Die Ex-ante- und Ex-post-Kosteninformationen bei Finanzanlagenvermittlern - Was kommt auf den freien Vertrieb zu?

Dr. Stephan Schulz

1. Einleitung

Im Zuge der Umsetzung der MiFID-II-Richtlinie in nationales Recht hat der deutsche Gesetzgeber im Rahmen einer umfassenden Überarbeitung des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) umfangreiche Vorgaben für eine Kostentransparenz gemacht, die dem Kunden als zusätzliches Medium einer informierten Anlageentscheidung dienen sollen (vgl. dazu bereits Reibis, in: ProBerater 2019, S. 33 ff.). Der Kunde soll unter anderem in die Lage versetzt werden zu beurteilen, wie sich die Kosten auf das Investitionsergebnis auswirken. Zu unterscheiden sind die zeitlich vor einem Wertpapiergeschäft durchzuführende Ex-ante-Kosteninformationen sowie die nach dem Geschäftsvorfall verorteten Ex-post-Kosteninformationen.

Der Transparenzansatz ist zum Schutz der Kunden weit. Faktisch geht es um die Darlegung sämtlicher Kosten und Nebenkosten, die nicht durch das dem Produkt zugrundeliegende Marktrisiko verursacht werden. Dies schließt neben den Kosten der Finanzinstrumente selbst auch die Kosten der Wertpapierdienstleistung – beispielsweise einer Anlageberatung oder Anlagevermittlung – mit ein (vgl. § 63 Abs. 7 WpHG).

Waren zunächst nur nach § 32 Abs. 1 KWG regulierte Institute von der Kostentransparenz nach MiFID II betroffen, führt die neue Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV-neu) seit dem 01. August 2020 dazu, dass auch freie Finanzanlagenvermittler adressiert werden (vgl. § 13 FinVerV-neu). Insoweit muss sich zukünftig auch der freie Finanzvertrieb auf die Einhaltung der verschärften Kostentransparenz einstellen. Insbesondere die Ex-post-Kosteninformation kommt für den Vertrieb neu hinzu.

Nachfolgend wird eine Einführung in die aufsichtsrechtliche Kostentransparenz gegeben. Der Schwerpunkt liegt auf den – aus Sicht des freien Vertriebs – neuen Vorgaben in der FinVermV-neu. Man wird sich in der Praxis insbesondere mit der Frage beschäftigen müssen, wie man an die gegenüber dem Kunden geschuldeten Informationen verlässlich, aktuell und transparent gelangt, um seinen gesetzlichen Pflichten sicher nachzukommen.

2. Ex-ante- und Ex-post-Kosteninformation nach der FinVermV-neu

2.1. Grundlagen

§ 13 Abs. 1 FinVermV-neu verpflichtet den Finanzanlagenvermittler dazu, rechtzeitig vor Abschluss eines Geschäfts (Ex-ante) diverse Informationen zu erteilen. Konkret geht es um Informationen, die erforderlich sind, damit der Anleger die Art und die Risiken einer Finanzanlage verstehen und auf dieser Grundlage eine Anlageentscheidung treffen kann. Das umfasst insbesondere auch angemessene Informationen über Kosten und Nebenkosten des Produktes sowie der Dienstleistung. Der Kunden soll in die Lage versetzen werden, die Auswirkungen auf die zu erwartende Rendite beziehungsweise den Anlageerfolg zu beurteilen.

Zentrale Norm für den freien Vertrieb ist in diesem Kontext § 13 FinVermV-neu in Verbindung mit der entsprechenden Regelung in § 63 WpHG sowie weiteren Vorgaben in einer europäischen Durchführungsverordnung (DV (EU) 2017/565). Wie bereits in der Vergangenheit, muss der Vertrieb bestimmte, grundsätzlich standardisierte Informationen zu Finanzanlagen und Risiken für seinen Kunden bereithalten. Diese Dokumente müssen nach § 13 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 FinVermV-neu insbesondere auch Informationen in Bezug auf die Kosten und Nebenkosten der Anlagevermittlung oder Anlageberatung und der vermittelten Finanzanlage enthalten.

Hinsichtlich der Ausgestaltung sowie des individuellen Inhalts verweist die FinVermV-neu auf die Delegierte Verordnung (EU) 2017/565, die bereits heute für KWG-lizenzierte Institute die Kostentransparenz konkretisiert. Dort besteht also ein weitgehender Gleichlauf, der vom Gesetzgeber auch entsprechend intendiert und im Rahmen der MIFID II-Richtlinie gefordert war (vgl. FinVermV-Entwurf vom 22. Juli 2019, Seite 24 f.).

Zukünftig müssen die Informationen nach § 13 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 FinVermV-neu nicht nur rechtzeitig vor Abschluss, sondern zusätzlich regelmäßig – mindestens jedoch jährlich – während der Laufzeit der Anlage dem Kunden zur Verfügung gestellt werden (Ex-post). Dies gilt jedoch nur, wenn in diesem Zeitraum auch tatsächlich eine Kundenbeziehung unterhalten beziehungsweise aufrechterhalten wird.

