Tokenbasierte KG-Anteile: neue Beteiligungsform für das Comeback von KG-Angeboten?

Hanse Eco RHAS 5
Hanse Eco RHAS 5

Die Hamburger News Shore Invest, ein 2018 gegründeter Anbieter von eigenkapitalbasierten Schiffsinvestments in Form von tokenisierten Kommanditanteilen, sogenannten KG-Token, hat das erste Beteiligungsangebot auf den Markt gebracht. Der „RHAS 5 Token“ bietet Privatanlegern die Möglichkeit, sich ab einer Mindestzeichnungssumme von 1.000 Euro über die RHAS 5 Schifffahrts GmbH & Co. KG an einem Schiffsneubau zu beteiligen. Von den Gesamtkosten des Neubauprojektes „RHAS 5“ in Höhe von 8,63 Millionen Euro sollen rund 3,13 Millionen Euro Eigenkapital über die Crowd eingeworben werden. Anschließend wird das Mehrzweckschiff in einem Flottenpool im europäischen Kurzstreckenverkehr beschäftigt. Anleger erhalten auf Basis der erwirtschafteten Gewinne der in dem Pool beschäftigten Schiffe laufende Ausschüttungen. Der Initiator prognostiziert eine durchschnittliche jährliche Rendite von 6,97 Prozent nach Steuern.

Die Kapitalanlage-Zeitung EXXECNEWS hat den Initiator und die beteiligten Berater zu den Besonderheiten und den Aussichten der tokenisierten Schiffsbeteiligung befragt. DFPA veröffentlicht im Folgenden das Interview mit Dr. Richard Heuser, Geschäftsführer von News Shore Invest, und den Rechtsanwälten Irena Behmke und Dr. Matthias Gündel von der Kanzlei GK-law.de.

EXXECNEWS: Welche Vorteile bietet die Tokenisierung der Schiffsbeteiligung aus Sicht des Initiators und aus Sicht des Anlegers?

Dr. Richard Heuser: Aus Sicht des Initiators bietet die Tokenisierung von KG-Anteilen den Vorteil, dass dadurch die Vorschriften des WpPG Anwendung finden, so dass unter anderem ein öffentliches Angebot der KG-Token bis zu einem Volumen von acht Millionen Euro prospektfrei möglich ist. Im Übrigen ändert sich die rechtliche Struktur nicht, so dass auch der Tonnagesteuereffekt weiterhin genutzt werden kann. Gerade kleine bis mittelständische Reedereien erhalten so außerdem unkompliziert Zugang zum Kapitalmarkt.

Aus Sicht des Anlegers bringt die Tokenisierung eine höhere Fungibilität des KG-Anteils mit sich. Auch wenn derzeit etablierte Zweitmarktplattformen für Security Token noch nicht existieren, ist eine unkomplizierte Übertragung der KG-Token jederzeit per Mausklick binnen weniger Minuten oder Sekunden - ohne Mitwirkung Dritter - möglich.

Am Entscheidendsten sowohl für den Initiator als auch für den Anleger ist vermutlich die mit einer Tokenisierung einhergehenden Verschlankung der Kostenstrukturen beziehungsweise der Wegfall von Intermediären. So bedarf es bei tokenisierten KG-Anteilen - anders als bei klassischen Wertpapieren - keiner Zahl- und/oder Verwahrstelle. Auch Depotkosten fallen für die Anleger nicht an. Wirtschaftlich führt dies letztendlich dazu, dass Initiatoren Schiffsprojekte mit einem angemesseneren Verhältnis von Chance und Risiko anbieten können.

EXXECNEWS: Welchen Anlegertyp sprechen Sie mit der tokenisierten Schiffsbeteiligung an?

Dr. Richard Heuser: Wir möchten grundsätzlich wertpapier- wie auch sachwertaffine Anleger ansprechen. Durch die Tokenisierung ist es möglich, die Mindestzeichnungssumme rein theoretisch auf einen Euro zu reduzieren, wodurch das Schiff als Assetklasse auch Privatanlegern zugänglich gemacht wird. Das aktuelle Projekt, die „RHAS 5“, sieht zum Beispiel eine Mindestzeichnungssumme von lediglich 1.000 Euro vor. In der jüngeren Vergangenheit gab es Anlagemöglichkeiten in dieser Assetklasse lediglich im Private-Placement-Bereich.

