Blitzkorrektur am Kryptomarkt: Makroangst trifft auf Milliarden-Liquidationen
Die Krypto-Rallye des Sommers ist abrupt an die Wand der unbarmherzigen Makro-Realität geprallt. In der ersten Novemberwoche 2025 erlebt der Kryptomarkt einen scharfen Stimmungsumschwung – geprägt von extremer Volatilität, abrupten Kursrückgängen und wachsender Nervosität unter Anlegern. Bitcoin und Ethereum, die beiden größten Kryptoassets, verloren zu Wochenbeginn teils über zehn Prozent an Wert, nachdem sie noch im Oktober neue Jahreshochs erreicht hatten. Die Folge: ein Kursrutsch, der selbst erfahrene Marktteilnehmer überrascht hat, so analysiert Darius Moukhtarzade, Research Strategist des Krypto-ETP-Emittenten 21Shares. Warum kam es dazu?
Im Zentrum der Marktverwerfungen steht die Zinspolitik der US-Notenbank. Diese hatte zwar Ende Oktober die Leitzinsen zunächst gesenkt – eigentlich ein gutes Signal für Krypto. Doch wie es mit der Stimmung auf den Märkten so ist: Nach der Zinssenkung ist vor der nächsten Senkung. So warten Anleger immer noch gespannt auf die Veröffentlichung der US-Arbeitsmarktdaten, die maßgeblich über den weiteren geldpolitischen Kurs der FED entscheiden dürften. Sollte der Arbeitsmarkt weiterhin robust bleiben, steige die Wahrscheinlichkeit, dass die Notenbank von einer weiteren Lockerung absieht – ein unangenehmes Signal für risikoreiche Anlageklassen wie Kryptowährungen. Gleichzeitig wirken geopolitische Spannungen, anhaltend hohe Staatsverschuldung und schwache globale Wachstumsdaten als zusätzlicher Belastungsfaktor.
Zu diesen makroökonomischen Risiken gesellt sich ein technischer Katalysator: massive Massenliquidationen an den Futures-Märkten. Innerhalb von 24 Stunden wurden „Long-Positionen” oder anders gesagt gehebelte Trades im Wert von über 1,2 Milliarden US-Dollar zwangsabgewickelt und das, als Investoren gehofft haben, mit Bitcoin Gewinne zu erzielen. Das ist die größte Liquidationswelle seit dem Sommer 2024.
Marktstimmung: Angst statt „Moonvember“
Der November – traditionell ein starker Monat für Bitcoin, oft mit Kursgewinnen von über 40 Prozent im historischen Mittel – steht dieses Jahr unter einem völlig anderen Vorzeichen. Der vielzitierte „Moonvember“ bleibt aus. Langfristige Halter reduzieren ihre Bestände, während kurzfristige Trader auf volatile Rebounds setzen. Unter der Oberfläche zeige sich jedoch ein anderes Narrativ: die fortschreitende Reifung der Marktstruktur. Themen wie technologische Resilienz, regulatorische Klarheit und Dezentralisierung gewinnen weiter an Bedeutung. Für langfristig orientierte Marktteilnehmer bleibe Bitcoin damit ein strukturelles Asset.
Kurzfristig allerdings bleibe die Lage angespannt. Solange die Zins- und Arbeitsmarkterwartungen in den USA unklar sind, dürfte der Markt volatil bleiben. Sollte die FED jedoch ein moderateres Signal senden oder die Arbeitsmarktdaten eine Abschwächung zeigen, könnte sich das Blatt rasch wenden. Eine technische Gegenbewegung – möglicherweise Richtung 110.000 US-Dollar bei Bitcoin – wäre dann realistisch. Historisch betrachtet hat der November oft eine Trendwende eingeläutet, wenn der Markt zuvor überverkauft war. Ein mögliches Wiederaufleben der „Santa-Claus-Rallye“ bleibt also ein Szenario – vor allem, wenn die Liquidationsdynamik abnimmt und neue Kapitalzuflüsse einsetzen. (DFPA/mb)
Die 21Shares AG wurde im Jahr 2018 gegründet und ist ein Krypto-Asset Manager. Vom Hauptsitz in Zürich in der Schweiz aus agiert 21Shares mit Niederlassungen in New York und London.