Was bedeutet dies konkret?

2.2. Ex-ante-Kosteninformation

Die Ex-ante-Kosteninformation umfasst sämtliche Kosten und Nebenkosten, die für die Erbringung der Dienstleistung entstehen sowie alle Kosten und Nebenkosten für die Konzeption und Verwaltung des Finanzinstruments. Die Darstellung muss sowohl die Gesamtkosten als auch eine Aufgliederung (zumindest) in die Komplexe „Finanzdienstleistungskosten“ und „Produktkosten“ – mit weiteren Unterpunkten (laufende Kosten, Ausstiegskosten etc.) – enthalten. Ferner soll dem Kunden dargelegt werden, wie sich die Kosten konkret auf die Rendite auswirken.

Eine praktische Schwierigkeit besteht vor Geschäftsabschluss und -durchführung naturgemäß darin, die exakten Kosten verlässlich zu ermitteln. Dort sehen die gesetzlichen Vorgaben eine Erleichterung dahingehend vor, dass die Kosten zunächst geschätzt werden dürfen. Selbstverständlich ist aber kein Agieren „ins Blaue hinein“ zulässig, sondern ein verlässliches Fundament unerlässlich.

Wie einleitend ausgeführt, hat die Kosteninformation rechtzeitig vor dem Abschluss auf einem dauerhaften Datenträger zu erfolgen. Rechtzeitigkeit liegt nur dann vor, wenn sich der Kunde zu diesem Zeitpunkt noch nicht vertraglich gebunden hat, also grundsätzlich vor der Order. Dies kann insbesondere bei telefonischem Kundenkontakt zu Problemen führen. Beispielsweise dann, wenn der Kunde weder über einen Internetzugang noch ein Faxgerät verfügt. Dort muss vor dem Abschluss des Geschäfts der Postlauf abgewartet werden oder ein persönliches Treffen erfolgen, um der Kostentransparenz nachzukommen.

In diesem Kontext wird aktuell noch eine nicht abschließend geklärte Rechtsfrage diskutiert, was angesichts der Praxisrelevanz verwundert. So lässt sich den gesetzlichen Vorgaben nicht eindeutig entnehmen, ob die Kosteninformation auch standardisiert beispielsweise bei Begründung der Geschäftsbeziehung für eine Vielzahl von Transaktionen oder im Einzelfall bezogen auf eine Order erteilt werden muss (vgl. zum Streitstand Rothenhöfer, in: Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechts-Kommentar, 5. Auflage 2020, § 63 WpHG, Rn. 261.). Zur Vermeidung von Rechtsverstößen ist eine im Order-Kontext erteilte Kosteninformation vorzugswürdig.

2.3. Ex-post-Kosteninformation

Die Ex-post-Kosteninformation enthält die Kosten, die im umfassten Zeitraum tatsächlich angefallen sind. Dort hat in jedem Fall eine individualisierte Darstellung zu erfolgen, die sich auf den konkreten Kunden und den Berichtszeitraum bezieht. Waren vor Geschäftsabschluss noch Schätzungen erlaubt, geht es jetzt nur noch um die tatsächlich angefallenen Kosten.

Kerninhalt ist neben der grundsätzlichen Kostenaufstellung auch die Wirkung der Gesamtkosten auf die Rendite, wobei unter anderem voraussichtliche Kostenspitzen und -schwankungen aufzuzeigen sind. Die Kosteninformation schaut aufgrund ihrer Zielsetzung nur in die Vergangenheit und muss keine Aussagen zu künftigen Wertentwicklungen enthalten.

Eine Ex-post-Kosteninformation ist nur dann geschuldet, wenn im laufenden Jahr eine Geschäftsbeziehung mit dem Kunden besteht. Eine konkrete Definition der „laufenden Geschäftsbeziehung“ fehlt. Allerdings wird man davon ausgehen müssen, dass jedenfalls Bestands- oder Folgeprovisionen eine laufende Geschäftsbeziehung indizieren. Daneben kommen beispielsweise Rahmenverträge oder Dauerbetreuungsverträge mit den Kunden in Betracht. Beschränkt sich der Kundenkontakt indes auf die Vermittlung eines Geschlossenen Fonds ohne Folgeprovision, ist eine laufende Geschäftsbeziehung im Zweifel zu verneinen.

Rechtsunsicherheit bleibt beim Zusammentreffen verschiedener Vermittlungen bei einem einzelnen Kunden. Für sich betrachtet erfüllt die Vermittlung des Geschlossenen Fonds dann nicht die Anforderungen an eine laufende Geschäftsbeziehung. Daneben vermittelte Investmentfonds begründen aufgrund der Provisionierung hingegen eine solche. Fraglich ist, ob dies auch auf den Geschlossenen Fonds „durchschlägt“. Eine konkrete Aussage für diese Konstellation ist bislang weder auf europäischer noch auf nationaler Ebene von den berufenen Stellen getroffen worden. Bislang sind indes keine Beanstandungen bekannt, wenn KWG-regulierte Institute bei Geschlossenen Fonds ohne Folgeprovisionen von der Ex-Post-Kostentransparenz abweichen.

3. Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben in der Praxis

Viele freie Finanzdienstleister sehen sich erstmalig mit der gesteigerten Kostentransparenz konfrontiert, sodass sich die Frage nach der rechtssicheren Umsetzung in der Praxis stellt. Die Kosteninformationen in der FinVermV-neu adressieren primär den Vertrieb, wobei beispielsweise depotführende Stellen nach dem WpHG eigenständig verpflichtet sein können.

Allerdings ist der Vertrieb zur Erfüllung seiner Pflichten regelmäßig auf die Unterstützung beziehungsweise Zulieferung von Daten Dritter (Emittent, depotführende Stelle) angewiesen. Für den freien Finanzvertrieb hat der Gesetzeber dies sogar ausdrücklich geregelt, indem er klarstellt, dass der Gewerbetreibende die Informationen, die ihm das die Finanzanlage konzipierende Wertpapierdienstleistungsunternehmen, der Emittent oder das depotverwaltende Institut zur Verfügung stellen, nicht nur nutzen darf, sondern dass bei einer Verwendung die Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben als erfüllt gilt. Dies gilt sowohl für die Ex-ante-Kosteninformation (§ 13 Abs. 3 S. 3 FinVermV-neu) als auch für die Ex-post-Kosteninformation (§ 13 Abs. 5 S. 2 FinVermV-neu). Dort ist also dringend zu raten, die zur Verfügung gestellten Informationen zu verwenden, um auf sicherem Boden zu agieren.

Da die depotführenden Stellen nach § 63 Abs. 7 WpHG selbst zur Kostentransparenz gegenüber ihren Depotkunden verpflichtet sind, kann es beispielsweise bei Investmentfonds zu Doppelungen kommen, wenn beide Marktteilnehmer entsprechende Erklärungen abgeben. Die FinVermV-neu stellt insoweit klar, dass etwa bei einer bereits erfolgten Aushändigung durch das depotführende Institut zugunsten des Vermittlers unterstellt wird, dass die Pflicht erfüllt ist (§ 13 Abs. 3 S. 3 FinVermV-neu).

Grundsätzlich kann der Vertrieb also weitgehend auf Drittmaterialien zurückgreifen, muss aber seine Prozesse entsprechend anpassen beziehungsweise institutionalisieren. Dies ist angesichts der erhöhten Anforderungen im Rahmen der FinVermV-neu aber ohnehin geboten.

Problematisch ist allerdings, dass nicht nur über die Kosten der Finanzanlage, sondern auch über die Kosten der Dienstleistung (Anlageberatung, Anlagevermittlung etc.) aufgeklärt werden muss. Insoweit macht die FinVermV-neu eine Ausnahme von der Erfüllungsfiktion. „Über diese muss der Gewerbetreibende in jedem Fall eine eigenständige Information zur Verfügung stellen, da dem Emittenten oder depotverwaltenden Institut darüber keine Informationen vorliegen“, so ausdrücklich im Rahmen der Begründung des Verordnungsentwurfs (Entwurf vom 22. Juli 2019, Seite 25). Als Beispiel werden in diesem Kontext häufig zusätzliche Beratungshonorare mit dem Kunden angeführt, die individuell ausgehandelt sind. Diese müssen auch entsprechend offengelegt werden, was aber dazu führen kann, dass die von dritter Seite übermittelten standardisierten Berechnungen und Folgeszenarien nicht mehr stimmen. In diesem Fall wäre letztverantwortlich der Vermittler für die Neuberechnung, was mit Aufwand und Haftungsrisiken einhergeht. Es kann also sinnvoll sein, nicht von den produktseitig vorgegebenen Provisionsparametern abzuweichen.

Interessant ist in diesem Kontext auch das Zusammenspiel von depotführender Stelle, Maklerpool und Vertrieb. Bestandsvergütungen werden regelmäßig von der depotführenden Stelle ausgewiesen, sodass der Vertrieb darauf Bezug nehmen könnte, wenn er keine zusätzliche Sondervergütung verlangt. Regelmäßig wird die Bestandsprovision bei Poolmitgliedern aber nach einem individuellen Verteilungsschlüssel zwischen den Vertragsparteien aufgeteilt, sodass der Finanzanlagenvermittler tatsächlich einen geringeren Teil der Bestandsprovision erhält als ausgewiesen. Ob die Kostentransparenz nach § 13 FinVermV-neu dem Vermittler dann zusätzlich eine konkrete Offenlegung seiner individuellen Provisionen auferlegt, ist nicht offiziell geklärt. Da es bei der Kostentransparenz allerdings nicht primär um die Offenlegung von Interessenkonflikten geht, informieren die Kosteninformationen der Depotstelle zutreffend über die grundsätzlichen Kosten.

Dieser Artikel von Dr. Stephan Schulz, Rechtsanwalt in der Kanzlei BKL, Fischer Kühne + Partner, erschien in „PROBERATER 2020“.

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