Auswirkungen der BaFin-Aufsicht über Vermittler

Alexander Pfisterer-Junkert

Vorbemerkung:

Eine schier unendliche Geschichte könnte nun doch alsbald zu einem Abschluss gelangen. Noch vor der Sommerpause 2020 plant der Bundestag die Verabschiedung des Gesetzes zur Übertragung der Aufsicht über Finanzanlagenvermittler und Honorar-Finanzberater auf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und damit weg von der langjährigen regionalen Kontrolle durch Industrie- und Handelskammern beziehungsweise Gewerbeämter. Damit könnte das Dauerthema „Regulierung der Finanzdienstleister“ anschließend für geraume Zeit in den judikativen Hintergrund rücken.

Mit der Verabschiedung dieses Vorhabens werde eine jahrzehntelange Ungleichbehandlung in der Beaufsichtigung zwischen KWG-lizenzierten Finanzdienstleistern und Instituten (Banken, Sparkassen, Vermögensverwalter etc.) und solchen, die mit einer Erlaubnis nach der Gewerbeordnung (aktuell § 34f Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 – 3 GewO) operieren, beseitigt, so jedenfalls die Befürworter des Gesetzgebungsvorhabens. Kritiker führen – wie häufig bei Regulierungsvorhaben – den mit steigenden Kosten einhergehenden administrativen Aufwand ins Feld und befürchten ein „Vermittlersterben“.

1. Maßgebliche Regulierungsvorgaben bereits abgeschlossen

In jüngster Zeit mehren sich die Bestrebungen von Lobbyverbänden, das Gesetzesvorhaben noch kurz vor Verabschiedung zu stoppen. Ob dieses „Aufbäumen“ von Erfolg gekrönt sein wird, bleibt abzuwarten. Die Frage nach der Notwendigkeit des Widerstandes stellt sich dennoch. Schließlich treten bereits zum 1. August 2020 mit der neuen Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV) die Regelungen in Kraft, die durch die Verabschiedung des aktuellen Gesetzesvorhabens in den § 96 des zu novellierenden Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG), neuer Abschnitt 11a, nahezu inhaltsgleich Einzug halten sollen. Insoweit werden für die unter Maßgabe der Gewerbeordnung operierenden Finanzanlagendienstleister Vorgaben zur Telefonaufzeichnung sowie sonstiger elektronischer Kommunikation, die Erstellung einer Geeignetheitserklärung, die Berücksichtigung des Zielmarktes und gegebenenfalls Regelungen über Interessenskonflikte bereits in diesem Sommer zur Pflicht. Und dies vollkommen unabhängig von der Übertragung der Aufsicht auf die BaFin, die insoweit kaum zu einer Anhebung der rechtlichen Anforderungen führen würde.

2. Kritischer Punkt für Freie Finanzanlagendienstleister längst vom Tisch

Auch unter einem anderen Gesichtspunkt lässt sich in Frage stellen, weshalb der Verhinderung des Gesetzesvorhabens eine solch große Bedeutung beigemessen wird. Vergleicht man in chronologischer Abfolge die öffentlich gewordenen Entwürfe, stellt man schnell fest, dass ein besonders kritischer Punkt in der aktuellen Entwurfsfassung gar nicht mehr enthalten ist. In einer ersten Fassung aus dem September 2019 war noch zu lesen, dass sämtliche mit Gewerbeerlaubnis agierenden Finanzanlagenvermittler nur mit einer neuen Erlaubnis über den 31. Dezember 2020 hinaus tätig werden dürfen. Die Erlangung einer solchen Erlaubnis wäre mit der Pflicht einhergegangen, ein umfangreiches Antragsverfahren zu durchlaufen, dessen Antragsfrist bereits zum 30. September 2020 hätte enden sollen. Bereits die Gesetzesentwurfsfassung aus Dezember 2019 enthielt eine solche Maßgabe nicht mehr; ebenso wie der aktuelle Entwurf. Nach diesem kann auch weiterhin ungehindert der Tätigkeit nachgegangen werden, wenn man aktuell über eine Erlaubnis verfügt. Nachweise, die im Rahmen eines Antrags beizubringen gewesen wären, sind der BaFin auf spätere Nachfrage hin zu übermitteln.

3. Reputationsgewinn möglich

Wenig Beachtung fand bislang ein durchaus positiver Nebeneffekt des Aufsichtswechsels. Seit vielen Jahren lässt sich der freie Finanzvertrieb von den aggressiven Forderungen sogenannter Verbraucherschützer nach mehr Regulierung vor sich hertreiben. Eine passende Antwort blieb bislang aus. Auch wenn mit Inkrafttreten der novellierten FinVermV zum 1. August 2020 aus operativer Sicht ein duales Regulierungsregime faktisch ohnehin nicht mehr erkennbar ist (schließlich basieren beide Vorgaben auf der MiFID-II-Richtlinie), bleiben undifferenzierte Schlussfolgerungen mit dem bloßen Hinweis auf unterschiedliche Aufsichtsbehörden möglich. Diesen Vorwurf könnte durch eine Aufsichtsübertragung auf die BaFin ein für alle Mal gekontert werden.

