Rekordvolumen, Reformbedarf: Vermögensverwalter stehen trotz Hoch vor Neuaufstellung

Das von globalen Vermögensverwaltern betreute Kapital ist 2024 auf den historischen Höchststand von 128 Billionen US-Dollar gestiegen. Trotz der Erholung sieht die Boston Consulting Group (BCG) erheblichen Reformbedarf in der Branche. Mit Johannes Burkhardt, Managing Director & Partner bei der Boston Consulting Group, haben wir über mögliche Wachstumsimpulse durch Privatmarktanlagen für Retail-Kunden und durch „ELTIF 2.0“ gesprochen.
Die Vermögensverwaltungsbranche steht an einem Wendepunkt: Mit 128 Billionen US-Dollar an verwaltetem Vermögen (Assets under Management, AuM) verzeichnete sie 2024 ein neues Rekordhoch. Doch dieses Wachstum basiert laut dem aktuellen Branchenreport „Global Asset Management 2025“ der Boston Consulting Group (BCG) primär auf positiven Marktbewegungen – nicht auf frischem Anlegerkapital. Die Branche müsse sich dringend neu ausrichten, heißt es dort.
„Hinter allem steht die Frage, wie man weiteres Kapital ins System bekommt“, sagt Johannes Burkhardt, Managing Director & Partner bei BCG, im Gespräch mit unserem leitenden Redakteur Achim Griesel. „Innovationen im Asset Management sind allerdings sehr schwer.“
Wachstumschancen durch den Privatmarkt – auch für Retail?
Tatsächlich rücken unter anderem deswegen Privatmarktanlagen zunehmend in den Fokus. Vor allem für Retail-Kunden könnten neue Beteiligungsmodelle ein Wachstumsimpuls sein. „Neben aktiv gemanagten ETFs können Privatmarktanlagen für Retail-Kunden ein Mittel sein“, so Burkhardt. Impact Investing spiele dabei eine wichtige Rolle, stecke im Wealth Management jedoch noch in den Kinderschuhen.
„Wenn es um die direkte Beteiligung an Investitionen in Alternatives geht, kommen wir an Plattformen wohl nicht vorbei“, sagt der BCG-Partner. Allerdings sei das Modell schwer zu skalieren: „Nur Multiplattformen haben sich bisher durchgesetzt.“ Trotz zahlreicher Greenwashing-Debatten sieht Burkhardt Nachhaltigkeit weiterhin als zentrales Thema: „Sustainability funktioniert – trotz aller Skandale.“ Der Schlüssel zum Erfolg sei die Integration von Impact-Produkten in bestehende, digitale Vertriebskanäle wie Mobile-Banking-Apps.
ELTIF 2.0: Fortschritt mit Einschränkungen
Ein möglicher Weg, Alternativen in die Asset Allocation auch für Privatanleger zu bringen, ist der neue europäische ELTIF 2.0 (European Long-Term Investment Fund). Doch auch hier bleibt Burkhardt realistisch: „Der ELTIF 2.0 ist besser als nichts – aber mit ihm allein werden wir nicht dahin kommen, dass wir das Geld für die großen Infrastrukturziele mobilisieren.“
Der Grundgedanke hinter dem Produkt sei zwar richtig: „Die Idee ist, allen Investoren eine möglichst breite und gute Asset Allocation zu ermöglichen.“ Doch es brauche mehr: „Ein Asset Manager muss selbst kreative Lösungen finden, um Alternatives sinnvoll ins Portfolio zu integrieren.“
BCG sieht die ideale Zielstruktur bei einem Verhältnis von 80 zu 20 zwischen liquiden und illiquiden Assets. Dies könne langfristig zu einem Strategiewechsel führen – weg von der Produktfokussierung hin zur strategischen Vermögensberatung. Doch dazu gehöre laut Burkhardt auch eine gut aufgeklärte Kundschaft, die den Vermögensberatern die richtigen Fragen stellen kann: „Wir müssen in finanzielle Bildung investieren, damit die breite Masse künftig selbst fundierte Entscheidungen über strategische Asset Allocation treffen kann“, fordert Burkhardt deshalb.
Konsolidierung, KI und Kundenorientierung
Neben neuen Produkten benennt die aktuelle BCG-Studie weitere Handlungsfelder, in denen die Asset Manager durch Innovationen zukunftsfähiger werden können: Fusionen, technologische Transformation und Künstliche Intelligenz zum Beispiel können Effizienz, Automatisierung und Innovation vorantreiben. Gerade kleinere Häuser müssten sich strategisch neu aufstellen oder konsolidieren. „Unternehmen, die vom Erholungsmodus in die Neugestaltung übergehen, könnten zu den Gewinnern der nächsten Dekade zählen“, heißt es in der Studie. Entscheidend sei, dass Asset Manager jetzt die Weichen stellen – technologisch wie strukturell – um die Bedürfnisse künftiger Anlegergenerationen zu erfüllen.
Fazit: Die Branche wächst – aber sie wächst nicht automatisch gesund. Der Vermögensverwaltungssektor muss jetzt kreativ werden, um die nächste Wachstumsphase einzuleiten. ELTIFs, Impact Investing und digitale Plattformen sind erste Puzzlestücke – doch das große Bild braucht mehr Mut zur Innovation. (abg)
Johannes Burkhardt ist Geschäftsführer und Partner im Münchner Büro von BCG. Er arbeitet seit 2009 in der Finanzdienstleistungsbranche. Bevor er zu BCG kam, war er in verschiedenen Funktionen bei der Allianz Gruppe tätig. Anschließend war Burkhardt Berater bei McKinsey & Company. Seit 2019 ist Burkhardt bei BCG und leitet die Asset Management Practice in DACH.
BCG ist mit rund 33.000 Mitarbeitern in über 100 Städten und mehr als 50 Ländern vertreten. Weltweit erzielte BCG im Jahr 2024 einen Umsatz von 13,5 Milliarden US-Dollar.
Der Beitrag ist zuerst in EXXECNEWS INSTITUTIONAL ENI Ausgabe 04-2025 erschienen.
