Das sind die einflussreichsten Ökonomen Deutschlands

Kein Tag vergeht, an dem nicht Ökonomen ihre Expertise zur Wirtschaftslage anbieten. Wer dabei am meisten Gehör findet, zeigt das Deutschland-Ranking, das vom Schweizer Institut Media Tenor für die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft erstellt wurde und der Neuen Zürcher Zeitung exklusiv vorliegt. Demnach dominiert Clemens Fuest, Chef des Münchener Forschungsinstituts Ifo, die wirtschaftspolitische Debatte.

Über alle Themenfelder hinweg dominiert demnach Clemens Fuest, Chef des Münchener Forschungsinstituts Ifo, die wirtschaftspolitische Debatte. Zwischen Juli 2023 und Juni 2024 finden sich in den deutschsprachigen Leitmedien insgesamt 264 Zitate von ihm. Auf Platz zwei folgt die Wirtschaftsweise Veronika Grimm mit 161 Nennungen.

Aufschlussreich ist auch die thematische Auswertung der Medienzitate, etwa wenn es um den Haushalt und die Staatsschulden geht. Zumindest in der Spitzengruppe des Rankings sind die Ökonomen hier genauso gespalten wie der Rest der Republik. Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), führt als Befürworter einer Reform die Rangliste an, dicht vor dem Freiburger Ökonomen und Lindner-Berater Lars Feld, der die Schuldenbremse vehement verteidigt. Die weiteren Spitzenpositionen verteilen sich ausgewogen zwischen den beiden Lagern.

Weniger kontrovers sind die Meinungsdifferenzen der Ökonomen in anderen Themenfeldern. Wenn es um Inflation geht, sind es vor allem die Bankökonomen, die gehört werden – allen voran der Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer und sein Kollege Ulrich Kater von der Deka-Bank. Bei Fragen zur internationalen Wirtschaft – von der Weltkonjunktur bis hin zum Zollstreit mit China – hat sich wiederum der IW-Ökonom Jürgen Matthes etabliert.

Doch die reine Medienpräsenz sagt wenig über den tatsächlichen Einfluss aus. Das Deutschland-Ranking bewertet deshalb auch wissenschaftliche Impulse, politische Beratung und die Resonanz in sozialen Netzwerken. In dieser Gesamtwertung bleibt zwar Fuest mit 477 Punkten vorn, auf Platz zwei rückt aber der diesjährige Nobelpreisträger Daron Acemoglu vor. Es folgen Marcel Fratzscher vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung mit 408 Punkten und Veronika Grimm mit 362 Punkten.

Doch die Analyse von Media Tenor offenbart auch ein erstaunliches Missverhältnis: Von 584 058 untersuchten Berichten zu ökonomischen Themen basieren zu 56 Prozent auf journalistischen Einschätzungen, weitere 40 Prozent auf Aussagen von Politikern oder Lobbyisten. Nur in 4,2 Prozent der Fälle kommen überhaupt Wirtschaftsforscher zu Wort.

Der Ifo-Chef Fuest räumt ein: „Natürlich sind auch Wissenschafter nur Menschen mit eigenen Überzeugungen.“ Zwei Dinge müssten aber getrennt werden: Sachaussagen, die wahr oder falsch sein könnten – zum Beispiel, dass höhere Steuern die Arbeitsbereitschaft senkten. Und politische Werturteile wie der Wunsch nach mehr Umverteilung. Im Idealfall, so Fuest, liefere die Wissenschaft die Fakten, und die Politik entscheide dann über deren Verwendung. „Ökonomen beeinflussen sowohl in den Medien als auch in der Politik den Blick auf die Wirtschaft und die Wirtschaftspolitik. Deshalb ist es wichtig, transparent zu machen, welchen Ökonomen besonders einflussreich sind“, kommentiert INSM-Chef Thorsten Alsleben das Ranking. (DFPA/abg)

Das vollständige Ranking finden Sie hier.

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