Jahresabschlüsse und Veröffentlichungen – Übersicht und Klarstellungen

Prof. Dr. Thomas Zacher

1. Grundbegriffe des Handelsrechts

Nach den allgemeinen Vorstellungen des Handelsrechts kann man bei Kapitalgesellschaften beziehungsweise Kapitalgesellschaften & Co. folgende Schritte unterscheiden:

1.1.

Die „Erstellung“ des Jahresabschlusses ist kein gesetzlich definierter Begriff. Hiermit ist zunächst die praktische Tätigkeit gemeint, mit der intern oder extern die Angaben aus der Buchhaltung gesammelt und zu einem Jahresabschluss, zunächst formal im Sinne einer Vorbereitung beziehungsweise eines Entwurfes, zusammengeführt werden. Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung bilden die Basisanforderungen. Zusätzlich ist ein Anhang zu erstellen, der mit der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung eine Einheit bildet. Als weiteres Element kommt regelmäßig der Lagebericht zum Jahresabschluss hinzu, handelsrechtlich ab einer bestimmten Mindestgröße oder aufgrund kapitalmarktrechtlicher Vorschriften.

Die „Erstellung“ ist an keine formellen Fristen gebunden. Sie muss aber so rechtzeitig erfolgen, dass die nachfolgenden förmlichen Schritte fristgerecht abgeschlossen werden können. In der Praxis geschehen diese vorgreifenden Arbeiten zum Teil schon während des laufenden Geschäftsjahres, man beginnt nicht erst nach dessen Abschluss.

1.2.

Diese Schritte münden in die förmliche Aufstellung nach § 264 HGB, welche von der Geschäftsführung (beziehungsweise vom Vorstand) in dem Sinne wahrzunehmen ist, dass dieses verantwortliche Organ sich das Gesamtwerk zu Eigen macht, was durch dessen Unterschrift dokumentiert wird. Die Frist zur Aufstellung beträgt drei Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres; nur für kleine Gesellschaften sechs Monate.

1.3.

An die Aufstellung schließt sich nach der gesetzgeberischen Grundvorstellung die Prüfung durch einen Abschlussprüfer an, vgl. § 316 HGB. Diese Prüfung ist handelsrechtlich bei kleinen Kapitalgesellschaften beziehungsweise GmbH & Co. KG entbehrlich. Die Abschlussprüfer sollen jeweils schon vor Ende des Geschäftsjahres, das sie prüfen sollen, bestimmt werden, um einen zeitgerechten Ablauf zu ermöglichen.

In der Praxis ist es bei prüfungspflichtigen Gesellschaften oft so, dass die Prüfer schon in dem Prozess der Erstellung beziehungsweise Aufstellung des Jahresabschlusses einbezogen werden. Gibt es dort Bedenken, versucht man, diese im Vorfeld abzustimmen, sodass förmlich aufgestellte, aber durch einen Wirtschaftsprüfer nicht oder nur eingeschränkt bestätigte Jahresabschlüsse eher selten sind. Ist dies jedoch der Fall, kann man davon ausgehen, dass dort die im Vorfeld üblichen Abstimmungen nicht zu einem Konsens geführt haben und deshalb oft schwerwiegendere Punkte zu der Versagung beziehungsweise Einschränkung des Prüfungsvermerks geführt haben.

1.4.

Der aufgestellte und gegebenenfalls geprüfte Jahresabschluss nebst Anhang wird dann wiederum der Gesellschafterversammlung zur förmlichen Feststellung vorgelegt, vgl. § 42 GmbHG beziehungsweise §§ 172, 173 AktG mit aktienrechtlichen Sondervorschriften. Die Frist ist handelsrechtlich unterschiedlich geregelt; sie beträgt regelmäßig acht Monate nach Abschluss des

Geschäftsjahres. Diese betrifft die Billigung des aufgestellten Jahresabschlusses als verbindlich sowohl für das Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander als auch für das Außenverhältnis.

