Warnung vor dem „One-Trick-Pony“

Bernhard Matthes
Bernhard Matthes

Im Gespräch mit DFPA gibt Bernhard Matthes von der Bank für Kirche und Caritas (BKC) einen Ausblick auf das, was nach seiner Ansicht 2020 an den Kapitalmärkten und für Anleger zu erwarten ist. Er versucht mit seinem Team, die Anleger mit disziplinierten, regelbasierten Prozessen vor Negativzinsen abzuschirmen.

DFPA: Welche Herausforderungen bringt das Jahr 2020 für das Portfoliomanagement? Welche Chancen?

Matthes: Wir folgen dem Grundsatz „Fakten statt Meinungen“ und machen uns im Investmentprozess ungern abhängig vom Eintreten bestimmter Prognosen oder Szenarien. Wir gehen jedoch davon aus, dass uns die ultralockere Notenbanken-Politik auch im kommenden Jahr erhalten bleiben wird.

Die EZB-Politik der letzten Jahre hat den Märkten trotz fortschreitender „Japanisierung“ der Eurozone noch „sieben fette Jahre“ beschert. Diese Erträge waren aber aus der Zukunft geborgt. Künftig werden wir uns daher auf eher magere Jahre einstellen müssen.

Da Zinssenkungen und Quantitative-Easing-Programme an Grenzen stoßen, werden schwerere, bislang unerprobte geldpolitische Geschütze aufgefahren werden müssen. Beunruhigend sind in diesem Kontext die aktuellen Überlegungen von Christine Lagarde, die Geldpolitik noch weiter über das Mandat hinaus zu missbrauchen, etwa um „Klimaschutz“ oder „Ungleichheit“ zu adressieren.

DFPA: Mit welchen Strategien können Anleger trotz Null- beziehungsweise Negativzinsen und einer repressiven Geldpolitik der EZB Erträge erwirtschaften?

Matthes: Der widernatürliche Zustand negativer Zinsen kann nur unter dem planwirtschaftlichen Eingriff einer Planungsbehörde eintreten. Negativzinsen stehen nicht nur Logik und Vernunft, sondern auch Eigentumsrechten entgegen und gefährden mit ihren Folgewirkungen das Funktionieren und die Akzeptanz der freien Marktwirtschaft. Wir versuchen mit disziplinierten, regelbasierten Prozessen unsere Anleger vor Negativzinsen abzuschirmen.

Unsere Investmentphilosophie entspringt grundsätzlich sehr stark dem Value-Gedanken. Prinzipien des Value-Investings wenden wir in allen Anlageklassen an. Beispielsweise erwerben wir im Rentenportfolio keine negativen Realrenditen und haben hohe Mindestanforderungen in der Aktienselektion.

Im Bereich gemischter Anlagestrategien warnen wir vor dem, was wir die „One Trick Pony“ Mischfonds nennen: Jene Fonds, bei denen das Rentenportfolio eine Endfälligkeitsrendite von nahezu Null, meist bei einer Duration von unter zwei Jahren, aufweist und die auf Gedeih und Verderb darauf angewiesen sind, dass die Aktienseite läuft. Sobald die Aktienseite nicht läuft, steht das ganze Geschäftsmodell in Frage.

Intelligentere und robustere Ansätze sind Multi-Asset-Portfolien – angelegt als Multi-Risikoprämien-Portfolien – die über aus „nur Aktien/Renten“ gewachsenen Monokulturen hinausgehen. Marktunabhängige Risikoprämien sind aus Diversifizierungsgründen wichtig und gewinnen aktuell an Bedeutung, da die traditionellen Risikoarten – Zinsrisiko und Aktienrisiko – teuer und schlecht kompensiert sind. Mischfonds, die zum Beispiel auch auf Absolute-Return-Strategien, Cat Bonds, Edelmetalle oder andere alternative Bausteine setzen, werden in den kommenden Jahren bessere Voraussetzungen haben, um angemessene Risikoprämien ernten zu können.

DFPA: Welche Rolle können in diesem Marktumfeld Investitionen außerhalb der Eurozone spielen?

Matthes: Tatsächlich finden wir heute in einigen Schwellenländern im Vergleich zur Eurozone vielfach „freiere“ Märkte, in denen Notenbanken Zins und Währung nicht manipulieren, sondern die Preisbildung Angebot und Nachfrage folgt und Notenbanken teils sogar unabhängiger erscheinen. Jede Jurisdiktion, in der Privateigentum und Rechtsstaatlichkeit strukturell stark honoriert werden, ist für die kommenden Jahre bei sonst gleichwertiger investmenttheoretischer Eignung vorzuziehen.