EXXECNEWS: Welche zusätzlichen Risiken folgen aus der Tokenisierung der KG-Anteile, zum Beispiel in den Bereichen Cyberkriminalität oder Geldwäsche?

Dr. Matthias Gündel: Der „RHAS 5 Token“ wird unter Nutzung der Ethereum-Blockchain generiert und dann an den Anleger übertragen. Ethereum ist ein quelloffenes verteiltes System, das das Anlegen, Verwalten und Ausführen von dezentralen Kontrakten („Smart Contracts“) in einer eigenen Blockchain anbietet. Die Blockchain-Technologie kann Fehler enthalten, die derzeit noch nicht bekannt sind, aus denen sich aber unabsehbare Folgen ergeben können. Sie Technologie könnte zukünftig auch bisher nicht bekannten technischen Schwierigkeiten ausgesetzt sein, die deren Funktionsfähigkeit beeinträchtigt. Ein teilweiser oder vollständiger Zusammenbruch der Ethereum-Blockchain kann die Emission und die Handelbarkeit der „RHAS 5 Token“ stören oder unmöglich machen.

Für den Zugang zu der kompatiblen sogenannten Wallet eines jeden Anlegers und die Nutzung der Blockchain benötigt der Nutzer einen Private Key und den Public Key, die je aus einem einzigartigen Hashwert bestehen. Hashwerte sind Prüfsummen, die für die Verschlüsselung von Nachrichten mit variabler Länge verwendet werden. Jeder, der den Public Key und den Private Key kennt, kann dadurch auf das Guthaben in der Wallet zugreifen. Sollte der Private Key in die Hände eines Dritten gelangen, so kann dieser die Wallet eines Anlegers missbrauchen und unbefugt Transaktionen vornehmen.

Die Blockchain-Technologie, der Smart Contract und/oder die Wallets der Anleger können Angriffen von unbefugten Dritten ausgesetzt sein, das heißt gehackt werden. Bei sogenannten Distributed-Denial-of-Service-Attacken (DDoS) können Angreifer zum Beispiel eine Blockchain mit einer hohen Anzahl von Anfragen und/oder Transaktionen überlasten und sie (temporär) unbenutzbar machen. Aufgrund der grundsätzlichen Anonymität der Blockchain-Technologie ist eine Verfolgung von Tätern nahezu unmöglich.

Irena Behmke: Geldwäscherechtlich bestehen aufgrund der Tokenisierung keine Besonderheiten zu herkömmlichen KG-Angeboten. Denn die einzubindende Treuhandgesellschaft muss bereits von Gesetzes wegen die Pflichten des Geldwäschegesetzes (GwG) beachten. Einziger Unterschied ist, dass der Vertrieb eine KWG-Erlaubnis verfügen muss oder unter Nutzung eines Haftungsdaches abgewickelt wird. Also muss neben der Treuhänderin auch der Vertrieb einen GwG-konformen KYC-Prozess einrichten.

EXXECNEWS: Wie groß schätzen Sie den potentiellen Anlegerkreis? Reicht die Schnittmenge aus langfristig orientieren Sachwertanlegern und Crowd-affinen Selbstentscheidern aus, um das Angebot in angemessener Zeit zu platzieren?

Dr. Richard Heuser: Ja, davon wir natürlich überzeugt, zumal wir nicht nur die Schnittmenge ansprechen, sondern den bestehenden Anlegerkreis schlicht vergrößern.

 

EXXECNEWS: Erlaubt die Assetklasse Schiff vor dem Hintergrund der bereits lang andauernden Schifffahrtskrise eine erfolgreiche Platzierung?

Dr. Richard Heuser: Wie in jeder anderen Assetklasse auch, kommt es auch bei der Assetklasse Schiff auf das konkrete Projekt an. Bei dem aktuellen Projekt „RHAS 5“ haben wir überhaupt keine Zweifel an einer erfolgreichen Platzierung. Die „RHAS 5“ ist in vielerlei Hinsicht ein innovativer Vorreiter, zum Beispiel bei der Reduzierung von CO2-Ausstößen, Schiffsdesign und Technologie. Die Attraktivität und Qualität des Projektes bestätigt sich zum einem durch die Rhenus SE als (mittelbarer) Co-Investor, als auch in der Beschäftigung der Schiffe dieser Neubauserie, von denen vier von fünf bereits heute fest für drei Jahre ab Ablieferung - und das zwei Jahre vor deren Ablieferungsterminen - an den börsennotierten Branchenprimus Wilson ASA fest verchartert werden konnten.