1.5.

Als fünfter Schritt folgt nach der gesetzgeberischen Vorstellung des § 325 HGB die Offenlegung, welche den festgestellten Jahresabschluss einschließlich Anhang, den Lagebericht und den Bestätigungsvermerk beziehungsweise den Vermerk über dessen Versagung seitens der Abschlussprüfer umfasst. Technisch besteht die Offenlegung darin, dass die gesamten Unterlagen elektronisch beim Betreiber des Bundesanzeigers einzureichen sind.

Die Frist hierfür beträgt maximal ein Jahr nach dem Abschlussstichtag des Geschäftsjahres. Allerdings kommt es vor, dass die Feststellung des Jahresabschlusses innerhalb dieser Jahresfrist aufgrund interner oder externer Ursachen nicht durchgeführt werden kann beziehungsweise praktisch nicht durchgeführt wird oder ein entsprechender feststellender Beschluss nicht zustande kommt. Da zugleich bei Nichteinhaltung der Fristen empfindliche Ordnungsgelder drohen, die automatisch festgesetzt werden, behilft sich die Praxis im Notfall manchmal damit, auch schon den nicht festgestellten beziehungsweise einen vorläufigen beziehungsweise noch nicht abschließend geprüften Jahresabschluss einzureichen (vgl. auch § 335 Abs. 1 Satz 3 HGB). Diese Praxis ist im Detail rechtlich umstritten; förmliche spätere Änderungen des festgestellten Jahresabschlusses können (müssen) aber durchaus nachgereicht werden.

Die Offenlegung besteht selbst wiederum aus zwei Schritten, nämlich zum einen in der Einreichung beim Betreiber des Bundesanzeigers und zum anderen in der Bekanntmachung dort, vgl. § 325 Abs. 1 Satz 2 beziehungsweise Abs. 2 HGB. Maßgebend für die förmliche Fristwahrung ist das Datum der Einreichung der Unterlagen beim Betreiber des Bundesanzeigers und nicht der Veröffentlichungszeitpunkt im Bundesanzeiger, welcher jedoch unverzüglich danach liegen soll.

Nach § 325 Abs. 5 HGB bleiben sonstige Bekanntmachungsverpflichtungen, die auf (anderweitigen) gesetzlichen oder vertraglichen Regelungen beruhen, unberührt.

2. Ergänzende aufsichtsrechtliche Regelungen

Wie schon angesprochen, erfolgen aufgrund der besonderen Verantwortlichkeit gegenüber dem Anlagepublikum aufsichtsrechtlich gegenüber den allgemeinen handelsrechtlichen Standards Verschärfungen und Ergänzungen. Dabei werden nachfolgend wiederum nur die Regelungen über Publikumsgesellschaften angesprochen, um das Konzept eines Überblicks beizubehalten. Generell kann man allerdings sagen, dass es soweit keine Erleichterungen im Verhältnis zu den dargestellten handelsrechtlichen Regelungen gibt, sondern eben nur Verschärfungen und/oder zusätzliche anderweitige Anforderungen.

2.1. Besondere Regelungen nach KAGB

Für den Jahresabschluss, den Lagebericht sowie den Prüfungsbericht des Abschlussprüfers einer externen KVG gilt gemäß § 38 KAGB, dass die – verschärften – Vorschriften der §§ 340a bis 340o des HGB entsprechend anzuwenden sind. Durch den weiteren Verweis auf § 26 des KWG wird auch die Frist zur Aufstellung des Jahresabschlusses auf drei Monate nach Abschluss des Geschäftsjahres reduziert. Der festgestellte und mit einem Lagebericht versehene Jahresabschluss ist danach „unverzüglich“ einzureichen. Dies beinhaltet auch die Bestätigung durch den Abschlussprüfer.