Fremdwährungen sind ein sinnvoller und notwendiger Portfoliobestandteil, wenn die inländische Währung unter Abwertungsdruck gebracht wird. Seit Jahresbeginn konnten Investoren beispielsweise in Anleihen, die in Russischem Rubel, Peruanischen Sol oder Mexikanischem Peso denominiert sind, nicht nur einen höheren laufen Zinsertrag vereinnahmen, sondern zugleich auch von der Aufwertung der Währung profitieren.

DFPA: Der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union wird nun wahrscheinlich am 31. Januar 2020 stattfinden. Welchen Einfluss kann der Brexit im neuen Jahr auf die Märkte haben?

Matthes: Als Value-Investor ist für uns unübersehbar, dass im Vereinigten Königreich nahezu alle Anlageklassen vielfach noch akzeptable oder gar günstige Bewertungen aufweisen. Im Zuge der Brexit-Unsicherheiten waren UK-Assets gemieden und unterinvestiert. Solche Opportunitäten sind für Investoren wie uns, die die Bereitschaft zum konträren, antizyklischen Handeln mitbringen, wertvoll. Zudem handelt das Pfund trotz des jüngsten fulminanten Anstiegs noch immer auf einem attraktiven Bewertungsniveau.

Unserer Ansicht nach könnte das Vereinigte Königreich mit künftig deutlich weniger Regulierung und geringerer Besteuerung Standortvorteile aufweisen, die viele Brexit-Nachteile aufwiegen und eine ganz eigene Investitionsdynamik entfalten. Kapital fließt langfristig immer dorthin, wo es willkommen ist und gut behandelt wird. Daher sehen wir den Austritt mittel- bis langfristig für das Vereinigte Königreich als exzellente Chance. Die Rallye in UK-Assets kann daher auch in das Jahr 2020 weiter laufen.

DFPA: Welches Asset darf 2020 nicht im Portfolio fehlen?

Matthes: Eine konstruktive Goldquote innerhalb der Gesamtvermögensallokation dient als Selbstverteidigungsinstrument gegen staatliche Willkür und gegen finanzielle Repression. Der von den Notenbanken ausgelöste Rausch des billigen Geldes bringt den Außenwert des Euros unter Druck und verwässert den inneren Wert unsere Währung über willkürliche Geldmengenausweitung. Wir verstehen Gold nicht als Rohstoff, sondern als Währung und Bargeldsubstitut, welches Negativzinsen vermeidet. Es dient darüber hinaus als Portfolioversicherung gegen Krisen, Inflation und systemische Instabilität, die es aus über 2.000 Jahren hinweg akkumuliertem Vertrauenskapital zieht.

Die Edelmetallquote in unserem Mischfonds „BKC Treuhand Portfolio“ liegt aktuell mit circa neun Prozent fast auf dem gleichen Niveau wie Aktien, die wir bei zehn Prozent derzeit taktisch untergewichten.

DFPA: Der Trend zu nachhaltigem Investment und der ESG-Konformität von Anlageprodukten wird auch im kommenden Jahr eines der wichtigen Themen sein. Wie können ESG-Kriterien als positives Instrument im Risk Management genutzt werden?

Matthes: Nachhaltige Geldanlange ist im Mainstream angekommen. Wir gehen davon aus, dass die Nachfrage auch 2020 steigen wird. Für uns ist eine ethisch-nachhaltige Geldanlage zunächst Ausdruck einer christlichen Wertorientierung. Die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien im Investitionsprozess ermittelt aber auch potenzielle Risikofelder und schirmt das Portfolio vor ungünstigen Risiken ab. Eine ESG-Integration ermöglicht als zusätzliches Instrument des Risikomanagements eine sinnvolle Risikoprävention.

Bernhard Matthes ist Bereichsleiter Portfoliomanagement bei der Bank für Kirche und Caritas (BKC) und Manager des Stiftungsfonds „BKC Treuhand Portfolio“. Die 1972 gegründete BKC mit Sitz in Paderborn ist eine Genossenschaftsbank für Kirchengemeinden, kirchlich-caritative Einrichtungen sowie deren hauptamtliche Mitarbeiter.

www.bkc-paderborn.de

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