Stand der digitalen Zeichnungstechnik

H G Pinkernell

Stand der digitalen Zeichnungstechnik

Autor: Heinz-Gerd Pinkernell

1. Einleitung

Aus rechtlicher und technischer Sicht hat die digitale Zeichnungstechnik in jüngster Vergangenheit enorme Fortschritte gemacht. Auch Anleger sind immer häufiger an schnellen digitalen Investmentoptionen interessiert. Hierbei handelt es sich längst nicht mehr mehrheitlich um Spitzenverdiener, auch für die breite Bevölkerung werden vermehrt einfach zugängliche Möglichkeiten zur Vermögensbildung zum Thema. Den rechtlichen und technischen Möglichkeiten sowie der steigenden Nachfrage nach digitalen Zeichnungstechniken stehen jedoch häufig immer noch (unbegründete) Bedenken der Anbieter von Investments gegenüber.

2. Welche Angebote sind digital zur Zeichnung anbietbar?

Grundsätzlich können rein rechtlich betrachtet jegliche Vermögensanlagen und Wertpapiere digital gezeichnet werden. Trotzdem stößt die Digitalisierung vielerorts noch auf Skepsis und Zurückhaltung. Eine Digitalisierung vermag zunächst fremd, neu, ungreifbar oder kompliziert erscheinen und doch handelt es sich um eine Entwicklung mit viel Potenzial für alle Beteiligten.

Selbstverständlich bedarf es zunächst eines etwas erhöhten technischen und organisatorischen Aufwands, bevor die digitale Zeichnung eines Anlageproduktes möglich ist. Je nach Anlageprodukt ist der digitale Zeichnungsprozess auch unterschiedlich. Die unterschiedlichen Produktanforderungen sind insbesondere im Rahmen der Angemessenheitsprüfung zu berücksichtigen. Sie rühren aber zumeist nicht aus den Anforderungen der Anbieter, sondern aus der Produktkategorie her, so dass sich der Zeichnungsprozess gut standardisieren lässt. Daher können sämtliche Module einer digitalen Zeichnung zugleich rechtssicher und für mehrere verschiedene Anlageprodukte variabel anwendbar gestaltet werden und nach erfolgter technischer Umsetzung praktischerweise wiederverwendet und rechtlichen Änderungen schnell angepasst werden.

Die Vorteile eines digitalen Marktes sind immens. Die örtliche Reichweite von Investmentangeboten beschränkt sich nicht mehr klassischerweise auf Anleger aus dem eigenen Einzugsgebiet. Je nach Einbindung digitaler Möglichkeiten können persönliche Termine mit Anlegern verkürzt werden oder gänzlich entfallen. Hierdurch freigewordene Vermittlungs- und Beratungskapazität kann anderweitig gewinnbringend genutzt werden. Anleger haben zudem die Gelegenheit, ihr digitales Portfolio ohne großen Aufwand selbst zusammenzustellen, zu ergänzen oder aktuellen Bedürfnissen anzupassen. Eingesparte Verwaltungskosten können Anlegern zugutekommen, indem geringere Zeichnungsvolumina rentabler werden und somit vermehrt und damit einer breiteren Masse angeboten werden können. Hierdurch kann der Zugang zu neuen Anlegertypen eröffnet werden. Außerdem kann der gesamte Prozess von der Präsentation der Investmentmöglichkeiten bis hin zur Zeichnung äußerst transparent gestaltet werden. Gleichzeitig können bei rechtssicherer Konzipierung Dokumentations- und Aufsichtspflichten (beweis)sicher erfüllt und dokumentiert werden. Hat der Anleger zudem einmal seine persönlichen Daten, Daten bezüglich seiner Vorerfahrungen und Kenntnisse mit Investmentvehikeln oder Ähnliches eingegeben, sind die Angaben speicherbar und können im Fall einer Folgezeichnung übernommen werden. Aber auch Änderungen wie Rabattierungen der bei Zeichnung anfallenden Kosten können vom Vertrieb unkompliziert und ohne zeitliche Verzögerung in das System eingegeben und dem Kunden sofort angeboten werden. Dies erhöht die Praktikabilität digitaler Tools ungemein.

3. Was ist der Unterschied zwischen digitalen Zeichnungsstrecken und Dokumentations-Software?

Mithilfe digitaler Zeichnungsstrecken kann der gesamte Zeichnungsprozess von der Erfassung der persönlichen Daten des Anlegers bis zur Unterzeichnung des Zeichnungsscheins abgedeckt werden. Der Anleger kann selbstständig eine digitale Zeichnung vornehmen, oder er durchläuft den Prozess gemeinsam mit einem Vermittler oder Berater. Das gesamte Anlagegespräch bis hin zur Zeichnung wird dann schlicht digital durchgeführt und rechtssicher dokumentiert.

