Sondervermögen "Infrastruktur": Zu wenig für die Herausforderungen
Deutschland hat einen massiven Investitionsstau: Neben einer unzulänglich ausgestatteten Bundeswehr und Zivilverteidigung sind bei der Infrastruktur marode Schulen, löchrige Straßen, zerbröckelnde Brücken oder ein überlastetes Schienennetz mit zum Teil aus der Kaiserzeit stammenden Stellwerken Symptome dieses Staus. Das merkt Helaba Invest an.
Am 21. März 2025 hat der Bundesrat der Anpassung der Schuldenbremse und der Schaffung eines Sondervermögens „Infrastruktur“ zugestimmt: Mit der Anpassung der Schuldenbremse hat der Bund die Möglichkeit bekommen, seine Verteidigungsaufgaben ohne Beschränkungen durch die Schuldenbremse zu tätigen. Gleichfalls fällt auch für die Bundesländer die Schuldenbremse, was ihnen erlaubt, Kredite mit bis zu 0,35 Prozent des BIP als Schulden aufzunehmen. Das ebenfalls verabschiedete Sondervermögen in Höhe von 500 Milliarden Euro darf ausschließlich für zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur sowie zur Erreichung der Klimaneutralität bis zum Jahr 2045 verwendet werden und unterliegt ebenfalls nicht der Schuldenbremse.
Wofür das Geld aus dem Sondervermögen konkret eingesetzt wird, könne zukünftig der Bundestag per Gesetz entscheiden. Der Zeithorizont beträgt zwölf Jahre. Das neue Sondervermögen verteilt sich auf drei Ausgabenbereiche: Zum einen sind 300 Milliarden Euro für allgemeine Investitionen des Bundes vorgesehen, zum anderen jeweils 100 Milliarden Euro für die Länder (Bundesländer und Kommunen) sowie den bereits aufgelegten Klima- und Transformationsfonds (KTF). Die neue Regierung hat sich ihrem Koalitionsvertrag verpflichtet, dem KTF jährlich zehn Milliarden Euro zukommen zu lassen.
Es stelle sich die Frage, ob die Finanzierung ausreicht. Helaba Invest sieht einen erheblichen Investitionsbedarf in nahezu allen Infrastrukturbereichen wie Netze (Strom, H2, Fernwärme), Verkehrsinfrastruktur, soziale Infrastruktur und Digitalisierung mit prognostizierten Investitionsvolumina, die deutlich über den Umfang des Sondervermögens hinausgehen: In einer Analyse von Anfang 2024 schätzt der IW Köln, dass für die kommenden Jahre neben den bereits geplanten Mitteln im Bundeshaushalt zusätzlich rund 600 Milliarden Euro für die Verkehrsinfrastruktur, die Bildung, den Wohnungsbau und den Klimaschutz bzw. Klimaanpassung benötigt werden. Ob dieser Betrag ausreicht, dürfe bezweifelt werden, wie zwei Beispiele nahelegen: Die Deutsche Bahn beansprucht nach aktuellen Zahlen bis 2034 rund ein Drittel des Sondervermögens, da sie für die Erneuerung und Erweiterung des Schienennetzes mit Ausgaben in Höhe von 260 Milliarden Euro rechnet, von denen etwa 150 Milliarden Euro aus dem neuen Sondervermögen kommen sollen.
Das beschlossene Sondervermögen zeigt, dass die künftige Regierung dem Verfall der deutschen Infrastruktur Einhalt gebieten will. „Wir sehen aber auch, dass das Sondervermögen nur eine Art „Anschubfinanzierung“ sein kann und Investitionen von privatem Kapital erforderlich sein werden“, so heißt es seitens Helaba Invest. Neben zusätzlichem und den Steuerzahler entlastendem Kapital können private Kapitalgeber Fachwissen und -personal einbringen. Mit dem Ziel, zügig eine sichere und langfristige Rendite zu erzielen, könnten private Kapitalgeber für eine Beschleunigung und eine höhere Effizienz bei Projekten sorgen. (DFPA/mb1)
Die Helaba Invest Kapitalanlagegesellschaft mbH mit Sitz in Frankfurt am Main wurde 1991 als hundertprozentige Tochtergesellschaft der Hessischen Landesbank (Helaba) gegründet.