Außerdem werden die „RHAS 5“ und ihre Schwesterschiffe hauptsächlich im innereuropäischen Warenverkehr eingesetzt, der für die Versorgung Europas systemrelevant ist. Hinzu kommt, dass die Bestandsflotte in dem Segment der „RHAS 5“ stark veraltet und dringend modernisierungsbedürftig ist. Auf interessante Nischen wie diesen liegt der Fokus von New Shore Invest, bis sich zukünftig auch wieder Möglichkeiten für Privatinvestoren in den derzeit krisengebeutelten Massensegmenten wie Container- oder Tankschiffe ergeben.

EXXECNEWS: Wie hat sich die Zusammenarbeit mit der Aufsichtsbehörde im Bereich Token gestaltet?

Irena Behmke: Mitte März 2019 stellten wir die erste Anfrage beim Referat für finanztechnologische Innovationen. Aufgrund der Besonderheiten von tokenbasierten KG-Anteilen war sowohl eine Abstimmung mit der Abteilung IF (Integrität des Finanzsystems), die für die aufsichtsrechtliche Einschätzung verantwortlich war, als auch mit der Wertpapieraufsicht wegen der prospektrechtlichen Einstufung erforderlich. Während schnell geklärt werden konnte, dass mit dem geplanten Setup keine Erlaubnistatbestände des Kreditwesengesetzes, des Kapitalanlagegesetzbuches und des Zahlungsdienstaufsichtsgesetzes verwirklicht werden, gab es von der Wertpapieraufsicht vorab keine verbindliche Auskunft. Deshalb entschloss sich die Anbieterin, die prospektrechtliche Einstufung der tokenbasierten KG-Anteile als Wertpapier im WIB-Billigungsverfahren verbindlich klären zu lassen. Dieses haben wir Ende November 2019 eingeleitet.

Angesicht der Neuheit der Anlageform war der Dialog sehr konstruktiv. Bei den ersten Anhörungen zur prospektrechtlichen Einstufung der tokenbasierten KG-Anteile als Wertpapier wurde zunächst geklärt, ob das im März 2019 vorgestellte Set-Up auch tatsächlich umgesetzt werden sollte. So mussten, was ansonsten unüblich ist, beispielsweise umfassende Vertragsunterlagen vorgelegt werden. Im Hinblick auf die Anfang April erfolgte Gestattung der Veröffentlichung des WIB handelte es sich zeitlich betrachtet um ein längeres Verfahren. Es darf nicht außer Acht gelassen werden, dass es sich bei der Ausgestaltung der KG-Anteile um ein Novum handelte.

EXXECNEWS: Wie kann ein Zweitmarkt für die Token ausgestaltet werden?

Dr. Matthias Gündel: Bei der Organisation eines Zweitmarktes ist zunächst zwischen den aufsichtsrechtlichen Anforderungen und der technischen Abwicklung zu unterscheiden. Aufsichtsrechtlich könnte ein Zweitmarkt zunächst mit einer KWG-Erlaubnis für die Anlagevermittlung umgesetzt werden. Bei diesem Modell könnte aber keine automatische Kursfeststellung und daran anschließend die automatische Ausführung des Geschäfts erfolgen. Denn dafür wäre mindestens eine Erlaubnis für den Betrieb eines sogenannten Multilateralen Handelssystems erforderlich, für die deutlich weitergehende Voraussetzungen erfüllt werden müssen. Daneben müsste der Betreiber aller Voraussicht nach auch die Erlaubnis für das Kryptoverwahrgeschäft besitzen. Mit einer Erlaubnis für das Finanzkommissionsgeschäft könnte ein Zweitmarkt in aufsichtsrechtlich zulässiger Weise dargestellt werden, ohne das weitere Erlaubnisse erforderlich wären.

Die technische Abwicklung des Zweitmarkthandels ist von der Erlaubnis des Betreibers des Zweitmarktes abhängig. Wenn der Betreiber Zugriff auf die Token oder den privaten Schlüssel des Token-Inhabers bekommt, dann könnte auch ein automatisierter Handel erfolgen. Anderenfalls muss der Veräußerer nicht nur den Verkaufspreis selbst festlegen oder aushandeln, sondern wie bisher auch den Übertrag an den Erwerber veranlassen.

Das Interview ist zuerst erschienen in EXXECNEWS Ausgaben 12 und 13/2020.

www.exxecnews.de

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