Eine Dokumentations-Software dient hingegen vordergründig als Schnittstelle zwischen Anleger und Berater oder Vermittler. Sie bildet dazu einen Teil einer Zeichnung digitalisiert ab und kann im Rahmen eines persönlich oder telefonisch stattfindenden Gesprächs zum Einsatz zu kommen. Berater und Vermittler können Vorgänge für verschiedene Anleger anlegen und diese mit Stammdaten der Anleger befüllen. Gemeinsam mit einem Anleger kann etwa die Angemessenheits- oder Geeignetheitsprüfung digital vorgenommen, zwischengespeichert oder nach einer Unterbrechung des Gesprächs der letzte Stand der Beratungs- oder Vermittlungssituation aufgerufen und ergänzt werden. Stets können dabei die gesetzlichen Anforderungen an die Dokumentationspflicht eingehalten werden. Diese setzt der jeweilige Anbieter der Software um. Ebenso können Angaben bei einer Folgezeichnung erneut abgerufen und die Angaben mit dem Anleger auf Aktualität unter Berücksichtigung möglicher geänderter Umstände geprüft und für den neuen Vorgang importiert werden. Auch die Zurverfügungstellung rechtlich verbindlicher Dokumente und Informationen oder die Berechnung diverser Anlageszenarien kann mittels einer Dokumentations-Software aus dem eigentlichen Anlagegespräch ausgelagert und die Übermittlung mitsamt einem Zeitstempel rechtssicher belegt werden.

Sowohl bei digitalen Zeichnungsstrecken als auch beim Einsatz einer Dokumentations-Software ist es technisch möglich, dass, sofern der Anleger diese Vorgänge nicht alleine durchführt, der Vermittler oder Berater im laufenden Prozess per Mausklick einzelne Informationen, Textfelder etc. in der Ansicht des Anlegers hervorhebt, die von besonderer Bedeutung sind. Auch ist technisch denkbar, dass einzelne Felder ausschließlich vom Anleger befüllt werden können, um eine Beeinflussung im Sinne des bestmöglichen Anlegerschutzes auszuschließen.

Für eine Dokumentations-Software ist die Installation einer Software oder ein Online-Zugang zu einem externen Anbieter nötig, wohingegen im Fall einer digitalen Zeichnungsstrecke alle Beteiligten über einen Webbrowser Zugang erhalten. Nachteil der Zeichnungsstrecke ist in der Regel, dass der Anleger nicht nur Kunde des Beraters, sondern zugleich des Anbieters der Zeichnungsstrecke wird. Die Regelung eines Kundenschutzes sollte hier besondere Beachtung finden.

4. Welche zivilrechtlichen Anforderungen müssen Digitallösungen neben der Regulierung erfüllen?

Digitallösungen unterliegen den gleichen Anforderungen wie herkömmliche Beratungen und Vermittlungen. Dem Anleger müssen wie bei einem klassischen Zeichnungsprozess alle Dokumente und Informationen zur Verfügung gestellt werden, die von dem Gesetzgeber vorgeschrieben sind. Diese Informationen müssen auch hier eindeutig, redlich und nicht irreführend sein. Die Art und Weise der Information beziehungsweise der Übermittlung weicht jedoch digital vom Ablauf eines herkömmlichen Prozesses ab und es sind zusätzliche rechtliche Anforderungen zu beachten. Zur Wahrung der Informationspflichten genügt es, die Informationen dem Anleger in schriftlicher Form auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen. Ein dauerhafter Datenträger ist jedes Medium, das dem Anleger erlaubt, Informationen in einer Art und Weise zu speichern, dass er sie in der Folge für einen angemessenen Zeitraum einsehen kann. Ein solches Medium ist neben der Papierform auch die elektronische Übermittlung, zum Beispiel in Form eines PDF-Anhangs zu einer E-Mail, wobei das bloße Veröffentlichen auf einer Internetseite nicht genügt. Eine sichere Möglichkeit, dieser Anforderung nachzukommen, ist die Nutzung von Pflichtdownloads im digitalen Zeichnungsprozess, sodass die Zeichnung selbst erst fortgesetzt werden kann, wenn der Anleger die Dokumente vollständig gedownloadet und gesichert hat.

Zudem muss insbesondere die Art der Darstellung einer Geeignetheitsprüfung an die Besonderheiten der elektronischen Durchführung angepasst werden. So müssen innerhalb einer digitalen Anlageberatung die für den Anleger wesentlichen Informationen im Vorgang optisch hervorgehoben werden.

5. Geht eine Geeignetheitserklärung elektronisch?

Jede Geeignetheitsprüfung endet mit einer Geeignetheitserklärung. Die Geeignetheitserklärung muss die erbrachte Beratung nennen sowie erläutern, wie sie auf die individuellen Präferenzen, Anlageziele und die sonstigen Merkmale abgestimmt wurde und ist auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen. Diese elektronische Bereitstellung der Informationen muss nach den Rahmenbedingungen, unter denen das Geschäft ausgeführt wird, angemessen sein. Auch ist die Zurverfügungstellung auf elektronischem Wege nur zulässig, wenn dem Anleger ein Wahlrecht zwischen der Papierform und der elektronischen Form zusteht und er sich ausdrücklich für die elektronische Form entschieden hat.

