EZB warnt vor Klimarisiken für Geldpolitik und Wirtschaft

Der Klimawandel stellt nach Ansicht der Europäischen Zentralbank (EZB) ein akutes Risiko für die Finanzstabilität und das Wirtschaftswachstum in Europa dar. Eine neue Analyse auf Basis von Kurzzeitszenarien des Network for Greening the Financial System (NGFS) zeigt, dass extreme Klimaereignisse bereits ab 2026 das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Eurozone bis zum Ende des Jahrzehnts um bis zu 4,7 Prozent verringern könnten – ein Rückgang, der mit den Folgen der globalen Finanzkrise vergleichbar wäre.

„Der Klimawandel ist keine ferne ESG-Frage mehr, sondern ein unmittelbares Risiko für Finanzstabilität und Wirtschaftswachstum“, warnt Océane Balbinot-Viale, Sustainable Investment Research Analyst bei Crédit Mutuel Asset Management.

Laut Balbinot-Viale zeigen jüngste Szenarien des Network for Greening the Financial System (NGFS), dass extreme Klimaereignisse das BIP der Eurozone bis 2030 um bis zu 4,7 Prozent drücken könnten – „ein Einbruch, der an die globale Finanzkrise erinnert“. Selbst ohne direkte Klimaschäden seien indirekte Effekte wie Lieferkettenunterbrechungen „ein reales Risiko, das die Produktion im Euroraum um rund zwei Prozent beeinträchtigen könnte“.

Die Analystin sieht die EZB in einer Zwickmühle: „Wenn die Zentralbank bei klimabedingter Inflation die Zinsen anhebt, verschärft sie den Abschwung – wenn sie nichts tut, gefährdet sie ihre Glaubwürdigkeit.“ Besonders brisant sei das für eine Institution, deren Mandat Preisstabilität mit der Sicherung der Finanzstabilität verbinden müsse.

„Klimakatastrophen, Produktivitätsverluste und steigende Staatsausgaben könnten dazu führen, dass diese beiden Ziele schlicht nicht mehr vereinbar sind“, so Balbinot-Viale. Die Folge sei ein wachsender Druck auf öffentliche Haushalte und Banken – vor allem in finanzschwächeren Mitgliedstaaten.

Hinzu komme, dass die geldpolitische Wirkung der EZB „nicht mehr neutral“ sei. Klimatische Asymmetrien führten dazu, dass Zinsanhebungen besonders stark auf gefährdete Branchen wirkten, während Zukunftssektoren wie erneuerbare Energien unter härteren Finanzierungsbedingungen litten. „Mit der Einführung eines Klimafaktors bei der Bewertung von Sicherheiten hat die EZB das Problem zwar anerkannt“, erklärt Balbinot-Viale, „aber sie riskiert damit, bestehende Unterschiede in der Kreditvergabe weiter zu verstärken.“

Auch für Investoren habe das Konsequenzen: „Wir müssen Staatsanleihen und Sektoren künftig durch eine Klimarisiko-Linse betrachten“, betont Balbinot-Viale. Der Klimawandel verändere das gesamte makroökonomische Umfeld – „vom Wachstum über die Inflation bis hin zur Kapitalverfügbarkeit“.

Die Analystin zieht ein klares Fazit: „Klimaszenarien gehören nicht mehr nur in Nachhaltigkeitsberichte. Sie müssen Teil von Wirtschaftsprognosen und Portfolioentscheidungen werden.“ Und sie warnt: „Die Zeit drängt – der Klimawandel ist längst zu einer makroökonomischen Realität geworden, die das Fundament der Geldpolitik erschüttert.“ (DFPA/abg)

Crédit Mutuel Asset Management ist eine Asset-Management-Gesellschaft der Groupe La Française, der Holdinggesellschaft der Asset-Management-Sparte der Crédit Mutuel Alliance Fédérale.

http://www.la-francaise.com/

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