MiFID II: Zwei Drittel der Banken schieben Umsetzung vor sich her
Deutsche Banken sind bei der Umsetzung der europäischen MiFID II-Richtlinie (Markets in Financial Instruments Directive) im Hintertreffen. Zwei von drei Instituten haben noch keinerlei Anstalten gemacht, um den Anforderungen bis 2017 pünktlich zu entsprechen. Aktuell liegt die „MiFID II Readiness“ der Institute bei sieben statt der anvisierten 30 Prozent. Ein Grund für die Verzögerungen seien kurzfristig durch die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) bekanntgegebene Änderungen an der Richtlinie, die für die Umsetzung bereits reservierte Kapazitäten binden. Das zeigt die zweite Auflage der Bankenstudie „MiFID II Readiness Index“ der Unternehmensberatung PPI AG. Die Studie beschreibt den Status quo der Umsetzung der Finanzmarktrichtlinie MiFID II und zeigt strategische Handlungsoptionen auf.
Zuletzt hat die ESMA Konsultationen im Umfang von mehr als 2.000 Seiten veröffentlicht. Zudem hat der deutsche Gesetzgeber mit eigenen Initiativen wie dem Honorarberatungsgesetz den MiFID II-Regeln vorgegriffen. Viele Banken sind daher gezwungen, die regulatorischen Auswirkungen auf das eigene Geschäftsmodell immer wieder neu zu bewerten. „Die Branche befindet sich derzeit in einer Phase ständiger Unsicherheit“, so Christian Appel, Experte für Banken-Compliance bei PPI. „Zwar hat die ESMA eine technische Umsetzungsempfehlung zu MiFID II vorgelegt. Doch die Institute können sich darauf nur bedingt verlassen, da die Europäische Kommission diese bis Ende 2015 anpassen lassen kann. Alleingänge auf nationaler Ebene bremsen eine koordinierte Umsetzung bei international ausgerichteten Banken zusätzlich aus.“
Insgesamt rechnet Appel damit, dass sich das Produktportfolio deutscher Banken stark vereinfachen wird. Insbesondere der deutsche Gesetzgeber habe viele der mit MiFID II geplanten Anforderungen sogar übererfüllt. Beispielsweise dürften Honorarberater grundsätzlich keine Zuwendungen mehr für den Verkauf bestimmter Produkte annehmen. MiFID II hingegen sieht vor, Vergünstigungen in diesem Bereich an die Kunden weiterzugeben. Aus dem Transparenzgebot ist ein Verbot geworden. Dies bedeute für Anleger möglicherweise spürbare Einschränkungen im Angebot auch bei an sich sinnvollen Finanzprodukten. „Die Trennung der Deutschen Bank von der Postbank ist wohl das eindringlichste Zeichen dafür, dass sich der Markt wandelt“, so Appel. „MiFID II stellt die Banken wie bislang noch keine andere Regulierung vor die Frage, welches Geschäft noch weiter betrieben werden soll, und welches nicht.“ Vor diesem Hintergrund beginnt in vielen Banken die Suche nach neuen Geschäftsfeldern und Wettbewerbsvorteilen im Zuge der Umsetzung von MiFID II. Fast jedes fünfte Institut ist inzwischen davon überzeugt, dass sich solche Chancen bieten. Besonders positiv gestimmt zeigen sich Privat- und Geschäftsbanken. Mit 35 Prozent liegt diese Institutsgruppe mit ihrer Einschätzung deutlich vor Genossenschaftsbanken (14 Prozent) und Sparkassen (elf Prozent).
Quelle: Pressemitteilung PPI
Die PPI Aktiengesellschaft wurde 1984 gegründet, hat ihren Sitz in Hamburg und ist für Banken und Versicherungen tätig. 2014 erwirtschaftete das Unternehmen mit seinen rund 400 Mitarbeitern rund 52 Millionen Euro Umsatz in den drei Geschäftsfeldern Consulting, Software Factory und Electronic-Banking-Produkte. (JF1)