4. Förderung der Marktprofessionalisierung

Auch der weiteren Marktprofessionalisierung trägt das Gesetzesvorhaben Rechnung. Nicht nur verwendet der Gesetzentwurf den Begriff des Finanzanlagendienstleisters als einheitlichen Oberbegriff für Berater, Vermittler und Honorarberater von Finanzanlagen und gibt der Branche damit einen greifbaren Rahmen; auch der Begriff der Vertriebsgesellschaft hält nun erstmals Einzug in einen Gesetzestext. Gerade letzterer könnte in der faktischen Umsetzung mehr als nur eine reine Begrifflichkeit darstellen. Schließlich beziehen bereits heute viele Finanzanlagendienstleister, trotz eigener Zulassung nach GewO, die zu vermittelnden Produkte über Intermediäre und nicht direkt vom Anbieter. Kosten- und Organisationserwägungen spielen hierbei oft eine entscheidende Rolle. Das Institut der Vertriebsgesellschaft schafft nunmehr die gesetzliche Voraussetzung (§ 96 Abs. 6 WpHG-E) für einen jeden Finanzanlagendienstleister, fortan ohne eigene Zulassung ausschließlich für Rechnung und unter Haftung einer solchen Vertriebsgesellschaft tätig zu werden. Die Bündelung der Interessen möglichst vieler qualifizierter Finanzanlagendienstleister wird nicht zuletzt unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten im Fokus dieser neuen Vertriebsgesellschaften stehen müssen. Einen hohen Zulauf von Finanzanlagendienstleistern darf schließlich nur die Vertriebsgesellschaft erwarten, die attraktive und damit wettbewerbsfähige Serviceangebote bereitstellt. Durch den ohnehin starken Wettbewerbsdruck im Sektor der Intermediäre dürfte es zwangsläufig zu noch effizienteren Abläufen innerhalb entstehender Vertriebsgesellschaften kommen. Ein Umstand, der sowohl den qualifizierten Finanzanlagendienstleistern als auch deren Kunden zugutekommen dürfte.

5. Kosten durch neue Möglichkeiten beherrschbar

Wie hoch die tatsächlichen Kosten einer Aufsichtsübertragung auf die BaFin für einen jeden Finanzanlagendienstleister tatsächlich sein werden, ist derzeit bestenfalls Spekulation. Unterschiedliche Akteure haben sich mit ebenso unterschiedlichen Schätzungen bereits zu Wort gemeldet. Eine seriöse Bezifferung der tatsächlichen Kosten wird jedoch erst eine geraume Zeit nach Inkrafttreten möglich sein. Dies nicht zuletzt deswegen, weil der eine oder andere Finanzdienstleister auch mit erstmaligen Investitionskosten konfrontiert sein dürfte. Man denke beispielsweise nur an die Pflicht zur Aufzeichnung von telefonischen Beratungsgesprächen. Dass diese Kosten aber gar nicht auf die Aufsichtsübertragung zurückzuführen sind, sondern vielmehr in Zusammenhang mit der bereits verabschiedeten FinVermV stehen, geht bei der Betrachtung häufig unter.

Der Gesetzesentwurf selbst schätzt die Kosten für das Vorhaben für die reine Aufsichtsübertragung bei der BaFin auf einmalig 5,2 Millionen Euro und 36,4 Millionen Euro jährlich. Durch das Prinzip der Umlagefinanzierung der BaFin werden diese Kosten von den zu beaufsichtigenden Finanzdienstleistern in Gänze zu tragen sein. Geteilt durch die Anzahl der aktuell mit einer Gewerbeerlaubnis tätigen Unternehmer und Unternehmen käme man so auf eine laufende jährliche (Mehr-)Belastung in Höhe von rund 1.000 Euro. Ob sich, wie im Rahmen des Übertragungsvorhabens zu vernehmen war, der Wegfall der bisherigen Aufsichtskosten, die die Beauftragung eigener Prüfer enthielt, in gleichem Maße kostenreduzierend auswirken wird, bleibt abzuwarten. Die wie - oben beschrieben - neue Option, zukünftig unter einer Vertriebsgesellschaft zu operieren, sollte dem Kostenargument jedoch viel Schreckenspotenzial nehmen. Schließlich entfällt als positiver Nebeneffekt auch die Pflicht zum Vorhalt einer eigenen Vermögensschadenversicherung und damit der jährlichen Prämienzahlung. Auch wenn die im Gegenzug zum Vorhalt einer solchen Versicherung verpflichteten Vertriebsgesellschaften die dort auflaufenden Prämien auf ihre gebundenen Vermittler werden umlegen müssen, erscheint unter dem Strich eine Kostenreduktion in diesem Punkt nicht gänzlich ausgeschlossen.

6. Langfristige Sicherung der Branchenzukunft

Sowohl politisch als auch wirtschaftlich könnte das nunmehrige Vorhaben gar längerfristige Planungssicherheit für die Branche schaffen. Das hier beleuchtete Regulierungsvorhaben war schließlich im Koalitionsvertrag der aktuellen Großen Koalition als Umsetzungsziel bereits enthalten. Scheitert die Umsetzung in dieser Regierungszeit doch noch, stünde zu erwarten, dass dieser Punkt bei zukünftigen Verhandlungen über die Bildung einer neuen Regierung wieder auf die Tagesordnung kommt. Die oben erwähnte „unendliche Geschichte“ würde also abermals eine Fortsetzung erfahren. Berücksichtigt man die in der aktuellen Legislaturperiode zu Tage getretenen Großschäden im Bereich der Kapitalanlagen, dürfte eine noch härtere Gangart bei der Umsetzung im Rahmen eines neuerlichen Anlaufs kaum ausgeschlossen sein.

Dieser Artikel von Alexander Pfisterer-Junkert, Rechtsanwalt in der Kanzlei BKL, Fischer Kühne + Partner, erschien in „PROBERATER 2020“.

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