Leitlinien für Fondsnamen schafft einheitliche Regeln für die gesamte EU
Im Interview auf Website seiner Arbeitgeberin erklärt Dr. Thorsten Pötzsch, Exekutivdirektor Wertpapieraufsicht/Asset-Management bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin, die Grundzüge der neuen ESMA-Leitlinien zu Fondsnamen und wie die BaFin künftig damit umgeht.
Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA hat am 14. Mai 2024 Leitlinien für Fondsnamen veröffentlicht. Worum geht es?
Die Leitlinien enthalten Regeln für Fondsanbieter, die im Namen ihrer Produkte nachhaltigkeitsbezogene Begriffe verwenden, also zum Beispiel „Grün“, „Umwelt“ oder „sozial“. Im Kern ist es ganz einfach: Wo Nachhaltigkeit draufsteht, muss auch Nachhaltigkeit drin sein. Es ist für den Markt der nachhaltigen Anlagen, der ja noch sehr jung ist, wichtig, dass Anlegerinnen und Anleger darauf vertrauen können. Enthält ein Fondsname beispielsweise den Begriff „Umwelt“, müssen künftig 80 Prozent des Fondsvermögens auch ökologisch nachhaltig investiert werden. Zusätzlich muss das Fondsmanagement bestimmte Mindestausschlüsse beachten. Das heißt: Es darf in gewisse Unternehmen nicht investieren – etwa in solche, die ihr Geld hauptsächlich mit dem Abbau von Braun- und Steinkohle verdienen.
Warum ist der Fondsname eigentlich so wichtig?
Der Fondsname ist oft die erste Information, die Anleger wahrnehmen. Er kann daher erheblich beeinflussen, ob und wie sie ihr Geld investieren. Die Anbieter wissen das natürlich; für sie ist der Name ein wichtiges Marketinginstrument. Wir brauchen daher Vorgaben, die für verlässliche und transparente Bezeichnungen sorgen. Verlässliche Fondsnamen sind wichtig. Wir raten Anlegern aber, nicht nur auf den Namen zu schauen. Sie sollten sich vor einer Investitionsentscheidung fundiert informieren – etwa im Fondsprospekt und in den Anlagebedingungen.
Wie steht die BaFin zu diesen Leitlinien?
Die Leitlinien der ESMA sind sehr wichtig. Jetzt haben wir einheitliche Regeln für die ganze EU. Das war überfällig, denn bislang gab es bei diesem Thema sehr unterschiedliche Herangehensweisen. Wir als BaFin werden die ESMA-Leitlinien anwenden. Sie werden unsere bisherige Verwaltungspraxis vollständig ablösen.
Was sind die wesentlichen Unterschiede im Vergleich zur bisherigen Verwaltungspraxis der BaFin?
Bei unserer bisherigen Verwaltungspraxis, die wir vor zwei Jahren eingeführt hatten, ging es um die Verwendung von Nachhaltigkeitsbegriffen im Namen von deutschen Publikumsfonds. Sie galt also für Fonds, die sich vornehmlich an private Anlegerinnen und Anleger richten. Die ESMA-Leitlinien richten sich dagegen nun an alle in der EU regulierten Fonds, also auch an Spezialfonds, in die nur professionelle Anleger investieren können. Unsere bisherige Verwaltungspraxis deckte zudem auch solche Fonds ab, die Anbieter gegenüber Anlegern als nachhaltig bewarben. Künftig ist für uns alleine der Fondsname ausschlaggebend.
Ab wann müssen Fondsanbieter die neuen ESMA-Leitlinien beachten?
Für alle neuen Fonds, die entsprechende Begriffe im Namen nutzen, gelten die Vorgaben der ESMA voraussichtlich ab Herbst 2024. Wir berücksichtigen die Vorgaben, die sich aus den ESMA-Leitlinien ergeben, allerdings bereits jetzt für die Bearbeitung aller neuen Anträge. Bestehende Fonds, die nachhaltigkeitsbezogene Begriffe im Namen haben, müssen die Vorgaben voraussichtlich ab Frühjahr 2025 beachten. Das genaue Datum hängt von dem Zeitpunkt der Veröffentlichung der Übersetzungen der Leitlinien in allen offiziellen EU-Landessprachen auf der ESMA-Website ab. (DFPA/abg)
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ist eine selbstständige Anstalt des öffentlichen Rechts mit Sitz in Bonn und Frankfurt am Main. Sie vereinigt die Aufsicht über Banken und Finanzdienstleister, Versicherer und den Wertpapierhandel unter einem Dach. Ihr Hauptziel ist es, ein funktionsfähiges, stabiles und integres deutsches Finanzsystem zu gewährleisten.