Für die Abschlussprüfung gilt dort noch die Besonderheit, dass gemäß § 340k HGB die Prüfung vor Ablauf des fünften Monats nach dem Abschlussstichtag zu prüfen ist und danach wiederum unverzüglich die Prüfung stattzufinden hat. Daraus folgt insgesamt, dass letztlich für das gesamte Prozedere eine Frist von fünf Monaten + X (unverzüglich) seit dem Abschlussstichtag gilt. Diese Frist ist mittelbar auch wiederum für die Offenlegung gegenüber dem Bundesanzeiger (vgl. oben) maßgeblich. Außerdem ist der Jahresabschluss auch der BaFin einzureichen.

Für die geschlossene Publikumsinvestment-Kommanditgesellschaft (den „Geschlossenen Fonds“) selbst gilt, dass diese einen sogenannten Jahresbericht nach den §§ 158, 135 KAGB zu erstellen hat. Er umfasst wiederum den aufgestellten und geprüften Jahresabschluss, zusätzlich Lagebericht sowie weitere förmliche Erklärungen. Darüber hinaus müssen der Jahresabschluss und Lagebericht besondere inhaltliche Anforderungen erfüllen, die ebenfalls in den vorgenannten Paragrafen beziehungsweise einer entsprechenden Rechtsverordnung niedergelegt sind. Dieser Jahresbericht ist nach § 160 KAGB wiederum generell binnen einer Frist von sechs Monaten nach Ende des Geschäftsjahres offenzulegen. Diese Frist wird dort für alle betroffenen Gesellschaften auf sechs Monate verkürzt, sodass die oben angesprochene allgemeine Offenlegungsfrist von zwölf Monaten in keinem Fall gilt. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass formal ebenfalls die Aufstellungsfrist in diesen Fällen sechs Monate beträgt. Da jedoch die Offenlegung spätestens zeitgleich zu erfolgen hat, muss de facto die Aufstellung schon früher abgeschlossen sein und die dortige Sechs-Monats-Frist kann nicht voll genutzt werden.

Aufgrund der zahlreichen inhaltlichen Verschärfungen und zusätzliche Pflichtangaben müssen Jahresabschluss und Lagebericht somit weitaus konkretere und detaillierte Anforderungen erfüllen, als dies bei „normalen“ Unternehmen der Fall ist.

2.2. Besondere Regelungen nach VermAnlG

Die vorstehend genannten formalen und inhaltlichen Verschärfungen gelten ähnlich – aber nicht deckungsgleich – auch im Bereich des Vermögensanlagengesetztes. § 23 VermAnlG stellt klar, dass auch dort für den Jahresbericht stets das „volle Programm“ aus dem Jahresabschluss zuzüglich des Lageberichtes entsprechend den besonderen Anforderungen des § 24 VermAnlG zu erstellen ist und eine Abschlussprüfung i.S.v. § 25 VermAnlG obligatorisch ist. Dies muss binnen sechs Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahres erfolgen; förmliche Feststellung und Prüfung können notfalls innerhalb von neun Monaten erfolgen und somit maximal drei Monate später nachgereicht werden (§ 23 Abs. 1 Satz 2 VermAnlG). Auch die elektronische Offenlegung gegenüber dem Bundesanzeiger muss in diesen Fristen stattfinden. Entspricht das Geschäftsjahr dem Kalenderjahr, ist also der 30. Juni des Folgejahres die allgemeine Deadline.

3. Sanktionen

Auch hier gibt es wiederum die Trennung zwischen den Bereichen des allgemeinen Handelsrechts und des besonderen Aufsichtsrechts im Hinblick auf die kapitalmarktorientierte Tätigkeit gegenüber dem Anlegerpublikum.

