Der EFLIT 2.0 aus rechtlicher Perspektive
Der European Long-Term Investment Fund (ELTIF) wurde ursprünglich entwickelt, um langfristige Investitionen in die europäische Wirtschaft zu fördern und zu erleichtern. ELTIFs zielen darauf ab, Kapital für langfristige Projekte wie Infrastruktur, Immobilien und nachhaltige Energien zu lenken.
Seit im Jahr 2024 die neue Verordnung über europäische langfristige Investmentfonds (ELTIF 2.0) sowie die hierzu erlassenen technischen Regulierungsstandards erhebliche Verbesserungen bringen, um die Attraktivität dieses Fondstyps zu steigern, gibt es kaum einen Asset Manager, der sich nicht mit dem Thema ELTIF 2.0 beschäftigt. In diesem Artikel wird die Struktur des ELTIF 2.0 aus der juristischen Perspektive beleuchtet und ein Vergleich mit anderen Anlageformen nach dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) gezogen.
Keine eigene Rechtsform
Der ELTIF ist keine eigenständige Rechtsform wie zum Beispiel das Sondervermögen oder die Investment-Kommanditgesellschaft. Vielmehr handelt es sich bei ihm um ein europarechtlich genormtes Produktsiegel wie es aus dem Wertpapierbereich bereits vom OGAW (oder Englisch: UCITS) bekannt ist. Fonds können also in einer beliebigen Rechtsform in einem Mitgliedstaat der EU aufgelegt werden und, sofern sie die Anforderungen der ELTIF-Verordnung erfüllen, zusätzlich als ELTIF zugelassen werden. Wie schon unter dem ELTIF-1-Regime ist der wesentliche Vorteil einer solchen ELTIF-Zulassung die Vertriebsberechtigung an Privatanleger in der gesamten EU. Auch hierin liegt eine gewisse Parallele zum OGAW, wo es schon lange üblich ist, dass zum Beispiel deutsche Privatanleger in ETF aus Luxemburg oder Irland investieren.
Nicht mehr nur Publikumsfonds
Während der ELTIF in erster Linie als Publikumsfonds für Privatanleger konzipiert wurde, schafft die neue ELTIF-Verordnung seit 2024 auch die Möglichkeit, ELTIF zuzulassen, die sich auf professionelle Anleger, also vor allem institutionelle Kapitalsammelstellen wie Versicherungen oder Versorgungseinrichtungen, beschränken. Diese Fonds sind dann von einer Vielzahl der gesetzlichen Beschränkungen befreit. Gleichzeitig gibt es, zum Beispiel für Versicherer, gewisse Erleichterungen bei der Risikogewichtung solcher Anlagen. Es erscheint gut möglich, dass der ELTIF auch im institutionellen Bereich als europäisch-vereinheitlichter Produktrahmen mittelfristig noch an Bedeutung gewinnt. Gegenwärtig gilt das Hauptinteresse jedoch dem traditionellen ELTIF für Privatanleger.
Mit und ohne Rückgaberecht
Die langfristig und häufig wenig liquide Anlagestrategie spricht für eine geschlossene Ausgestaltung. Der ELTIF kann aber nach der neuen Verordnung auch Rückgaberechte anbieten – ein Kriterium, das gerade im Geschäft mit Privatanlegern von außerordentlicher Bedeutung ist. Für die Gewährung von Rückgaberechten stellt die neue Verordnung besondere Anforderungen an das Liquiditätsmanagement der Fonds. Über die Details hierzu haben sich die Europäische Kommission und die Europäische Wertpapiermarktaufsicht (ESMA) bis zuletzt einen beispiellosen Schlagabtausch geliefert. Wichtig zu wissen: Die Rückgaberechte von ELTIF können und müssen sich auf einen bestimmten Anteil ihrer Liquiditätsanlagen beschränken. Ob und in welchem Umfang sie das tun, hängt davon ab, wie häufig und mit welcher Ankündigungsfrist die Anleger ihre Anteile am ELTIF zurückgeben dürfen. Zudem werden ELTIF mit monatlichen oder häufigeren Rückgabeterminen mindestens 25 Prozent ihres Kapitals in Liquiditätsanlagen anlegen müssen.
Zulassung und Aufsicht
ELTIFs unterliegen strengen Zulassungs- und Aufsichtsanforderungen. Um als ELTIF zugelassen zu werden, muss ein Fonds von einer Verwaltungsgesellschaft verwaltet werden, die eine Zulassung gemäß der AIFM-Richtlinie (Alternative Investment Fund Managers Directive) besitzt; die bloße Registrierung, wie sie viele Vermögensverwalter unter einer Schwelle von 500 Millionen Euro verwenden, genügt nicht. In Deutschland übernimmt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Aufsicht über im Inland errichtete ELTIF – auch dann, wenn die Verwaltungsgesellschaft ihren Sitz in einem anderen europäischen Mitgliedstaat hat. Sie muss auch die Anlagebedingungen sowie die Wahl der Verwahrstelle des ELTIF genehmigen.