Die Geeignetheitserklärung muss dem Anleger grundsätzlich vor Vertragsschluss zur Verfügung gestellt werden. Bei Durchführung der Anlageberatung mit einem Fernkommunikationsmittel ist es ausnahmsweise auch ausreichend, wenn die Geeignetheitserklärung unmittelbar nach Vertragsschluss zugeht. Voraussetzung dafür ist, dass der Anleger dem ausdrücklich zugestimmt hat und gleichzeitig der Berater seine Bereitschaft erklärt hat, die Ausführung des Geschäfts zu verschieben.

6. Welche digitalen Zeichnungsunterlagen werden von den Anbietern angenommen und welche nicht?

Speziell auf Seiten des Vertriebs und der Anbieter besteht häufig noch Misstrauen gegenüber digitalen Zeichnungsunterlagen. So beharren insbesondere Emissionshäuser darauf, anstelle eines digital generierten Zeichnungsscheins den von ihnen üblicherweise verwendeten, handschriftlich unterzeichneten Zeichnungsschein zu erhalten, oder darauf, dass emissionshausinterne Einzelheiten im Zeichnungsprozess berücksichtigt werden. Dies wird oft mit der gewünschten rechtssicheren Gestaltung des Zeichnungsscheins/-prozesses begründet. Hierbei wird jedoch verkannt, dass auch ein digitaler Musterzeichnungsschein rechtssicher gestaltet werden kann und es genügt, diesen digital auszufüllen und elektronisch zu unterschreiben. Ein tatsächlich handschriftliches Anpassen und Signieren ist aus juristischer Sicht längst nicht mehr zwingend.

Diese Skepsis steht jedoch einem digitalisierten Markt mit homogenen Standards für gleiche Investmentklassen im Wege. Progressiven Vermittlern und Beratern ist es so nicht möglich, die Produktpalette zugunsten der Anleger maximal zu diversifizieren. Dies hat zur Folge, dass die Auswahl klassischer Investmentmöglichkeiten die digitalen Zeichnungsoptionen weiterhin übersteigt und entgegen dem Trend der Zeit auf überholte Praktiken bestanden wird. Anleger fragen allerdings immer häufiger digitale Modelle nach. Kann man ihnen und zeitgemäßen Beratern und Vermittlern lediglich klassische Investmentmöglichkeiten anbieten, läuft man Gefahr sie nicht zu erreichen und sich neue Geschäftsmöglichkeiten abzuschneiden.

Vereinzelt wird aber nicht die Digitalisierung des Prozesses an sich kritisch beäugt. Für manche Investmentvehikel gestaltet sich der Zeichnungsprozess schlicht zu kompliziert, um ihn dem Anleger im digitalen Alleingang guten Gewissens zumuten zu können. Für Fälle, in denen keine Digitalisierung der gesamten Zeichnung zweckmäßig ist, dürfte eine Dokumentations-Software oder eine digitale Durchführung einzelner Module sinnvoll sein.

7. Wie wird mit Anforderungen zur qualifizierten Unterschrift umgegangen?

Um den Zeichnungsprozess abschließen zu können, bedarf es der Unterschrift des Anlegers auf dem Zeichnungsschein. Als Gegenstück zur handschriftlichen Unterschrift fungiert die qualifizierte elektronische Signatur. Sie ersetzt die handschriftliche Unterschrift und erspart im digitalen Zeichnungsprozess den Medienbruch in Form einer zeitintensiveren, an die ansonsten digitale Zeichnung anschließende Zusendung des Zeichnungsscheins an den Anleger zur Unterschrift mit anschließender Rücksendung. Sie gilt zudem als sicherste Form der elektronischen Signaturen und verwendet ein Verschlüsselungsverfahren, um Integrität, Authentizität und Nichtabstreitbarkeit der Unterschrift zu gewährleisten. Um einer qualifizierten elektronischen Signatur die gleiche Aussagekraft wie einer handschriftlichen Unterschrift zu verleihen, muss sich eines akkreditierten Dienstanbieters bedient werden. Die Skepsis gegenüber einer Digitalisierung von Zeichnungen macht jedoch auch nicht vor dem Einsatz einer qualifizierten Unterschrift Halt. Regelmäßig wird dieser Entwicklung misstraut, weil sie neu oder unvertraut erscheint. Aus diesen Gründen und nicht, weil es rechtlich nicht möglich ist, kommt eine qualifizierte elektronische Signatur bislang bei Abschluss einer Zeichnung nur verhalten zur Anwendung.

Dabei ist allerdings darauf zu achten, dass die qualifizierte Unterschrift und damit die digitale Signatur bei einem Großteil der Anlageprodukte gar nicht erforderlich ist! Hier fehlt es häufig an der Unterscheidung zwischen der lediglich vertraglich vereinbarten und der gesetzlichen Schriftform.

Dieser Artikel von Heinz-Gerd Pinkernell, Rechtsanwalt in der Kanzlei LPA-GGV, erschien in „PROBERATER 2020“.

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