3.1. Handelsrechtliche Sanktionen

Auf der ersten Stufe ist das inzwischen weitgehend automatisierte Instrument der Androhung und Festsetzung von Ordnungsgeld im Sinne von § 335 HGB zu nennen. Auch die Kosten dieses Verfahrens sind dem Unternehmen beziehungsweise den Mitgliedern des vertretungsberechtigten Organs aufzuerlegen. Dieses Verfahren ist ein Verwaltungsverfahren, vgl. etwa mit dem Ordnungswidrigkeitenverfahren im Verkehrsbereich. Die Sanktionen sind zwar anfänglich relativ gering, was die Höhe des Ordnungsgeldes angeht, das Verfahren ist aber weitgehend automatisiert und die Ordnungsgelder erhöhen sich bei Nichterfüllung gleichsam automatisch.

Weiterhin sieht das Gesetz hier einen Ausschluss beziehungsweise eine Begrenzung typischer Einwendungen der Betroffenen vor, um das Verfahren im Regelfall entsprechend zu automatisieren. Früher übliche Einwendungen wie etwa Versäumnisse der damit beauftragten Personen oder ein nicht böswilliges Verstreichenlassen der Fristen zählen in diesem Verfahren regelmäßig nicht.

Darüber hinaus sind einzelne – eher inhaltsbezogene – Pflichtverletzungen nach § 334 HGB bußgeldbewehrt, welche (auch) Tätigkeiten beziehungsweise Unterlassungen im Zusammenhang mit der Aufstellung beziehungsweise dem Inhalt des Jahresabschlusses und des Lageberichtes betreffen können. Hier gibt es einen Rahmen bis zu 50.000,00 Euro, wobei jedoch individuelle Einwendungen im Einzelfall zu prüfen sind.

Schließlich gibt es als schärfste Kategorie noch die Ahndung als Straftat, die in den §§ 331 ff. HGB geregelt ist und die schwerwiegende inhaltliche Mängel betrifft. Hier kommen Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren oder Geldstrafen in Betracht. Schließlich können in Extremfällen auch die allgemeinen Straftaten des Bankrotts oder der Verletzung der Buchführungspflichten einschlägig sein, welche sich auch auf Tathandlungen oder Unterlassungen im Zusammenhang mit der Aufstellung von Bilanzen beziehen. Der Strafrahmen beträgt hier bis zu zehn Jahren in besonders schweren Fällen oder wiederum Geldstrafe.

3.2. Aufsichtsrechtliche Sanktionen

Zunächst steht der BaFin aufsichtsrechtlich das gesamte Instrumentarium zur Verfügung, dass eine Verwaltungsbehörde mit Aufsichtsfunktion hat. Dies kann von Beanstandungen über die Abberufung von Geschäftsleitern bis hin zum Entzug der Qualifikation als KVG führen, soweit die oben dargestellten Pflichten verletzt werden. Auch Produktverbot oder die Abwicklung des Geschäftsbetriebes insgesamt ist denkbar, wenn etwa beharrlich gegen solche Pflichten verstoßen würde. Als besondere „Sanktion“ kommt hier auch eine Veröffentlichung solcher Maßnahmen in Betracht.

§ 340 KAGB enthält darüber hinaus einen Katalog von Bußgeldvorschriften, die (vgl. etwa die dortigen Ziffern 10 und 11) auch im Zusammenhang mit der Verletzung von Pflichten beim Jahresabschluss und dessen Offenlegung eingreifen können.

Wiederum Ähnliches gilt dann, soweit die betreffenden Missstände im Bereich des VermAnlG auftreten. Neben dem besonderen verwaltungsrechtlichen Instrumentarium gibt es hier eine Erweiterung der schon handelsrechtlich geltenden Ordnungsgeldvorschriften in § 31 VermAnlG sowie in dessen § 30 besondere Bußgeldvorschriften, die sich speziell auf die fehlerhafte Rechnungslegung beziehen.

Dieser Artikel von Prof. Dr. Thomas Zacher, Rechtsanwalt in der Kanzlei Rechtsanwälte Zacher & Partner, erschien in „PROBERATER 2020“.

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