Anlagepolitik und Einschränkungen
ELTIFs müssen mindestens 55 Prozent ihres Kapitals in zulässige Anlagevermögenswerte investieren. Hierzu zählen in erster Linie Eigen- und Fremdkapitalinvestitionen in qualifizierte Portfoliounternehmen. Dies sind – stark vereinfacht – vor allem nicht-gelistete Unternehmen außerhalb des Finanzsektors. Daneben sind Anlagen in Investmentfonds (allerdings keine Dach- oder Feederfonds), sogenannte STS-Verbriefungen („simple, transparent and standardised“ verbriefte Finanztitel – Anm. d. Red.) und Green Bonds und vor allem Sachwerte als zulässige Anlagevermögenswerte eingestuft. Insbesondere der Sachwerte-Begriff schafft hier im Vergleich zum ELTIF-1-Regime eine erhebliche Flexibilisierung, sodass hiermit auch allerlei Immobilien- und Infrastrukturstrategien umgesetzt werden können.
Spiegelbildlich darf ein ELTIF bis zu 45 Prozent seines Kapitals in Liquiditätsanlagen investieren, die im Wesentlichen dem zulässigen Anlagespektrum von OGAW, also vor allem gelisteten Wertpapieren, entsprechen. Das gesamte Portfolio unterliegt daneben bestimmten Diversifikations- und Konzentrationsvorgaben, sodass zum Beispiel nicht mehr als 20 Prozent in einem Portfoliounternehmen oder einem Sachwert angelegt werden dürfen. Bestimmte Anlagestrategien sind für den ELTIF verboten: Hierzu zählen unter anderem Leerverkäufe, Rohstoff-Anlagen und der Einsatz von Derivaten abseits von Hedging-Geschäften.
Verhältnis zu Anlageformen unter dem KAGB
Die 2024 geschaffene Aufwertung des ELTIF wirft die Frage auf, welche Auswirkung dies auf die gesetzlichen Fondstypen des KAGB hat. Wie eingangs erörtert, geht es nicht um Rechtsformen. Jedoch sieht das KAGB einen abschließenden Katalog von gesetzlich typisierten Publikumsfonds vor. Zu ihnen zählen Vehikel wie das „Sonstige Investmentvermögen“, das „Immobiliensondervermögen“ oder das noch junge „Infrastruktur-Sondervermögen“. All diese Typen sind vom deutschen Gesetzgeber mit einem engmaschigen Regelwerk belegt. Das beste Beispiel hierfür ist das Immobiliensondervermögen, das in ungeahnter Detailverliebtheit das Spektrum der erwerbbaren Immobilien und immobiliengleichen Rechte oder die Zulässigkeit der Binnenfinanzierung von Immobiliengesellschaften, abhängig davon, ob der Fonds diese ganz, mehrheitlich oder minderheitlich hält, regelt.
Für den ELTIF hat der nationale Gesetzgeber jedoch keine Regelungskompetenz, da es sich um einen vollharmonisierten Rechtsrahmen handelt. Wer nun also seinen Immobilienfonds als ELTIF auflegte, entledigte sich der vielen, teils komplexen, Vorschriften über das Immobiliensondervermögen. Obendrein erhielte die Verwaltungsgesellschaft für ihren ELTIF noch das Vertriebsrecht in 26 anderen Mitgliedstaaten – das wäre mit einem Immobiliensondervermögen praktisch unmöglich, da es für Publikums-AIF auf Ebene der AIFM-Richtlinie keinen Vertriebspass gibt. Ähnlich verhält es sich beim „Geschlossenen Publikums-AIF“, wenngleich dort die Vor- und Nachteile im Vergleich mit dem ELTIF etwas differenzierter abgewogen werden müssen. Es zeigt sich jedoch schon jetzt, dass der flexibilisierte ELTIF für die Produktregulierung auf nationaler Ebene das Ende einläuten könnte. Um den mangelnden Vertriebspass zu kompensieren, müssten nationale Fondstypen schon deutlich flexibler sein als der ELTIF. So ist mittel- bis langfristig mit einem Rückgang von Neuauflagen von Publikumsprodukten unter dem KAGB zu rechnen.
Und deutsche ELTIF? Auch hier gilt bislang noch: Fehlanzeige. Wegen den bereits ELTIF-erfahrenen Aufsichtsbehörden in Luxemburg und den einfacheren steuerlichen Rahmenbedingungen zieht es auch deutsche Vermögensverwalter mit ihren ELTIF-Projekten bisher fast ausnahmslos ins benachbarte Großherzogtum.
Fazit
Die Einführung von ELTIF 2.0 markiert einen wichtigen Schritt zur Förderung langfristiger Investitionen und baut eine Brücke zwischen privatem Kapital und alternativen Anlageklassen. Auch in Deutschland werden viele Vermögensverwalter schon bald einen ELTIF im Produktportfolio haben. Für den Vertrieb ist der ELTIF eine Herausforderung, wobei er auch Chancen für neue Vertriebsstrategien und -kanäle schafft.
Der Beitrag ist zuerst im Jahrbuch der Deutschen Anlageberatung 2024 erschienen.
Rechtsanwalt Dr. David Jansen, Frankfurt am Main, ist Partner bei Willkie Farr & Gallagher LLP, einer 1888 gegründeten internationalen Anwaltskanzlei mit Hauptsitz in New York City. Er ist insbesondere tätig in den Bereichen Corporate & Financial Services und Asset Management sowie M&A-Transaktionen im Finanzsektor.
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